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Sonnenfeuer

Sonnenfeuer

Titel: Sonnenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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Männer dürfen auf keinen Fall an Land gehen. Dieser Streit geht uns nichts an, wir halten uns da raus, hast du mich verstanden?«
    Lew zog sich an und begab sich in die Stadt. Er freute sich schon auf ein gutes Essen. Inzwischen hatte er sich an die Mahlzeiten der Koloniebewohner gewöhnt. Sogar zum Frühstück vertilgten sie schon Steaks, dazu Spiegeleier, Soße und fingerdicke Brotscheiben. Sie aßen gerne Fleisch und bevorzugten statt Reis Kartoffeln. Gemüse stand kaum auf ihrer Speisekarte, und wenn, war es verkocht und schmeckte fade. Ihm war aufgefallen, daß einige Chinesen auf einem Stück Land außerhalb der Stadt Gemüse anpflanzten. Sie würden keine Schwierigkeiten haben, ihre Ernte zu verkaufen; vielleicht würden diese Kleinbauern sogar hier seßhaft werden. Die Chinesen ließen sich von den Schmähungen der Weißen nicht aus der Ruhe bringen. Außerdem hatten sie sehr wohl erkannt, daß sie hier, wo es Ackerland im Überfluß und keine Schwierigkeiten bei der Bewässerung gab, als Marktbauern ein gutes Auskommen haben konnten.
    In den Schenken traf er auf wütende Goldsucher, die sich über diese angriffslustigen Schlitzaugen ausließen. Die Goldsucher behaupteten, diese bösartigen, verschlagenen »Gelben« hätten mit dem Dolch in der Hand – einer Waffe, die nur Feiglinge benutzten – harmlose Burschen überfallen, die bloß ein bißchen Spaß haben wollten. Lew mußte sich anhören, daß die Schlitzaugen an allen Verbrechen die Schuld trugen, daß sie die übelsten Laster in die Stadt gebracht hatten und keine weiße Frau vor ihnen sicher war. Bald wurde Lew der Gesellschaft dieser langweiligen Aufschneider überdrüssig und beschloß, Mrs. Middleton zu besuchen. Aus diesem Gerede konnte man schwerlich schließen, wie ernst die Vorfälle waren, und da Jack Middleton nicht in Bowen weilte, würde seine Frau sich so allein im Haus vielleicht ängstigen.
    Allein? Als Lew den Gartenweg schon halb heraufgegangen und es zum Umkehren zu spät war, hörte er Klaviermusik. Herbert Watlington war da! Dieser Herbert gehörte ja schon fast zum Haushalt!
    »Lew, wie nett, daß Sie vorbeischauen«, sagte Alice erfreut. »Kommen Sie doch herein. Haben Sie schon zu Abend gegessen? Ja? Aber dann trinken Sie doch sicher noch einen Kaffee mit uns. Spielt Herbert nicht gut? Mrs. Tolley kennen Sie ja schon, nicht wahr? Ja, natürlich. Setzen Sie sich doch …«
    »Ich habe mir Sorgen gemacht«, begann er. »Letzte Nacht hat es in der Stadt Unruhen gegeben.«
    »Ja, es muß schrecklich gewesen sein«, bemerkte Mrs. Tolley. »Aber diesmal haben sich die Raufbolde am anderen Ende der Stadt herumgetrieben. Es heißt, diese Chinesen sind wirklich finstere Gestalten.«
    Herbert drehte sich auf seinem Klavierstuhl um. »Meine liebe Mrs. Tolley, sagen Sie das nicht in Gegenwart von Lew. Er ist schließlich ein halber Chinese.«
    »Bin ich nicht«, knurrte Lew und fühlte sich dabei als Verräter, obwohl er wußte, daß Herbert ihn mit dieser Bemerkung nur reizen wollte.
    »Jedenfalls sieht er nicht wie ein Chinese aus«, stellte Mrs. Tolley fest. Dabei ordnete sie ihre dichten Locken.
    »Ich spreche Chinesisch«, entgegnete Lew und ärgerte sich, daß er überhaupt eine Erklärung abgab; er haßte es, Rechenschaft ablegen zu müssen.
    »Meine Güte, die jungen Männer von heute sind vielleicht klug«, rief Mrs. Tolley daraufhin aus. »Alice, Ihre Perfy kann von Glück sagen, daß sie zwei so stattliche Verehrer hat.«
    »Seien Sie nicht albern«, erwiderte Alice peinlich berührt. Wie taktlos diese Frau war. »Könnten Sie noch ein paar Walzer spielen, Herbert?«
    Lew mochte Alice. Sie besaß das hagere, abgezehrte Gesicht einer Frau, die zeitlebens hart gearbeitet hatte, ein Gesicht, das niemals schwammig werden würde. Ihre blauen Augen hatten ein wenig von ihrem Strahlen eingebüßt, ließen jedoch immer noch etwas von ihrem jugendlichen Glanz erahnen. Perfy hatte dieselben großen blauen Augen, aber bei ihr würden sie ihre ganze Schönheit erst noch entfalten. Der Anblick dieser wunderbaren Augen fesselte ihn jedesmal aufs neue.
    Bei diesem Gedanken spürte er einen Stich im Herzen. Perfy fehlte ihm. Er hatte ihr nicht verziehen, daß sie auf dieser lächerlichen Wallfahrt nach Caravale bestanden hatte. Schließlich war das Ganze doch nichts anderes als eine Wallfahrt zum Schrein ihres verstorbenen Verlobten. Und Jack hatte sie auch noch bestärkt. Vielleicht fühlte er sich dem verstorbenen Darcy Buchanan

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