Sonnenfinsternis: Kriminalroman
von zwei tiefblauen Flussläufen eingerahmt wurde . So von oben sah das ziemlich beeindruckend aus. Meine Sitznachbarin erklärte mir, das sei die alte Festung Belgrads, die da über dem Zusammenfluss der Save und Donau throne.
Bald darauf fanden wir uns nach einer sauberen Landung in der hyper moder nen Ankunftshalle des Terminals 2 am Belgrader Nikola-Tesla-Flughafen wieder. Eigentlich hatte ich einen grauen Plattenbau aus kommu nisti scher Zeit erwartet. Statt dessen waren die einzigen Platten weit und breit diejenigen aus Marmor am Boden, die zusammen mit der angenehmen Spotbeleuchtung an der Decke und dem Alumini um-Chic der grauen Wandverkleidung an den Flughafen Zürich erinner ten.
Unsere Schweizer Pässe sorgten dafür, dass wir bei der Passkon trol le ohne grosse Warterei durchgewinkt wurden. Nur Ivicas akzentfreies, flies sen des Kroatisch sorgte in Kombination mit seinem Schweizer Pass kurz für ein wenig Stirnrunzeln. Beim Weitergehen murmelte er, von jetzt an werde er nur noch Schweizerdeutsch sprechen.
Am Zoll gab es ebenfalls keine Probleme.
Danach besorgten wir uns als Erstes einen Mietwagen. Da ich den Beleg für die Spesenabrechnung benötigte, mietete n wir den silber grauen Renault Laguna auf meinen richtigen Namen statt auf Ivicas falschen . Er bot fast gleich viel Platz wie die andere Option , ein japanischer Nissan X-Trail, war aber wesentlich unauf fälliger.
Schneiders geheimnisvoller Kontakt hatte uns die Koordinaten eines alten, nicht mehr genutzten Industriegeländes ausserhalb Belgrads angegeben, wo er uns in zwei Stunden treffen wollte. Es befand sich westlich von uns , am Rande der Kleinstadt Dobanovci. Obwohl diese wie der Flughafen zur Belgrader Vorstadt ge mein de Surčin gehörte und nur etwa vier Kilometer Luftlinie entfernt lag, gab es keine direkte Verbindungsstrasse, und so mussten wir einen längeren Umweg in Kauf nehmen.
Ivica war am Steuer, als wir den Flughafen verliessen. Beim Hinaus fahren passierten wir das futuristisch anmutende, an eine fliegende Unter tasse erinnernde reifen förmige Glasgebäude des Belgrader Luftfahrt museums, bevor uns wenig später eine viersprachig Belgrader Orts tafel am rechten Strassenrand weiss-auf-blau willkom men hiess. Kurz darauf nahmen wir die Auffahrt Richtung Westen zur vierspuri ge n Europastrasse 70, welche auf diesem Abschnitt mit der Auto bahn 1 identisch war, und folgten ihr Richtung Zagreb. Ich war erstaunt über die grosse Anzahl Strassenlampen so weit ausserhalb der Stadt, die wie eine stählerne Halballee auf dem grasbewachsenen Mittelstreifen zu wachsen schienen .
Fünf Minuten später zeigte Ivica stumm auf das gelbe Strassen schild, welches die Ausfahrt nach Batajnica und Dobanovci ankündigte. Wir verliessen die Schnellstrasse und fuhren in einer weiten Rechtskurve die Rampe hinunter und unter der Autobahn durch bis zum nördlichen Ortsrand von Dobanovci. Dort folgten wir der Hauptstrasse zu einer grossen Kreuzung im Stadtzentrum. Dann verbrachten wir fünfzehn Minuten damit, kreuz und quer die kleinen und grossen Nebenstrassen auf und ab zu fahren. Niemand folgte uns.
Etwa neunzig Minuten vor der vereinbarten Zeit kamen wir beim Treffpunkt an, einem heruntergekommenen Betonkomplex , der noch aus Titos Zeiten stammen musste . Auf einem Kiesweg fuhren wir einmal rund um das Gelände herum , welches mit Ausnahme des sicher fünf Meter breiten, offenen Haupttors komplett von einem etwa drei Meter hohen Betonzaun umgeben war. Die Tatsache, dass es scheinbar keinen Hinterausgang gab, machte mich etwas nervös, aber nach kurzer Diskussion fuhren wir trotzdem hinein.
Die Szenerie drinnen war surreal. Überall standen gigantische weisse Beton ele mente und riesige Backsteine kreuz und quer zwischen den Fabrikgebäuden herum, wie wenn irgendwo ein Gigant einen Wutanfall gehabt und damit um sich geschmissen hätte. Auf vielen davon wuchs Moos . Wir drehten eine Runde um das Hauptgebäude. Da hin ter befanden sich ein quaderförmige r Beton schuppen, auf de ss en Zweck und Funktion ich mir keinen Reim machen konnte. Er war rund vier Meter hoch, etwa gleich breit und vielleicht zehn Meter lang. Die offene Vorderseite konnte durch ein elektrisch betriebenes , vertikales Rolltor verschlos sen werden, und in etwa drei Meter Höhe befand sich eine aus Stahlseil, Eisenh a ken und Winde bestehende primitive Hebevorrichtung.
Wir versteckten den Wagen hinter einem besonders grossen Stein haufen. Wie immer achtete ich darauf, in
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