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Sonnenfeuer

Sonnenfeuer

Titel: Sonnenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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Kompaß.
    Diamond war also eine Hure geworden. Aber warum nicht? Zu was war sie denn sonst noch nutze? Und doch wurde ihm übel bei der Vorstellung, daß andere Männer sie berührten oder gar mit ihr schliefen.
    Jack Kennedy war zäh wie Leder. Tag für Tag schwang er sich frohgemut aufs Pferd, als habe es die Strapazen vom Vortag nicht gegeben. Er prüfte sein wohlgehütetes Thermometer, äußerte sich besorgt über die Hitze und kümmerte sich um die Rinder, um Wasser und ihre Versorgung. Mittlerweile hatte die Herde die Führung übernommen und bahnte sich einen Weg durchs Unterholz. Morgens suchten die Leittiere noch nach Wasser, doch am Abend, wenn sie plötzlich langsamer wurden und anklagend brüllten, benahmen sie sich wie widerspenstige Kinder.
    Jack pfiff nach Ben. »Da sind Lichter vor uns«, murmelte er. »Lagerfeuer.«
    Sie ließen die Herde anhalten und blinzelten gegen die letzten purpurroten Strahlen der untergehenden Sonne an. In der Ferne konnten sie den Schein von Lagerfeuern entdecken. Ben, der erschöpft war, seufzte. Wenn es sich um Schwarze handelte, mußten sie wieder einen Umweg machen.
    Er folgte Jack auf eine Bergkuppe und blickte in die mittlerweile pechschwarze Nacht. In diesem Land gab es keine Dämmerung. Bis auf das Brüllen der Ochsen war kein Laut zu vernehmen.
    »Zu viele«, meinte Jack warnend, als er immer mehr Lichtpunkte im Tal aufleuchten sah. »Wir müssen bis zum Morgen warten.«
    »Ich frage mich, wo all die anderen Goldsucher geblieben sind«, fügte er hinzu. »Die sind wie vom Erdboden verschluckt.«
    »Das Schicksal von sechs Leuten kennen wir ja bereits«, entgegnete Ben. In dem verlassenen Lager hatten sie die Besitztümer von einigen ihrer ehemaligen Mitreisenden entdeckt. Da aber die Gesichter der Toten schon von Maden zerfressen waren, hatte niemand mehr Lust verspürt, sie näher zu untersuchen. Man hatte sie unverzüglich begraben.
    Als Ben und Jack zum Wagen und dem weitgereisten Boot zurückkehrten, vernahmen sie ein seltsames Geräusch.
    »Was war das?« fragte Ben.
    Jack hielt inne. Bis auf das Schnauben der Rinder war es totenstill. Doch dann hörten sie wieder dieses seltsame dünne Quäken. Sie lauschten gebannt. Die Temperatur war nur um etwa zehn Grad gefallen, aber der sternenübersäte Himmel wirkte frisch und kühl. Ben wünschte, er könnte diese schreckliche Welt verlassen und zu den Sternen am Himmel fliegen. Er fragte sich, ob Darcy vielleicht irgendwo dort oben war. Ob es ihm leidtat, daß er ihn geschlagen hatte, damals in Brisbane – es schien Jahrzehnte her zu sein –, nur weil er irgendeine dumme Bemerkung über Perfy gemacht hatte? Aber das alles war jetzt bedeutungslos.
    Plötzlich lachte Jack Kennedy laut auf und schlug Ben auf die Schulter »Hören Sie’s nicht? Das ist Musik! Hören Sie? Musik! Heilige Mutter Gottes, gelobt sei Dein Name! Das ist ’ne Quetschkommode! Wir sind da, Boß! Das ist der Palmer!«
    Jetzt bin ich plötzlich wieder der Boß, dachte Ben, der die Bedeutung dieses dünnen Tons noch nicht erfaßt hatte. Aber für Jack gab es kein Halten mehr. Unbekümmert stürmte er den Hügel hinab und schrie die gute Nachricht heraus. »Der Palmer!« drang seine Stimme durch die Nacht. »Der Palmer, Leute, wir haben’s geschafft!«
    Am nächsten Morgen hätte Ben sich gern von der allgemeinen Begeisterung anstecken lassen, aber um ihn drehte sich alles. Mühsam stapfte er neben seinem Pferd her und mußte sich am Sattel festhalten. Nur seine Hündin Blue, die sich eng an seiner Seite hielt, fühlte seinen Schmerz, winselte, wenn Ben stolperte, und schnappte nach den Rindern, wenn sie ihm zu nahe kamen. Die anderen stürmten voran, als ob sie nichts mehr aufhalten könnte. Jock McFeat ritt neben seinem Wagen her, während Agnes die erschöpften Pferde anfeuerte. Eddie saß quer auf dem Boot und schien sich von der Begeisterung anstecken zu lassen. Obwohl sich nichts verändert hatte und sie sich immer noch mühsam durch das struppige Gras kämpfen mußten, hatten alle gute Laune.
    Zwanzig kräftige Männer mit dichten Bärten und harten Gesichtszügen kamen ihnen entgegengeritten. Sie grüßten freundlich, schüttelten Jock und Billy die Hand und lüfteten den Hut vor Agnes McFeat.
    »Ist dies der Palmer?« stieß sie, etwas nach Atem ringend, hervor.
    »Habt ihr Gold gefunden?« rief Billy.
    »Mehr als man in einem Leben verbrauchen kann«, hörte Ben einen der Männer antworten, und er fühlte einen Funken Freude in sich

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