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Sonnenfall - McAuley, P: Sonnenfall - The Gardens of Sun

Sonnenfall - McAuley, P: Sonnenfall - The Gardens of Sun

Titel: Sonnenfall - McAuley, P: Sonnenfall - The Gardens of Sun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul McAuley
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ihn fest, während er seine Geheimnisse herauswürgte, und versicherte ihm, dass nichts davon eine Rolle spielte.
    »So viel Blut«, sagte er. Er hatte einen verzweifelten, stumpfen Blick. »Sobald man mit dem Töten anfängt, kann
man nicht mehr damit aufhören. Es macht Dinge so einfach. Man wird die Probleme einfach los. Man hat freie Bahn. Ich bin in Blut gewatet. Habe darin gebadet. Und solange ich bekommen habe, was ich wollte, war es mir egal. Aber alles, was ich besitze, ist mit Blut befleckt …«
    »Ganz ruhig«, sagte Hauptmann Neves. Sie wiegte ihn in ihrem Schoß, streichelte seine Zöpfe, während er schniefte und schluchzte; so wie sie in den staubigen Lagern in der großen Wüste des amerikanischen Mittelwestens verstörte und unglückliche Kinder gewiegt hatte, als sie selbst noch ein Kind gewesen war. »Es spielt keine Rolle. Das ist alles vorbei. Nach dieser Sache hier kaufen wir uns frei, wie wir es vereinbart haben, gehen zur Erde und fangen ein neues Leben an. Wir werden schöne Zeiten miteinander verbringen. Du wirst sehen.«
    Langsam erholte sich Loc, kehrte aus den Tiefen seiner Depression zurück wie ein Taucher an die sonnenbeschienene Oberfläche des Meeres. Er und Hauptmann Neves fanden eine Aussichtsblase, wo sie der restlichen Besatzung des Schiffes aus dem Weg gehen konnten, spielten ihre kleinen Spiele und unterhielten sich stundenlang. Sterne standen über ihnen am dunklen Himmel: Sterne in sämtlichen Farben und Lichtstärken, wohin sie auch blickten. Hauptmann Neves deutete auf Sternbilder und nannte ihre Namen, etwas, das sie als Kind draußen in den zerstörten Prärien gelernt hatte. Sie schliefen miteinander auf ihre Weise und sammelten danach schwebende Blutstropfen in der Luft ein. Sie sprachen über alles, was sie nach ihrer Rückkehr auf die Erde tun wollten. Loc sagte, sie könnten sich auf den Weg machen, sobald sie zum Saturn zurückgekehrt seien. Irgendwie würde er ihr eine Versetzung nach Großbrasilien beschaffen. Sie würden nicht von irgendwelchen Besprechungen und Diskussionen darüber aufgehalten
werden, die Verhandlungen mit den Außenweltlern weiterzuverfolgen, weil die Verhandlungen zu nichts führen würden.
    Hauptmann Neves lauschte verzückt seinen Zukunftsplänen und der zynischen Verachtung, die er seinen Vorgesetzten entgegenbrachte. Er war auf dem Weg der Besserung.
     
    Langsam wandelte sich Neptun von einem hellen Stern in eine winzige blaue Scheibe. Der Frachter zündete den Antrieb und verbrachte mehrere Stunden damit, bei 0,5 Ge abzubremsen – nach all der Zeit, die sie in der geringen Schwerkraft auf den verschiedenen Saturnmonden verbracht hatten, war das eine erdrückende Kraft, die Loc und Hauptmann Neves mehr oder weniger bewegungsunfähig machte. Der Frachter verlangsamte seine Geschwindigkeit, um sich von Neptuns Schwerkraft einfangen zu lassen, in einen weiten Orbit einzuschwenken und in Richtung seines äußersten Mondes, Neso, zu kriechen, wo die Außenweltler sie erwarteten.
    Es war ein dunkler, unregelmäßig geformter Felsbrocken von nur sechzig Kilometern Durchmesser. Das Bruchstück eines Mondes, das von den Gezeitenkräften losgerissen wurde, als Triton in das Neptunsystem eingetreten war. Die eine Seite bestand aus einer hügeligen Kraterlandschaft, die einst Teil der Oberfläche des ursprünglichen Himmelskörpers gewesen war, der Rest war von scharfkantigen Bruchflächen und tiefen Furchen durchzogen, wie die abgerissenen Wurzeln eines verfaulten Zahns. Er bewegte sich auf einer retrograden Umlaufbahn und brauchte fünfundzwanzig Jahre, um Neptun einmal zu umrunden. Die große Bahnhalbachse betrug über achtundvierzig Millionen Kilometer – was die Geister und Freien Außenweltler für eine angemessene
und sichere Entfernung von ihren Siedlungen hielten.
    Das Treffen fand in einem Blasenhabitat statt, das extra für diesen Anlass gebaut und in Nesos Umlaufbahn gebracht worden war. Eine Kugel von fünfhundert Metern Durchmesser, deren Hülle aus isolierenden Schichten Aerogel bestand, die mit robusten halblebendigen Polymeren verwoben waren. Die Stabilität wurde durch den atmosphärischen Druck im Innern und ein Gerüst aus Fullerenstreben und Bändern erreicht, die im Neunziggradwinkel zueinander angebracht waren, von Pol zu Pol verliefen und einmal um den Äquator herumführten. Ein Spielzeugglobus. Eine helle, kleine Kugel aus Luft, Wärme und Licht, frei schwebend in einem unendlichen kalten und schwarzen Ozean. Zwei

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