Sonnenfeuer
erschreckte ihn. Der arme Kerl hatte wirklich schlimme Verbrennungen erlitten und sah nun mit seinen vielen Verbänden wie eine Mumie aus.
»Er müßte ins Krankenhaus«, meinte der Arzt, »aber ich fürchte, das geht nicht.«
Lew nickte; sie würden dort keinen Chinesen aufnehmen. »Ich werde ihn zu seinen Leuten bringen, sie werden sich um ihn kümmern. Aber was ist mit den anderen?« Die Mitglieder der Mannschaft standen zusammengedrängt an der Landungsbrücke und boten einen jämmerlichen Anblick.
»Leichte Verbrennungen, nichts Tragisches. Das mit Ihrem Schiff tut mir leid. Ich habe es oft in der Bucht vor Anker liegen sehen, ein wirklich stattliches Schiff.«
»Nun nicht mehr«, entgegnete Lew. »Es ist zerstört. Ich werde es auf der anderen Seite der Bucht auf den Strand ziehen lassen.«
»Und was dann?«
»Es ist sicher nicht schwer, die Mannschaft auf anderen Schiffen unterzubringen.«
»Und was ist mit Ihnen?«
»Ich könnte mich eigentlich zu den Goldfeldern am Cape aufmachen und dem Eigentümer selbst die Nachricht überbringen.« Es war einfacher, sich an Chin Ying zu wenden als an Lord Cheong selbst. Die Dschunke war hoch versichert gewesen, also entstanden für Lord Cheong keine Nachteile. Ying brauchte nur ein anderes Schiff zu nehmen, das seine Männer und das Gold zurück nach China brachte, aber Lew war in einer mißlichen Lage. Man hatte ihm nur die Hälfte seines Lohnes ausbezahlt, und nun würde ihm der Rest vorenthalten werden, weil er versagt hatte. Der örtliche Polizeisergeant, ein gewisser Ron Donnelly, war gerufen worden, um den schwelenden Schiffsrumpf zu begutachten, aber er hielt es für reichlich unwahrscheinlich, daß die Brandstifter zu ermitteln seien.
»Und selbst wenn«, warnte er ihn, »haben sie sich Alibis verschafft, darauf können Sie wetten. Es tut mir sehr leid, Käpt’n, aber solange dieser Goldrausch andauert, schaffen mein Gehilfe und ich es kaum, Recht und Ordnung aufrechtzuerhalten.«
»Könnten Sie mir einen beglaubigten Bericht über die Geschehnisse mitgeben? Der Eigentümer braucht ihn für seine Versicherung.«
»Natürlich, kein Problem.« Ein Lichtstreifen am Horizont kündigte den Sonnenaufgang an; es sah aus, als züngelten winzige Flammen über dem Meer. »Wird wieder ein heißer Tag heute, Käpt’n«, bemerkte Donnelly. »Wir freuen uns schon auf den Regen, und draußen auf den Goldfeldern werden sie jetzt um Wasser beten.«
Lew war erstaunt. »Warum das denn? Sind die Goldfelder nicht an einem Fluß?«
»Nicht alle. Eine ganze Menge von Flußarmen sind auch voller Gold, aber sie trocknen aus. Ohne ausreichend Wasser kann man aber kein angeschwemmtes Gold waschen, und so decken sich die Goldsucher mit Vorräten ein und warten auf Regen.«
Er lachte, ein ansteckendes, dröhnendes Lachen. »Aber dann, Käpt’n, werden die sich wundern, wie ihnen geschieht. Wenn es in diesen Wäldern regnet, dann glaubt man, die Sintflut ist losgebrochen. So etwas hab ich mein Lebtag nicht gesehen. Haben Sie nicht gesagt, sie wollen auch dorthin?«
»Ja.«
»Dann will ich Ihnen einen Rat geben. Nehmen Sie ein Schiff nach Townsville und reiten Sie von dort aus zu den Goldfeldern. Das ist einfacher. Wenn das die Idioten begreifen, haben wir Bowen wieder für uns. Die Läden und Gasthäuser machen dann zwar nicht mehr so viel Gewinn, aber ich kann mich zur Ruhe setzen.« Pfeifend marschierte er davon.
Lew starrte niedergeschlagen auf die Überreste der Dschunke. »Diese Hunde!« machte er seinem Zorn noch einmal Luft. Jetzt besaß er nur noch ein paar lumpige Pfund und die Kleider, die er auf dem Leibe trug. Bis Townsville konnte er sich mit Arbeit durchschlagen, aber dann würde er ein Pferd und Ausrüstung kaufen müssen, um zum Cape zu gelangen. Irgendwie mußte er Geld auftreiben. Zwar gab es chinesische Geldverleiher, aber sie berechneten hohe Zinsen und saugten einen aus wie die Blutegel.
Am Ende des Tages hatte er seine Mannschaft untergebracht, seinen Bericht über den Zustand der Dschunke zusammen mit dem Polizeibericht nach Macao geschickt und sich ein Zimmer im Customs House genommen. Er ließ das Schiff wegschleppen und aß im Grand View Hotel zu Abend. Dann schlenderte er ziellos die Herbert Street entlang, und der Straßenname erinnerte ihn an Herbert Watlington. Der prahlte doch immer damit, wieviel Geld ihm der Grundstücksverkauf einbrachte. Vielleicht könnte Herbert ihm etwas Geld leihen. Er empfand es zwar als ziemlich erniedrigend,
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