Sonnenfinsternis: Kriminalroman
Arkans Ermordung scheinen beide Seiten das Interesse an ihm verloren zu haben.»
«Aber wenn er in all diesen Ländern gesucht wird, dann muss er Serbien ja ab und zu verlassen haben, oder?»
«Klar, aber er reist immer wieder mit neuen Identitäten. Offiziell ausgestellte ser bische Pässe. Alles ganz legitim. Diese Banden haben sehr gute Ver bindun gen.»
«Serben brauchen aber bisher noch ein Visum für die EU, nicht ?»
« Ja , aber solange der Gesuchsteller auf keiner Liste erscheint und alles einigermassen okay aussieht, werden die mittlerweile mehr oder weniger automatisch erteilt. Ausserdem ist es ja möglich – oder sogar wahrscheinlich – dass jeder Antrag jeweils bei der Botschaft eines anderen EU-Land gestellt wird. Schliesslich sind im Schengenraum die Personenkontrollen an der Grenze abgeschafft worden. In Deutschland hat man zum Beispiel festgestellt, dass er vorgängig mit einem Studentenvisum nach Dänemark eingereist ist.»
«Ein was? Der Kerl ist über vierzig !»
«Ich weiss. Da hat wohl jemand geschlampt. Oder die Hosen voll gehabt. Die Botschaftsangehörigen wohnen schliesslich auch in Belgrad. Aber was kann man machen? Ausserdem studieren die Leute heutzutage wirklich immer später.»
«Wann sind die Haftbefehle in Deutschland und den anderen Län dern aus gestellt worden?»
«Der älteste ist der aus Holland wegen Schutzgelderpressung und Mord. Ausgestellt 1997. Dann Norwegen 1999 und Dänemark 2000. Die Menschen han dels anklage in Deutschland stammt von 2002. Danach war es ein paar Jahre lang ruhig um ihn, bis….»
Ich kam mit Schreiben kaum nach und unterbrach ihn. «Warte kurz, ich muss mitschreiben.»
Er wartete ein paar Sekunden und fuhr dann fort: «Anscheinend wurde er 2003 nach dem Attentat auf Zoran Đinđić im Rahmen des allgemeinen Durchgreifens gegen die Mafia verhaftet und verbrachte achtzehn Monate im Knast. Wieso, weiss ich nicht, und auch nicht, weshalb er so schnell wieder rausgelassen wurde. Die Anklagen wegen Waffenschmuggels stammen aus der Zeit danach. Schweden 2006, Spanien und Italien 2007.»
«Ich wusste gar nicht, dass die serbische Mafia im Waffengeschäft ist.»
«Machst du Witze?» Er lachte abschätzig. «Mit dem Zeugs, was da nach den Balkankriegen so alles rumliegt? Aber die machen fast alles. Bekannt sind sie vor allem für Waffen- und Drogenschmuggel, Schutz geld erpressung, Glücksspiel und Auftragsmorde. Wie die Russen gelten sie als besonders rücksichtslos.»
«Scheisse.»
«Das kannst du laut sagen. In was bist du da rein geraten?»
«Keine Ahnung. Dieser Kerl, Princip, ist die einzige Spur in einem Mordfall, an dem ich dran bin.»
«Dann bist du besser vorsichtig. Die Kerle schneiden dir das Herz raus, ohne mit der Wimper zu zucken . »
«Na, aber zumindest dieser Princip scheint ja nicht besonders kompetent zu sein, wenn er dauernd erwischt wird.»
« E rwischt wurde er ja nie. Und das ist auch nicht ungewöhnlich. Wie du weisst, haben Interpol und Europol keine eigenen Agenten. Nicht wie in den Filmen. Beide Organisationen sind vor allem dafür da, Informationen zu sammeln, aufzubereiten und den Mitgliedsländern zur Verfügung zu stellen. Das läuft mittlerweile auch recht effizient. Die diversen Namen deines Kerls tauchten bei verschiedenen lokalen Ermittlungen auf, und clevere Fahnder haben dann jeweils die Punkte verbunden. So schwer scheint das allerdings nicht zu sein. Er soll einen grossen Tigerkopf auf Bauch und Brustkorb tätowiert haben, sich oft in Bordellen rumtreiben und gerne angeben.»
«Und w oher weisst du, dass er nicht gerade jetzt im Augenblick in Serbien im Knast sitzt ? Soviel ich weiss, füttern die Serben Interpol nur sehr zurückhaltend. Und Teil von Europol können sie ja nicht sein.»
«Guter Punkt. Ich habe einen Freund bei der Belgrader Polizei. Den habe ich angerufen.»
Ich war nicht sicher, ob ich richtig gehört hatte. «Du hast was? W en hast du angerufen? »
«Einen Freund in Belgrad. Einen guten Freund. »
«Und woher kennst du so jemanden?»
«Aus meiner Zeit im Kosovo.»
«Okay», fuhr ich fort, «und vertraust du ihm?»
«Ja, bedingung s los.» Der Ton in seiner Stimme wies darauf hin, dass mehr dahinter steckte. Für mich war aber nur wichtig, dass Schneider seinem Kontakt vertraute. Auf sein Urteil konnte man sich gemeinhin verlassen.
«Okay. Kann ich mit ihm sprechen?»
«Das halte ich für keine gute Idee.»
«Thomas», sagte ich eindringlich und verwendete dabei absichtlich
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