Sonnenfall - McAuley, P: Sonnenfall - The Gardens of Sun
Raumwaffe. Zweifellos haben Sie von General Arvam Peixoto gehört.«
»Ja, Ma’am. Ich bin ihm sogar ein paarmal begegnet.« »Er hat meine Tochter gefangen genommen. Sie verhört. Sie hat ihm ein Auge ausgestochen, und in dem danach herrschenden Tumult hat sie versucht, zu fliehen. Es ist ihr nicht gelungen. Lange Zeit habe ich nichts davon erfahren. Erst nachdem General Peixoto in Ungnade gefallen ist, wurde die Information von seinen Feinden verbreitet. Und ins Netz gestellt, dem öffentlichen Nachrichtenkanal. Dort habe ich es gesehen. In den Nachrichten. Ich habe meine Tochter zu dem gemacht, was sie war, müssen Sie wissen. So wie ich auch viele andere Dinge geschaffen habe. Sie hat mir das übel genommen. Sie hat gesagt, ich hätte ein Ungeheuer aus ihr gemacht. Und vielleicht hatte sie Recht. Sie war meine Gefährtin und Gehilfin, aber sie ist nie wirklich meine Tochter gewesen, so wie ich auch nicht ihre Mutter war. Und trotzdem haben wir uns auf unsere Weise geliebt. Können Sie mir sagen, was Arvam Peixoto für ein Mann gewesen ist?«
»Das weiß ich nicht, Ma’am. Ich habe zwar unter ihm gedient, aber ich habe ihn nicht gekannt.«
»War er ein freundlicher Mann? Ein kluger Mann? Oder war er so grausam und launisch, wie seine Feinde behaupten? «
»Ich würde sagen, er war sehr selbstbewusst. Er wusste, was er wollte und wie er es erreichen konnte. Ich habe gehört, dass er aufbrausendes Temperament besaß, aber das habe ich nie selbst erlebt.«
»War er in der Lage, einen Mord zu begehen?«
»Er war ein guter Offizier, Ma’am. So viel weiß ich.«
»Ein guter Offizier. Ja. Schließlich hat er den Krieg gewonnen. «
Die Gärtnerin sagte das ohne jede Verbitterung. Sie sprach lediglich eine Tatsache aus. Schweigend standen sie da, während überall jenseits des Blätterdachs des Baumes der Regen niederging. Die Roboter arbeiteten unermüdlich. Der eine fuhr Ladungen Erde und Kies herbei, die der andere verteilte und feststampfte.
Schließlich sagte die Gärtnerin: »Nachdem ich vom Tod meiner Tochter erfahren hatte, beschloss ich, zur Erde zurückzukehren. Und ich bin froh darüber. Lange Zeit habe ich Gärten in Flaschen angelegt. Hermetische Ökosysteme mit festen Begrenzungen, die sich nicht verändern konnten. Festgelegte Muster. Zwar manchmal komplex, aber dennoch festgelegt. Ich hatte ganz vergessen, wie dynamisch die Gärten der Erde sind. Sie sind dem Wetter unterworfen und allen möglichen Eindringlingen aus der Umgebung. Jeder Menge zufälliger Einflüsse. Ich könnte ziemlich genau erraten, wie dieser Garten in fünf Jahren aussehen würde, wenn man ihn sich selbst überließe. Aber in hundert? Er könnte ein wilder Wald sein oder ein Dornengestrüpp oder ein Sumpf.«
Cash, der über den Themenwechsel erleichtert war, sagte: »Wahrscheinlich muss man ziemlich gegen die Natur ankämpfen, wenn man einen Ort wie diesen in derselben Form bewahren will.«
»Das würde bedeuten, dass ein Garten unabhängig von der Natur existiert. Aber so ist es nicht. Genauso wenig wie wir von ihr unabhängig sind. Nein, ein Garten ist einfach ein kleiner Teil der Natur, dem wir unser Schönheitsideal aufgezwungen haben. Und woher stammt dieses Ideal, wenn
nicht aus der Natur selbst? Wir versuchen also nur, die Natur zu verbessern. Dieser Baum, unter dem wir stehen. Wissen Sie, was das ist?«
»Leider muss ich sagen, dass ich mich mit Bäumen nicht sehr gut auskenne. In den vergangenen sechs Monaten habe ich eine Menge Wildnis gesehen, und das meiste hat mir ganz gut gefallen. Aber bisher hatte ich noch keine Zeit, mich eingehender damit zu beschäftigen.«
»Es ist ein Chinesischer Talgbaum. Er wurde ursprünglich von Benjamin Franklin in dieses Land gebracht – oder jedenfalls in das, was früher einmal die Vereinigten Staaten waren und es, nach Meinung unseres Freundes, des Obersten, immer noch sind. Franklin war einer unserer ersten Wissenschaftler. Er hat den Chinesischen Talgbaum Ende des 18. Jahrhunderts in die Vereinigten Staaten gebracht, weil sich daraus Öl für Kerzen und Lampen gewinnen ließ. Gärtner haben ihn angepflanzt, weil seine Blätter eine sehr hübsche Herbstfärbung besitzen. Aber obwohl er nützlich und schön ist, ist er auch invasiv. Er wächst sehr schnell, und wenn seine Blätter herabfallen, geben sie chemische Stoffe an den Boden ab, so dass andere Pflanzen dort nicht mehr wachsen können. Sollen wir den Baum deswegen verurteilen? Oder sollen wir ihn verbessern, ihn
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