Sonnenfeuer
des Staates. Vielleicht würde sogar der Gouverneur einmal nach Caravale kommen, Gouverneur Bowen und die Gräfin, um Himmels willen! Sie mußte dafür sorgen, daß das Wohnhaus renoviert wurde. Mit der Tischglocke klingelte sie nach Mae. »Du kannst alles wegräumen. Laß mir nur die Kataloge da. Ich glaube, es ist auch ein Brief für dich dabei. Heute nachmittag trinke ich keinen Tee. Bring mir Gin, kaltes Wasser und Zitronenscheiben.«
»Aha, Nachricht von Ben«, stellte Mae mit Blick auf den Brief fest. »Sie sind also sicher in Brisbane angekommen?«
»O ja.« Sie würde die Neuigkeiten zu einem geeigneten Zeitpunkt verlauten lassen. Mae konnte damit nichts anfangen, würde es aber noch vor der Rückkehr ihrer Söhne im ganzen Distrikt herumtratschen. »Mein Rücken ist so schlimm heute, daß ich Gin brauche, um die Schmerzen zu lindern.«
Sie wartete, bis Mae mit dem silbernen Tablett zurückkam, auf dem eine kristallene Karaffe und ein Kristallglas standen. Dann schenkte sie sich ein Glas puren Gin ein, um die guten Nachrichten zu begießen.
Ben schrieb weiter, Darcy habe sich mit irgendeinem Mädchen angefreundet, aber er bezweifle, daß es etwas Ernstes sei.
Cornelia runzelte die Stirn. Sie wünschte, Ben hätte den Brief nicht mit dieser unheilvollen Bemerkung verdorben. Die Jungen trafen in Brisbane zwangsläufig mit Frauen zusammen, sie waren ja schließlich keine Heiligen.
Cornelia griff nach ihrem Glas. Der Gin war der beste, den es zu kaufen gab, und sie trank ihn mit Genuß. Dabei dachte sie an die Zeiten, in denen sie sich nur den billigsten Gin leisten konnten, der einem fast die Kehle verbrannte.
»Du hast einiges geschafft, Nellie«, triumphierte sie. Sie genoß die Vorstellung, daß Teddy dies nicht mehr erleben konnte. Es geschah ihm recht. Jetzt gab es niemanden mehr, der mit dem Finger auf Cornelia Buchanan zeigen konnte …
Sie liebte besonders den Winter auf Caravale mit seinen milden Tagen und kühlen Nächten, wenn sie die schwüle Hitze und den Regen des Sommers hinter sich hatten. Dieser Nachmittag war etwas Besonderes für sie. Die Männer waren draußen und trieben das Vieh zusammen, der Hauslehrer hatte die Jungen auf einen Spaziergang zu den Wasserfällen mitgenommen, und Wunder über Wunder, die schwarzen Hausmädchen hatten es geschafft, ihre Arbeit ohne das übliche Durcheinander zu beenden. Sie hatte das ganze Haus für sich. Endlich war es fertig und gehörte ihr, das Wohnhaus von Caravale! Sie war stolz darauf, und stolz auf sich selbst.
Langsam schlenderte sie durch die Räume, strich über die polierten Möbel, die glitzernden Lampen, die vergoldeten Spiegel und die ausladenden Sofas. Als sie vor einem Spiegel einen Blick auf ihr Gesicht erhaschte, mußte sie lächeln. Sie erinnerte sich an das dumme Bauernmädchen von einst, das mit vierzehn von zu Hause weggelaufen war, um die große Welt zu sehen, das über die Grenze nach England geflohen und bis nach London gekommen war, wo sie Clem Bunn getroffen hatte.
Cornelia runzelte die Stirn. Warum mußte sie ausgerechnet jetzt an ihn denken? Noch immer hatte sie Alpträume, in denen sie in die Zeit in London zurückversetzt wurde, fürchterliche Träume von den düsteren Straßen, in denen sie sich hungrig herumtrieb, vom Stehlen und den Überfällen und von dem Keller, in dem sie wohnten und wo die Ratten ihr übers Gesicht liefen. Sie schüttelte den Kopf, ging zu den Bücherregalen und suchte nach einem heiteren Roman, der ihr helfen sollte, die finsteren Gedanken zu vertreiben. Diese Zeit war jetzt vorbei; seit vierzehn Jahren war sie die Gattin von Teddy Buchanan, einem angesehenen Rinderzüchter von Neusüdwales, und Mutter zweier stattlicher Söhne. Meine Güte, wie die Zeit verging! Meist bestellte die Familie Buchanan ihre Bücher gleich dutzendweise aus Katalogen, und es machte ihnen immer großen Spaß, die neuangekommenen Pakete durchzusehen. Einige Bücher hatte sie noch nicht gelesen. Sie wählte ein schmales Bändchen mit dem Titel
Perlen des Herzens,
ließ sich in Teddys großen Ohrensessel sinken und legte die Füße hoch. Entspannen konnte sie sich allerdings nicht. Wieder einmal wurde sie von den Schatten der Erinnerung eingeholt. Warum mußte man überhaupt ständig in der Vergangenheit herumwühlen? Teddy und seine Freunde schwelgten fortwährend in den Erinnerungen an die alten Tage. Als sie einmal Walter MeKenzie erwähnten, war ihr allerdings der Schrecken in die Glieder gefahren. Zum Glück
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