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Sonnenfeuer

Sonnenfeuer

Titel: Sonnenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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den Hafen überblicken konnte; für Lew war dies der schönste Ort der Welt. Nun verspürte er wieder die alte Sehnsucht nach Hongkong. Er hätte mit Perfy reden sollen, denn er haßte dieses Land und konnte es nicht ertragen, fernab vom Meer zu leben. Es gab Seemenschen und Landmenschen; in China wurde dies wichtig genommen wie Geburtsdatum und Abstammung. War Perfy ein Landmensch? Wenn ja, dann war ihre Beziehung von vornherein zum Scheitern verurteilt.
    Herbert hatte sich für Alice eine glänzende Geschichte zusammengesponnen, warum er Bowen verlassen mußte. Townsville erlebe einen Aufschwung; ein Geschäftsmann müsse den Markt beobachten, und Immobilien in neuen, aufstrebenden Städten böten immer ein einträgliches Geschäft.
    »Gehen Sie alleine, oder haben Sie einen Geschäftspartner, Herbert?« fragte Lew mit hinterhältigem Lächeln. Herbert wand sich vor Verlegenheit.
    »Partner sind nicht unbedingt notwendig«, erwiderte er hochmütig.
    »Sagen Sie das noch mal.« Lew mußte lachen.
    Daß er beschlossen hatte, sich in Hongkong niederzulassen, erwähnte er nicht. Er hatte sogar den Plan, nach England zu gehen, fallengelassen. Er vermißte die geistige Regsamkeit und den Humor der Chinesen und die Herausforderung, die die vielschichtige chinesische Gesellschaft für ihn darstellte.

1
    C aravale lag wie verlassen in der sengenden Nachmittagssonne. Nur das beharrliche Summen der Schmeißfliegen war in der Stille zu hören. Ungeduldig schlug Diamond nach den Fliegen, bis sie schließlich ein Stück Stoff in das Loch im feinen Maschendraht stopfte. Ihre kleine Baracke aus Stein, die frühere Molkerei, war zwar kühl, doch sie kam sich darin wie eine Gefangene vor. Auf der Rinderfarm galten für die Schwarzen so viele Regeln und Vorschriften, daß sie kaum noch wußte, was ihr erlaubt war. Und so blieb sie letzten Endes meistens in ihrem Zimmer sitzen und wartete auf Anweisungen, die nie kamen. Wenn Mrs. Buchanan zwischen zwei und vier Uhr ihren Mittagsschlaf hielt, durfte in der Umgebung des Hauses kein Laut mehr zu hören sein. Bestimmt hätte sie sogar die Krähen erschossen, wenn diese es gewagt hätten, sie beim Schlafen zu stören. Doch an diesem Tag hatten sich selbst die Krähen verzogen. Diamond hätte gerne an Perfys Bett gesessen, aber das war auch verboten.
    »Mach dir um Miss Middleton keine Sorgen«, hatte Mae ihr versichert. »Ich werde mich schon um sie kümmern. Es tut mir leid, Diamond, aber Mrs. Buchanan wünscht, daß die Mädchen das Haus verlassen, wenn sie mit ihrer Arbeit fertig sind. Erst nach dem Tee dürfen sie wiederkommen. Sie mag es nicht, wenn jemand im Haus herumschleicht, solange sie sich ausruht.«
    »Ich schleiche nicht herum. Ich möchte nur bei Miss Perfy sein, falls sie etwas braucht.«
    »Nein«, entgegnete Mae entschieden. »Mrs. Buchanan hat ausdrücklich gesagt, für dich gibt es keinen Grund mehr, ins Haus zu kommen. Wir haben genügend Angestellte und brauchen dich nicht.«
    »Aber ich kann mich doch um Miss Perfy und ihre Sachen kümmern!«
    »Hör zu, Kleine«, sagte Mae eindringlich. »Du darfst nicht ins Haus kommen, und damit hat sich’s. Mir würde es ja nichts ausmachen, anscheinend bist du ein kluges Mädchen und weißt, was du zu tun hast. Aber wegen dir setze ich doch nicht meine Stellung aufs Spiel! Wenn meine Herrin mir etwas aufträgt, gehorche ich. Diese Stellung war für mich ein Geschenk des Himmels. Also, ich bin die Haushälterin, ich tu, was man mir sagt, und kümmere mich um meine eigenen Angelegenheiten. Tu du das gleiche und mach das Beste draus. Du kannst spazierengehen und dir die Zeit vertreiben. Wenn du ständig versuchst, hier alles auf den Kopf zu stellen, bekommst du nur Schwierigkeiten.«
    Perfy, die sich um ihre Mutter sorgte, wollte so schnell wie möglich nach Bowen zurückkehren. Doch Ben versicherte ihr, daß das Ehepaar Tolley Mrs. Middleton so schonend wie möglich die Nachricht vom Unfall ihres Mannes überbracht habe. Die arme Mrs. Middleton, sie muß vor Schmerz außer sich sein, dachte Diamond. Wie damals Mrs. Beckmann. Aber wenigstens hatte sie keine Geldsorgen.
    Nach einem Gottesdienst, den Dr. Palfreyman abhielt, wurde Jack auf Caravale begraben. Natürlich war Perfy noch immer wie gelähmt vor Trauer, aber tapfer bewahrte sie während der ganzen Zeremonie ihre Fassung.
    In ihrem von Diamond aufgebügelten besten Tageskleid aus dunkelblauem Taft mit einem engen Mieder und einem weiten, bauschigen Rock sah sie

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