Sonnenfall - McAuley, P: Sonnenfall - The Gardens of Sun
reden«, sagte er zu Amy. »An einem Ort, wo uns niemand belauschen kann.«
»Und Bel und ich, wir müssen mit dir reden«, sagte Amy. »Hier ist es weitgehend sicher. Bel hat die Abhörgeräte ausgeschaltet. «
»Wir wollen, dass du uns hilfst, den Mörder unserer Freunde zu finden«, sagte Bel Glise.
»Du hast gesagt, Goether Lyle hätte sich selbst umgebracht«, sagte Felice zu Amy.
»Wir stehen alle unter enormem Druck. Und Goether hat ganz besonders darunter gelitten«, sagte Amy. »Er war überzeugt, dass die Gefängnisverwaltung über seine geheimen Aktivitäten Bescheid wusste. Als draußen auf den Feldern seine Leiche gefunden wurde, habe ich deshalb geglaubt … nein, gehofft, es sei Selbstmord gewesen. Jaels Tod hat mich eines Besseren belehrt.«
Die beiden Frauen erklärten Felice, dass Goether Lyle vor dem Krieg über sogenannte libertäre Software geforscht hatte, die von Aktivisten vor langer Zeit dazu benutzt worden war, die Überwachungssysteme der spätkapitalistischen Regime zu unterwandern. Da er und einige seiner Freunde bei ihrer Arbeit Zugriff auf Memoflächen besaßen, hatten sie die Methoden dieser längst verstorbenen Aktivisten dazu benutzt, eine einfache KI zu schaffen, die das Gefängnisnetz infiltriert hatte. Die KI konnte die Implantate einzelner Gefangener ein – und ausschalten und blinde Flecken im Überwachungssystem erzeugen. Außerdem hatte sie eine Hintertür zum Lagersystem geöffnet, das die Gefangenen mit Waren versorgte, im Austausch für biochemische Substanzen und Kunststoffe, die auf den Feldern mit Vakuumorganismen geerntet wurden. Über das System hatten Goether Lyle und seine Freunde Druckanzüge und andere Dinge besorgt und die entsprechenden Einträge gefälscht, um ihre Spuren zu verwischen.
»Um es kurz zu machen«, sagte Amy, »wir wollten fliehen.«
»Zur Erde«, sagte Bel Glise.
»Nach Großbrasilien«, sagte Amy. »Sie brauchen uns dort.«
»Die Aufrührer«, sagte Felice.
»Die Freiheitsreiter«, sagte Amy. »Wir stehen schon seit
einigen Wochen mit ihnen in Kontakt. Sie brauchen unsere Hilfe. In der Theorie kennen sie sich zwar mit Demokratie aus, aber in der Praxis … Wir haben uns die größte Mühe gegeben, sie zu beraten. Aber die Bitrate unserer Übertragungen ist sehr niedrig. Und wir können nicht oft senden, weil wir sonst womöglich entdeckt werden.«
»Ihr wollt also hier ausbrechen«, sagte Felice. »Und was dann? Wollt ihr ein Schiff stehlen?«
»Wir wollen die Herrschaft über das Zelt übernehmen und dann warten, bis ein Schiff kommt, um uns abzuholen«, sagte Amy.
»Die Gefängnisverwaltung wird im Zelt den Strom abstellen«, sagte Felice. »Und die Luft – und Wasserversorgung unterbrechen.«
»Darum haben wir uns schon gekümmert«, sagte Bel Glise.
»Hinter dieser Sache steckt nicht nur ihr vier«, sagte Felice. »Ihr beide, Goether Lyle und Jael Li Lee. Die vier Athener. Das ist eine größere Verschwörung, oder?«
»Ich hoffe, du verstehst, warum wir dich bisher nicht einweihen konnten«, sagte Amy.
»Nach Goethers Tod hat Jael dessen Benutzerkonto überprüft«, sagte Bel Glise. »Aus reiner Vorsicht. Es hat eine Weile gedauert, aber dann hat er ein paar Abweichungen in den Tabellen gefunden. Offenbar hat sich da noch jemand in das Überwachungssystem eingehackt.«
»Wer auch immer es war, er ist Jael auf die Spur gekommen und hat ihn umgebracht«, sagte Amy. »So wie er auch Goether getötet hat.«
»Jemand innerhalb des Gefängnisses«, sagte Felice. »Einer von uns.«
»Das glauben wir jedenfalls«, sagte Amy.
»Edz Jealott ist nicht schlau genug, um so etwas zu bewerkstelligen«, sagte Bel Glise. »Aber womöglich hat er jemand anderen dazu gezwungen.«
»Es könnte jeder sein«, sagte Amy. »Vielleicht sogar einer der neuen Gefangenen.«
»Woher wollt ihr wissen, dass ich nicht der Schuldige bin?«, fragte Felice.
Amy nahm die Frage ernst. »Wenn du der Mörder wärst und über uns Bescheid wüsstest, hättest du mich als Erste getötet.«
»Amy sagt, dass du über bestimmte Fähigkeiten verfügst, die für uns nützlich sein könnten«, sagte Bel Glise. »Ich glaube, ich habe einen kleinen Eindruck davon gewonnen, als du mir geholfen hast.«
»Aber das hat nicht viel gebracht, oder?«, sagte Felice.
»Deine Gegner waren damals in der Überzahl«, sagte Bel Glise. »Dieses Mal hättest du es nur mit einem Menschen zu tun.«
Die beiden ungleichen Frauen, Amy klein und quirlig und Bel Glise blass und
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