Sonnenfeuer
starrte den Bankdirektor entsetzt an.
»Das werde ich sofort klären!«
»Wenn Sie sie finden. Sie hat ihr Etablissement ebenfalls verkauft und Bowen gestern verlassen.« Tolley blickte Lew an und schüttelte den Kopf. »Wenn die Bordelle schließen, Kapitän, dann kann man sagen, daß die goldenen Tage vorbei sind. Sehr traurig für Bowen. Dabei haben wir uns Hoffnungen gemacht, die Hauptstadt von Nord-Queensland zu werden.«
Herbert packte Tolley am Arm. »Und Sie haben das zugelassen! Man sollte Sie auspeitschen! Diese Hure hat mir alles gestohlen, was ich besitze. Dieses Weibsstück!«
Mit vereinten Kräften mußten Tolley und Lew den wütenden Herbert aus der Bank zerren. Als die Tür hinter ihnen zuknallte, brach Lew in lautes Gelächter aus. »Willkommen im Klub, Herbie, alter Kumpel«, sagte er. »Kommen Sie, wir besuchen Ihren chinesischen Kunden, wir brauchen ihn nun beide.«
»Was soll ich jetzt nur tun?« jammerte Herbert.
»Keine Ahnung«, erwiderte Lew. »Morgen geht ein Schiff nach Townsville, und ich bin an Bord.«
»Ich muß hier weg«, murmelte Herbert. »Die Hotelrechnung für diesen Monat ist noch nicht bezahlt, und ich habe Spielschulden. Gütiger Himmel, gerade jetzt, wo alles so gut lief.« Er hielt inne und sah Lew an. »Sie sagen, morgen geht ein Schiff? Ich bin dabei.«
»Nein, mit mir kommen Sie nicht.«
»Wenn ich mit einem bestimmten Schiff reisen will, können Sie mich nicht davon abhalten«, meinte Herbert überheblich, aber Lew schüttelte sich noch immer vor Lachen.
»Herbert, alter Kumpel, Sie haben uns nie erzählt, daß Sie so eine vornehme Geschäftspartnerin haben. Keine geringere als Glory Molloy! Die Rose von Tralee! Man sagt, sie knöpft einem beim Kommen und beim Gehen Geld ab! Und jetzt hat sie Sie einfach so übers Ohr gehauen und ist auf und davon! Ich möchte bloß wissen, wem sie das Maklerbüro verkauft hat.«
»Was weiß ich! Hören Sie zu, Cavour. Sie werden diesem Chinesen auf jeden Fall erzählen, daß der neue Eigentümer ein Betrüger ist.«
»Aber natürlich. Für einen Freund tu ich das glatt. Die Middletons werden sicher entzückt sein, wenn sie von Ihrer vornehmen Teilhaberin Glory Molloy erfahren.«
»Sie werden es nicht wagen!«
»Vielleicht doch.«
»Sie sind kein Gentleman, Cavour.«
»Stimmt.«
Mr. Fung Wu gewährte Lew sein Darlehen, Herbert jedoch mußte ihm erst seine neue goldene Taschenuhr als Sicherheit übergeben.
Gemeinsam besuchten sie Alice Middleton, um sich zu verabschieden.
»Ich habe gehört, was mit Ihrem Schiff geschehen ist, Lew. Es tut mir sehr leid«, sagte sie. »Es ist furchtbar, wenn Unschuldige zu leiden haben. Mr. Chin wird am Boden zerstört sein.«
»Ja, das glaube ich auch«, antwortete Lew. »Fast all seine Sachen waren noch an Bord, seine Bücher und Kisten mit Kleidung und kostbarem Porzellan. Alles zerstört.«
»Sie verlassen Bowen?«
»Nur für eine Weile. Ich warte ab, was Ying vorhat, und dann komme ich zurück. Dann sollten Jack und Perfy eigentlich wieder zu Hause sein.«
»Ich hoffe es.« Sie lächelte. »Ich glaube, Perfy macht nur große Worte. Dieser ganze Besuch auf Caravale ist für sie nur ein schönes Abenteuer. Sie hat nie etwas anderes als Brisbane kennengelernt, aber wenn sie sich einmal ein bißchen umgesehen hat, wird sie froh sein, wieder nach Hause zu kommen.«
Lew fühlte sich mutlos. Was hatte er Perfy schon zu bieten? Sie war eine wohlhabende Frau, und er ein Habenichts. Wenn er von den Goldfeldern zurückkam, sollte er sich vielleicht nach Sydney aufmachen, angeblich war das inzwischen der größte Hafen im südlichen Pazifik. Vielleicht könnte er dort ein Schiff übernehmen. Aber das waren nur Hirngespinste. Nein, es war erfolgversprechender, sich an die Chinesen zu halten. Ihre Art, Geschäfte zu machen, war ihm vertraut, und außerdem waren die Grundbesitzer, Bankiers und Kaufleute unermeßlich reich. Die Australier sahen hier nur die Lakaien, sie hatten keine Ahnung von dem märchenhaften Reichtum und dem Luxus, der für den vornehmen Chinesen selbstverständlich war. Seit Perfys Abreise hatte er sich in Bowen etwas genauer umgesehen. Es würde ein Jahrhundert oder länger dauern, bis dieses Land den Wohlstand erreichte, den viele Chinesen genossen, und dennoch bezeichneten die Bewohner der Kolonie die Chinesen verächtlich als »Schlitzaugen«. Vor Jahren hatte er davon geträumt, irgendwann in Hongkong seßhaft zu werden und dort ein Haus zu erwerben, von dem aus er
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