Sonnenfinsternis: Kriminalroman
toll , wenn du morgen früh weder im Knast sitzt noch unter der Erde bist .»
Er lachte immer noch schallend, als ich auflegte.
Im SZA angekommen verbrachte ich die nächsten drei Stunden zu erst im Kraftraum und danach im Schiesskeller beim Präzisions schies sen. Umgekehrt wäre einfacher gewesen, aber auf diese Art war der Trai nings effekt grösser. Beim anschliessenden Duschen fiel das Pflaster an meiner Schläfe ab. Ich beschloss, es nicht mehr zu erneuern. Nach etwas Smalltalk mit Alenka und einem Abstecher zu eine m Kebab stand machte ich mich auf den Weg ins Büro, um die Reise zu planen.
Unterwegs rief ich Mahir Kulenović an. Er stimmte meinen Vor schlä gen ohne zu zögern zu, nachdem ich ihm die Sachlage erklärt hatte. Das Džemat übernahm demnach die Spesen von uns beiden sowie meine Arbeitszeit, jedoch nicht die von Ivica. Ausserdem war der Imam klar der Ansicht, dass wir aus Zeitgründen fliegen sollten.
Zurück im Büro buchte ich uns daher auf den Flug LX 1578 nach Wien-Schwechat . Dann rief ich Ivica an und sprach ihm die Details auf seinen Anrufbeantworter. Fünf Minuten später rief er mich zurück und fragte ohne Begrüssung: «Also fliegen?»
«Genau.»
«Keine Knarren?»
«Genau.»
«Scheisse.»
«Genau.» Ich musste lachen.
Ivica ignorierte mich. «Treffpunkt?»
«Wir fliegen um Viertel vor eins. Halb zwölf, Check-in Uno .»
«Okay.» Er legte auf, ohne sich zu verabschieden. Meine Freunde hatten echt keine Manieren.
Als nächstes musste ich Niamh anrufen und ihr beibringen, dass sie dieses Wochenende nicht bei mir verbringen konnte. Meine Tochter war nicht gerade begeistert, aber sie wusste auch, dass es wirklich wichtig sein musste, wenn ich absagte . Die Reaktion ihrer Mutter danach war deutlich weniger verständnisvoll . Anscheinend hatte sie Pläne. Bei Claudia ging es halt vor allem um Claudia. Alle meine Argumente überzeugten sie nicht davon, dass es nicht allein in meine r Ver ant wortung lag , wie Niamh das Wochenend e verbrachte . Ich wusste, dass sie nicht einlenken würde. Niamh war ja eigentlich alt genug, um auch einmal alleine zu Hause zu bleiben, aber damit hätte ich meiner Ex-Frau Munition bis an mein Lebensende geliefert, und ich musste an meine Stellung in einem allfälligen Sorgerechtsstreit denken. Man wusste ja nie.
Ich nahm die Flasche Bushmills aus meiner Schreibtischschublade, betrachtete sie gute zehn Sekunden lang nachdenklich und legte sie dann ungeöffnet zurück. Stattdessen rief ich Fiona an, die sich gleich beim ersten L äuten meldete. Ihre heitere Stimme munterte mich gleich ein wenig auf. «Hallo, mein Bärchen.»
«Hi, mein Schnuckiputzizuckerhäschen.»
Sie kicherte. «Was gibt’s?»
«Wie ist Paris?»
«Schön. Und die Leute sind arrogant wie immer. Aber sonst ist es langweilig .» Sie dehnte das a wie ein Schulmädchen.
«Und wann kommst du wieder?»
Ihre Gegenfrage erinnerte mich wieder einmal daran, wie gut sie mich kannte: «Was ist mit dir? Ist etwas passiert?»
«Nichts Schlimmes. Claudia mal wieder.»
«Ach so. Also, am Donnerstag bin ich wieder da. Das heisst, morgen sehe ich dich schon!»
«Leider nicht.» Die Antwort schmerzte fast so sehr wie meine gebrochene Nase.
«Oh?» Ihre Enttäuschung war sogar durch das Telefon offensichtlich. «Wieso nicht?»
Ich erklärte ihr die Sachlage. Sie schwieg längere Zeit. Dann fragte sie: «Und wann kommst du wieder?» Kein Schimpfen, kein Betteln. Nur eine nüchterne Frage. Meine Art Frau.
«Keine Ahnung. Der Rückflug ist für Samstag gebucht, aber wenn es länger dauert, werden wir umbuchen.»
«Economy-Flüge können nicht umgebucht werden.»
«Ich weiss. Ich habe Economy Flex gebucht. Auf Spesen.»
«Ach so.» Nach einer Weile fügte sie hinzu: «Ich vermisse dich.»
«Ich vermisse dich auch.»
«Ich weiss.»
Wir schwiegen. Schliesslich sagte ich zögerlich: «Da wär noch was.»
«Ja?»
«Ich brauche einen Gefallen. Kann Niamh das Wochenende bei dir verbrin gen? Sicher den Freitagabend, wahrscheinlich auch den Samstag. Eventuell auch noch einen Teil des Sonntags.»
Sie überlegte keine Sekunde: «Natürlich kann sie das.»
Erleichtert bedankte ich mich und besprach die Details mit ihr. Dann plauderten wir noch ein wenig, bis sie schliesslich in ihr Seminar zurück musste.
Kaum hatte ich aufgelegt, läutete mein Handy schon wieder. Es war Andy, der mir mitteilte, dass beim Soundfile, welches ich ihm geschickt hatte, leider Hopfen und Malz verloren sei
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