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Sonnenfeuer

Sonnenfeuer

Titel: Sonnenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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zufrieden, »ich habe jetzt auch einen General, doch meiner ist ein ehrenwerter Mann. Für den Anfang ist das zwar nicht viel, aber ein kluger Mann kann viel daraus machen.«
    Während die große Dschunke mühelos durch das saphirblaue Gewässer der Whitsunday Passage glitt und sich nahe an der Küste Queenslands hielt, wunderte sich Ying wieder, wie schnell und mühelos er und Lew Cavour Freunde geworden waren. Dem gewinnenden Wesen und der Begeisterungsfähigkeit des Kapitäns konnte Ying sich nicht verschließen, und über dem gemeinsamen abendlichen Studium der Karten waren die beiden Männer einander nähergekommen.
    Lew freute sich darüber, daß Ying mit dieser Gegend vertraut war, und hatte ihm schon am zweiten Abend angeboten, bei der Berechnung des Kurses zuzusehen. »Es kann Ihnen nur von Nutzen sein, Mr. Chin, etwas über Navigation zu lernen, wenn Sie sich die Mühe machen wollen. Der Erste Maat ist zwar ein erfahrener Seemann, aber einer muß das Kommando führen. Nehmen wir nur einmal an, mir stößt etwas zu, dann liegt das Leben all dieser Männer in Ihrer Hand.«
    »Oh, diese Verantwortung will ich gar nicht übernehmen«, erwiderte Ying zögernd. Er machte sich mehr Sorgen um seine eigene Sicherheit als um die der Kulis.
    »Sie sind doch ein gebildeter Mensch, und Sie haben genügend Zeit zu lernen«, meinte Lew. »Ich habe nicht vor zu sterben, aber ich neige zu Fieberanfällen, seit ich mir in Singapur eine Krankheit zugezogen habe. Und wenn ich schwitzend in der Koje liege, möchte ich nicht, daß das Schiff vom Kurs abkommt.«
    Ying nahm sich vor, seine Medikamententruhe durchzusehen, die voller Kräuter und Arzneimittel war. Er wollte sich darum kümmern, daß der Kapitän gesund blieb. Aber dann hatten sie sich trotzdem in die Karten vertieft, die auf dem langen Tisch vor ihnen ausgebreitet lagen. Ihre Route führte vom Chinesischen Reich an Indochina vorbei durch das Südchinesische Meer, dann östlich von Sumatra durch die Javasee, südlich vorbei an Celebes weiter nach Osten, südlich von Neuguinea durch die Torresstraße in australisches Gewässer.
    Als diese ungeheure Strecke so offen vor ihm lag, überkam Ying ein flaues Gefühl. »Wo müssen wir mit Piraten rechnen?«
    »Überall. Wir müssen bis zu den Whitsundays auf der Hut sein, erst dann sind wir in Sicherheit.«
    »Ein schwacher Trost«, meinte Ying, und Lew lachte.
    »Ja, diese Riffe dort sind zu gefährlich. Die Piraten werden nicht riskieren, auf das Barriereriff aufzulaufen.«
    »Ich fürchte, ich werde die ganze weitere Fahrt über kein Auge zutun«, sagte Ying.
    »Na, so schlimm ist es auch wieder nicht. Trinken Sie einen Schluck Wein.« Lew stellte ein Fäßchen auf den Tisch, doch Ying schüttelte den Kopf.
    »Ich habe exzellenten Wein mitgebracht, den Sie allerdings in den Frachtraum verbannt haben. Wenn Sie gestatten, lasse ich etwas davon holen.«
    »Nur zu«, antwortete Lew lachend.
    Es war eine herrliche Nacht da draußen auf hoher See. Ying trank sich einen kleinen Rausch an, der ihn seine Sorgen vergessen ließ. Unbekümmert freute er sich statt dessen auf die bevorstehenden Abenteuer.
    »Meinen Sie wirklich, Sie finden Gold?« fragte Lew.
    »Wen kümmert das?«, erwiderte Ying fröhlich und offenbarte dabei eine ganz neue Seite.
    Ying stand nun an Deck der Dschunke und bewunderte die verschiedenen Blautöne um ihn herum, den wolkenlosen, azur-blauen Himmel und das Meer, dessen Blau sogar noch kräftiger war. Nur das tropische Grün der Küste durchbrach dieses blaue Reich. Ying hatte während der Reise die verschiedensten Farbschattierungen des Wassers gesehen, doch diese Landschaft war eine Herausforderung für ihn. Zu Hause galt er als hervorragender Maler, doch diese Welt konnte er nicht in Farben festhalten. Man brauchte Mut, um mit Farben, die schillerten wie Edelsteine, auf ein Stück Pergament zu malen; das Ergebnis konnte hart und kalt wirken. Er sah sich um und überlegte, wie er diese Frage angehen sollte. Trotz ihrer lebhaften Farben wirkte diese Umgebung nicht grell, sondern ruhig.
    Dabei fiel ihm der Kapitän ein, den er inzwischen Lew nannte. Ein interessanter Vergleich. Der Mann war keineswegs so schroff, wie Ying anfangs gedacht hatte. Er hatte eine Persönlichkeit, die diesem Blau nicht unähnlich war, er besaß eine überwältigende Ausstrahlung. Ob er schimpfte oder lachte, arbeitete oder ausruhte, man konnte nicht umhin, seine Gegenwart zu spüren. In ihm lauerte aber auch Gefahr, wie an

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