Sonnenfall - McAuley, P: Sonnenfall - The Gardens of Sun
Phantasietieren, Helden und Burgen verwandelt hatten und die jetzt vom Militär für Schießübungen benutzt wurden. Dann kam das Kuppelzelt des Habitats in Sicht, das auf den Rand eines runden Einschlagkraters aufgesetzt war. Lüster hingen hoch oben im Netz der gewaltigen Diamantscheiben, und Pfeiler aus Fullerenverbundstoffen glänzten heller als die Sonne vor dem nackten schwarzen Himmel. Das grüne Band des Waldes am Kraterrand wirkte wie eine Halluzination in der aschefarbenen Wüste der Mondoberfläche. Es war schön, aber auch furchtbar angreifbar: Eine einzelne Rakete oder ein intelligenter Felsbrocken konnte die Kuppel durchschlagen, und alles, was nicht durch die Explosion getötet wurde, würde dem eiskalten Vakuum zum Opfer fallen.
Arvam und sein Stab hatten in der Villa in der Mitte des Habitatgartens ihr Domizil aufgeschlagen, umgeben von
kleinen Wäldchen, Teichen und Wiesen. Die Villa war ein weitläufiges Gebäude, das aussah, als sei es im Laufe der Zeit immer wieder erweitert worden – Türme, Seitenflügel und Kuppeln in einem Dutzend verschiedener Baustile waren achtlos aneinandergebaut worden und wurden durch willkürlich angeordnete Wege, Seilrutschen und schmale Durchgänge miteinander verbunden. Das Büro des Generals war ein großer, runder, weißer Raum, der mit Fitnessgeräten vollgestellt war, darunter auch eine Gewichthebebank und ein Laufrad. Darüber hinaus gab es mehrere Memoflächen, einen verschrammten Tisch, auf dem verschiedene Handfeuerwaffen und Gewehre lagen, und einen langen, niedrigen Käfig, in dem ein Zwergtiger mit peitschendem Schwanz hin und her schlich. Seine Augen leuchteten hell wie Laternen, und er fletschte die Zähne, wenn ihm ein Sekretär oder Stabsmitarbeiter zu nahe kam. Inmitten dieses geordneten Chaos lag Arvam Peixoto bis zur Hüfte ausgezogen auf einer Bank, während ein Masseur seine Schultern mit Öl bearbeitete. Wegen Diones niedriger Schwerkraft war Arvam an der Bank festgeschnallt, und die Füße des Masseurs steckten in Schlaufen, die am Boden befestigt waren.
Der General war bester Laune und rief Sri laut eine Begrüßung entgegen, als sie eintrat. Er fragte sie, ob sie nach der Reise eine Erfrischung brauche. »Wir haben gerade in einer Oase ein paar Hundert Kilometer südlich von hier ein Lager mit exzellentem Weißwein entdeckt. Wollen Sie ein Glas probieren?«
»Wo ist sie? Kann ich sie sehen?«
Arvam schenkte Sri ein Lächeln. Sein Kinn ruhte auf den verschränkten Unterarmen, und sein Blick war kalt und klar. »Sie kommen immer sofort zur Sache, was? Monatelang höre ich nichts von Ihnen. Es ist unmöglich, mit Ihnen in
Kontakt zu treten. Und jetzt sind Sie plötzlich hier und stellen Forderungen.«
»Ich bin gekommen, um Ihnen zu helfen.«
»Wenn Sie etwas wissen, das wir nicht wissen, dann schreiben Sie uns eine Memo. Ich kann Ihnen versichern, dass die Leute, die ich mit diesem Fall betraut habe, sie sehr ernst nehmen werden.«
»Ich weiß mehr über ihre Mutter als jeder andere. Ich weiß, dass die Tochter wahrscheinlich viel älter ist, als sie aussieht. Dass sie nicht menschlich ist. Und ich weiß, dass Ihre Leute scheitern werden.«
Der General schloss die Augen, während der Masseur die Verspannungen in seinen Schultern bearbeitete. Schließlich sagte er: »Hier geht es nicht um Ihre besessene Suche nach Avernus, Professor Doktor. Es handelt sich um eine wichtige Sicherheitsangelegenheit.«
»Die Sie öffentlich gemacht haben.«
»Um den Genbastlern zu zeigen, dass sich niemand vor uns verstecken kann.«
»Es wird Ihnen nichts nützen, solange sie nicht redet. Und das tut sie nicht, oder?«
»Meine Leute wissen genau, was sie tun. Sie können selbst Steine zum Reden bringen.« Arvam gab ein Stöhnen von sich, als der Masseur einen Ellbogen in das Fleisch zwischen seinen Schulterblättern drückte. »Aber da Sie nun schon einmal hier sind, gibt es etwas, das Sie für mich tun können. Reden Sie mit den Leuten, die das Versteck und das Genom des Mädchens analysieren. Übersetzen Sie deren Untersuchungsergebnisse in allgemeinverständliche Sprache und berichten Sie mir davon.«
»Und dann?«
»Und dann werden wir sehen, ob wir Ihre Hilfe brauchen. Aber erst einmal gibt es noch etwas, das Sie tun sollten,
bevor Sie sich an die Arbeit machen«, sagte Arvam, hob den Kopf und richtete seine leicht schielenden Augen ruhig auf Sri. »Gehen Sie Ihren Sohn besuchen.«
Es war eine merkwürdige Begegnung. Sri hatte Berry seit
Weitere Kostenlose Bücher