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Sonnenfeuer

Sonnenfeuer

Titel: Sonnenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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diese Damen möchten Sie wohl willkommen heißen.«
    »Das hätte ich ja niemals erwartet!« rief Jack erstaunt aus. Er trat zurück und sah zu, wie seine Frau und Perfy die Gäste begrüßten. Alice war selig, in dieser Stadt als anerkanntes Mitglied der Gesellschaft willkommen geheißen zu werden, und diese Freude stand ihr ins Gesicht geschrieben. Später würde er sie damit aufziehen, doch jetzt sollte sie diesen Tag, den wohl glücklichsten ihres Lebens, in aller Ruhe auskosten.
     
    Diamond huschte leise durchs Haus und half, wo sie konnte. Sie fühlte sich wohl hier. Noch immer spürte sie die Gegenwart der Familie, die früher hier gelebt hatte, hörte den Gesang der Töchter und die wohlmeinenden Worte des Vaters, eines herzensguten Mannes, der sie an Kapitän Beckmann erinnerte. Dazwischen mischte sich Töpfeklappern aus der blitzblanken Küche, dem Reich der deutschen Hausfrau. Zwar erfuhren Miss Perfy und ihre Eltern von den Besucherinnen viel über die vorigen Besitzer, doch Diamond brauchte gar nicht hinzuhören, denn überall trug das Haus Spuren ihrer liebevollen Fürsorge. Daß Geld diese Familie dazu verleitet hatte, ihr friedliches Heim zu verlassen, tat ihr leid, und der Gedanke, daß sie die Gegenwart zu schnell für eine ungewisse Zukunft aufgegeben hatten, bereitete ihr Sorge.
    Aber vielleicht fühlte sie sich auch einfach nur an die Missus erinnert, die ihr ein paar traurige Briefe aus Deutschland geschrieben hatte. Die Kälte ihrer Heimat drang der Missus bis in die Knochen; nach wie vor litt sie unter dem Umstand, daß sie kein eigenes Heim mehr besaß. Zwar lebte die Missus bei ihrer Familie, doch die Schwiegertochter machte ihr das Leben schwer. Diamond fand das sehr seltsam und antwortete mit möglichst fröhlichen Briefen. Während ihrer Zeit als Wäscherin hatte es leider nicht viel zu erzählen gegeben, aber nun konnte sie jede Menge interessanter Neuigkeiten berichten.
    Miss Perfy hatte ihr Blusen und Röcke gekauft, und so konnte sie die häßlichen Hemden aus der Wäscherei vergessen. Mit dem Hut hatte es allerdings Probleme gegeben. Mrs. Middleton war hartnäckig bei ihrer Meinung geblieben, eine Frau dürfe nicht ohne Kopfbedeckung reisen, aber jeder Hut, den Diamond aufprobierte, hatte auf ihrem dichten krausen Haar lächerlich ausgesehen. Schließlich hatte sie sich mit Mrs. Middleton auf einen Schal geeinigt, den Diamond wie einen Turban um den Kopf wand. Das sah sogar so hübsch aus, daß Mrs. Middleton sie gleich mit mehreren farbigen Baumwollschals ausgestattet hatte. Als Diamond an einem Spiegel vorbeikam, überprüfte sie noch einmal ihr Aussehen. Ja, ein Turban stand ihr gut; er unterstrich ihre kupferfarbene Haut und die hohen Wangenknochen. Da alles Haar versteckt war, wirkte ihr Gesicht sehr schmal. Außerdem brachte dieser hübsche Turban sie dazu, trotz ihrer Größe den Kopf hoch zu tragen. Und so waren erst einmal alle zufrieden. Als das Gepäck ankam und auf die Schlafzimmer verteilt wurde, waren alle so aufgeregt, daß niemand Diamonds Enttäuschung bemerkte. Es gab vier große Schlafzimmer und einen kleinen Anbau neben der Waschküche. Der Makler, der ihre Stellung sogleich erraten hatte, hatte darauf gezeigt und gesagt: »Dort schläft das Hausmädchen.« Diamond zuckte die Achseln. Warum auch sollte diese Familie anders sein als der Rest? Schwarze schliefen eben nicht in den Häusern der Weißen. Dabei dachte Diamond niemals an sich selbst als Schwarze oder als jemand mit irgendeiner bestimmten Hautfarbe.
    Immerhin wohnte sie nun auf der Nordseite, und da der verhältnismäßig große Raum mit Leinenrouleaus anstelle von Glasfenstern ausgestattet war, würde er nachts sicher angenehm kühl sein.
    In letzter Zeit hatte sie viel über ihren Stamm nachgedacht, und irgendwann war ihr klargeworden, was damals passiert war. Man hatte sie entführt. Zwar hegte sie keinen Groll gegen die Beckmanns, die meinten, sie gerettet zu haben, aber gelegentlich meldete sich doch ein kleiner Stachel des Zorns in ihrem Herzen. Sie war ihrer Heimat beraubt, und dies war um so schlimmer, als ihr Volk auf seine Art die Welt viel besser verstand als die Weißen. Dieses Wissen schlummerte noch in ihr, und manchmal hatte sie den Eindruck, sie könnte es fassen, wußte aber nicht wie.
    »Diamond!« rief Alice. »Komm her, wir haben keine Zeit zum Träumen, es gibt noch eine Menge zu tun!«

6
    A uf der Farm herrschte geschäftiges Treiben. In der letzten Zeit traf man überall auf

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