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Sonnenfeuer

Sonnenfeuer

Titel: Sonnenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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erbaut hatte. »Ich würde Ihnen nicht raten, jemals zurückzukehren, Mr. Watlington«, sagte er. Plötzlich wurde Herbert von Gewissensbissen gequält. Er mochte diesen schlauen alten Mann.
    »Ich hoffe, ich habe Sie nicht in Schwierigkeiten gebracht.«
    »Um mich brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen. Wenn Sie mit irgendwelchen anderen Herren seltsame Abmachungen treffen, so ist das Ihre Sache. Meine Geschäfte sind völlig rechtmäßig. Dies ist ein großer Tag für meine Familie, die nun Teilhaber an einem so angesehenen Unternehmen ist. Ich habe über diese Farm Erkundigungen eingezogen. Ich glaube, so viele Rinder gibt es in ganz China nicht.«
    Und er hatte natürlich recht gehabt. Als Herbert an Bord war, legte die
Goodwill
ab.

1
    S ie waren keineswegs die ersten. Als sich der Schoner langsam in die Mündung des Endeavour River vortastete, konnte Lew die Geschicklichkeit des Kapitäns nur bewundern. Er ließ ein Beiboot vorausfahren, das die Wassertiefe auslotete. Das war ein kniffliges Unterfangen, und Lew erkannte neidlos an, daß selbst er es nicht besser hätte machen können.
    Das Südufer des Endeavour war bereits übersät mit Zelten und roh gezimmerten Hütten. Einige der in der Mündung liegenden Schiffe stammten aus China. Aber das war zu erwarten gewesen, dachte Lew. Die Chinesen mußten bei ihrer Fahrt entlang der Küste nach jedem Anzeichen auf eine Siedlung Ausschau gehalten haben, und dies war die erste nach Somerset. Ohne es zu wissen, hatten sie mit diesem Ort das große Los gezogen. Landeinwärts flimmerten grüne Berge unter der sengenden Sonne, und Lew lief ein Schauer über den Rücken. Wieder überkam ihn diese eigenartige Erregung, als er daran dachte, daß hinter der Bergkette schon der Palmer River lag. Es war eine Ironie des Schicksals, daß er und Chin Ying auf ihrer Fahrt von China nach Australien an genau dieser Stelle vorbeigesegelt waren. Die Passagiere hatten die kurze Reise gut überstanden. Die mageren, aber zähen Kulis hockten auf dem Deck beisammen und plauderten, während sie die wenigen Auserwählten beobachteten, die sich um die Pferde kümmern durften, was als große Ehre galt. Ihr unablässiger Frohsinn beeindruckte Lew. In China hatte er das als selbstverständlich hingenommen, doch in dieser veränderten Umgebung kam ihm ihre stille Schicksalsergebenheit nicht mehr erbärmlich, sondern bewundernswert vor. Dennoch konnte er verstehen, daß Perfy sich bei ihrer ersten Begegnung mit diesen Männern darüber entsetzt hatte, daß sie allem Anschein nach wie Lasttiere behandelt wurden. Perfy konnte sich eben einfach nicht vorstellen, welche Menschenmassen in China lebten. Ein Kuli schätzte sich glücklich, wenn er Arbeit hatte; denn ansonsten war er vom Hungertod bedroht, und kaum einem gelang es, in einen höheren Stand aufzusteigen.
    Die Aborigines in diesem Land würden niemals Kulis werden; den Europäern hier war diese Vorstellung fremd, und die Eingeborenen waren voller Groll auf die Weißen und deswegen kaum gewillt, für sie zu arbeiten. Viele Schwarze bekämpften die Eindringlinge noch immer bis aufs Blut und machten den Weißen am Rande der Siedlungsgrenze mit ihren Überfällen das Leben zur Hölle. Erstaunlicherweise schien die übrige Welt nichts von den erbitterten Kämpfen zu wissen, die im australischen Hinterland tobten. Lew fragte sich, wie die Schwarzen in dieser Region sich den Goldsuchern gegenüber verhalten würden. Hoffentlich waren sie ihnen freundlich gesonnen. Denn diesmal gab es keine erprobte Route. Sie würden sich allein zum Palmer durchschlagen und sich mit den Eingeborenen gut stellen müssen, falls sie welchen begegneten.
    Er betrachtete Diamond, die vorne am Bug des Schiffes stand und den Blick über die Küste schweifen ließ. Vielleicht lebte ihr Volk wirklich in dieser Gegend. Ying hielt es für möglich, doch Diamond war sich inzwischen selbst nicht mehr sicher. Da die Küste überall gleich aussah, würde es ihr schwerfallen, allein mit ihren Kindheitserinnerungen eine bestimmte Stelle wiederzuerkennen. Über Perfy hatte sie kaum etwas zu sagen gehabt, nur daß die beiden beschlossen hatten, sich zu trennen. Aber Lew war sich sicher, daß mehr dahintersteckte. Perfy hätte Diamond doch nicht einfach so im Stich gelassen! Andererseits betonte Ying, Diamond habe sich aus freien Stükken zur Prostitution entschlossen. »Jeder braucht Geld«, hatte er gesagt. »Warum sollte eine Schönheit wie sie sich mit dem unwürdigen Dasein

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