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Sonnenfeuer

Sonnenfeuer

Titel: Sonnenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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gegenüber verpflichtet, weil er seine Tochter so großzügig bedacht hatte. Dieser verfluchte Darcy Buchanan! Warum war er nicht einfach aus dem Leben geschieden, ohne Perfys Leben in Unordnung zu bringen? Lew war Darcys Bruder Ben absichtlich aus dem Weg gegangen. Er kam nicht umhin, diesen Kerl ein wenig zu bedauern. Es mußte merkwürdig sein, wenn wildfremde Menschen plötzlich die Hälfte seines Besitzes für sich beanspruchten. In einem zivilisierterem Land wie China wäre das nicht möglich. Eine derartige Erbschaft wäre überdies gegen das Gesetz. Und wenn jemand so hartnäckig wie Perfy seinen Anspruch geltend machte, konnte es in den Familien Mord und Totschlag geben.
    Bei diesem Gedanken erstarrte er. O Gott, würde Perfy denn dort überhaupt sicher sein? Hier in Bowen hatte er gehört, daß die Großgrundbesitzer ihren eigenen Gesetzen folgten. Sie waren mächtige Leute und führten ihr eigenes Leben. Aber glücklicherweise wurde Perfy von Jack begleitet.
    Versonnen lauschte Lew dem Klavierspiel. Das mußte man Herbert lassen, spielen konnte er, auch wenn er ein eingebildeter Mensch war. Lew hatte in seinem bisherigen Leben genug Leute von Herberts Schlag kennengelernt, die im Fernen Osten herumschwirrten, aber keinen Umgang mit den Einheimischen pflegten. Diese Lebemänner erhofften sich das schnelle Geld durch den Opiumhandel oder – was natürlich noch besser war – eine reiche englische Braut. Er betrachtete Herbert nicht als Rivalen, sondern schlichtweg als Ärgernis. Wenn sich die Gelegenheit ergab, würde er Herbert auf irgendeine elegante Art loswerden, aber in diesem Augenblick würde er nur Alice vor den Kopf stoßen, wenn er ihren Pianisten vergraulte.
    Tolley, der Direktor der Bank, und einige andere Gäste fanden sich ein. Lew fühlte sich verpflichtet, den Gentleman zu spielen. Wenn er Perfy heiratete, würden sie wahrscheinlich ein Heim wie dieses haben und mit solchen Leuten verkehren. Für die Briten gehörte sich das.
    Diese Aussicht behagte ihm gar nicht, aber wenigstens würden sie Leute ihres Alters um sich haben, Leute, die sie mochten und in deren Gesellschaft sie sich wohlfühlten.
    Als er sich kurz nach zehn Uhr verabschiedete, hämmerte plötzlich jemand laut gegen die Tür.
    »Ich mache auf«, erbot sich Tolley. »Sie bleiben lieber im Salon, Alice. Heutzutage weiß man nie.«
    Im Zimmer herrschte erwartungsvolle Stille, als er zurückkam. »Für Sie«, wandte er sich an Lew. »Ein Chinese möchte Sie sprechen.«
    Es war Hong, in Tränen aufgelöst und völlig durchnäßt. Verzweifelt rang er die Hände und verbeugte und entschuldigte sich ununterbrochen.
    »Was zum Teufel ist denn los?« fragte Lew barsch.
    »Herr Kapitän, ein großes Unglück ist über uns hereingebrochen. Vergebt mir diese schlimme Nachricht, Sir. Wir haben alles versucht, aber sie waren in der Überzahl.«
    »Was ist passiert?«
    Statt zu antworten weinte Hong nur noch heftiger. Lew schüttelte ihn. »So rede doch! Was ist passiert?«
    »Die Dschunke! Unsere
Perfection,
Herr Kapitän. Sie haben sie in Brand gesteckt! Die weißen Teufel sind gekommen und haben Fackeln und brennende Lumpen auf das Deck geworfen. Sie haben unser Schiff verbrannt!«
    Lew konnte nicht glauben, was er da hörte. »Sie haben die Dschunke in Brand gesteckt? Wie groß ist der Schaden?«
    »Es ist alles verbrannt, Herr Kapitän. Unsere schöne
Perfection!«
Wieder fing Hong an zu schluchzen.
    Lew zitterte vor Wut.
    Hongs Kleider waren angesengt, und er hatte schwere Verbrennungen an den Armen. Dennoch wollte Lew es nicht glauben, bis er es mit eigenen Augen gesehen hatte. »Laß uns gehen«, sagte er knapp und rannte auch schon los.
     
    Hong war peinlich berührt, daß sein ehrenwerter Kapitän sich durch Entschuldigungen demütigte, und erduldete die Hilfeleistung des englischen Arztes mit solch jämmerlicher Miene, daß Lew beinahe gelacht hätte, wäre es nicht solch ein trauriger Anlaß gewesen. Die Goldgräber hatten ihren Angriff sorgfältig geplant; sie hatten sich das auffälligste chinesische Schiff im Hafen ausgesucht, und obwohl die Mannschaft sich nach Kräften bemüht hatte, das Feuer in den Griff zu bekommen, hatten sich die Männer schließlich nur noch durch einen Sprung über Bord retten können.
    »Ist Ihre Mannschaft in Sicherheit?« fragte der Arzt.
    »Ja«, erwiderte Lew abwesend. Er hatte es so eilig gehabt, zum Schiff zu kommen, daß er Hongs Verletzungen keine Beachtung geschenkt hatte, und das

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