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Sonnenfinsternis: Kriminalroman

Sonnenfinsternis: Kriminalroman

Titel: Sonnenfinsternis: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Moor
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gelangweilt , als würde er gerade eine Fernsehk ochsendung anschauen .
    «Ja, tot.» Ich machte eine Kunstpause. Dann fügte ich hinzu: «Sie kannten ihn übrigens.» Ich hatte zwar keine Ahnung, ob das tatsächlich so war, aber audaces fortuna juvat , den Tapferen hilft das Glück, wie ich vor langer Zeit im Lateinunterricht gelernt hatte.
    Auch das schien Rappolder nicht sonderlich zu beeindrucken. Er fixierte mich nur unentwegt mit seinem Reptilienblick und fragte gelangweilt: «Ach ja? Und woher?»
    «Er soll der Liebhaber ihrer Schwester gewesen sein.»
    Die Verwandlung vom Leitwolf zum Werwolf geschah so plötzlich, dass ich komplett überrascht wurde. Rappolder schoss aus seinem Sitz hoch, sprang über den Kaffeetisch, packte mich mit erstaunlicher Kraft am Kragen und zischte mit hochrotem Kopf: «Lass meine Schwester aus dem Spiel, du verficktes Arsch loch!» Seite Atmung kam stossweise und er hatte einen irren Ausdruck in den Augen.
    Was sagte man dazu? Ich hatte Rappolders wunden Punkt entdeckt. Trotz seines Ausbruchs blieb ich ruhig sitzen, packte aber mit meiner Linken das Handgelenk, mit dem er mich festhielt, und stiess ihn mit der anderen Hand langsam aber bestimmt von mir weg. Dazu sagte ich laut: «Beruhigen Sie sich, verdammt nochmal!»
    Einige Sekunden lang standen wir so da, verbunden in ewigem Kampf wie Ahriman und Ahura-Mazda. Dann verschwand der seltsame Ausdruck aus seinen Augen und seine Atmung wurde wieder regel mässig. Er liess mich los und fragte unvermittelt: «Möchten Sie einen Kaffee?»
    Etwas überrascht erwiderte ich: «Nein, danke.»
    «Gut, aber ich. Warten Sie kurz.» Dann verschwand er erneut. Es dauerte sicher fünf Minuten, bis er mit einer Tasse in der Hand zurück kam. Er setzte sich wieder auf das Sofa und begann, genüsslich seinen Kaffee zu schlürfen. Dazu fixierte er mich schweigend mit seinen kalten Augen. Als ich deswegen nicht im Boden versank, sagte er schliesslich halb anklagend, halb entschuldigend: «Ich kann es einfach nicht ausstehen, wenn man meine Schwester beleidigt.»
    «Wer kann das schon? Ich wollte ihre aber Schwester keine s falls beleidigen . Vielleicht habe ich mich etwas im Ton vergriffen. Was ich meinte war, dass es sich beim Toten um einen Freund ihrer Schwester handelte. Dafür gibt es Zeugen.»
    «‹Dafür gibt es Zeugen›», äffte er mich nach und stiess dann ein trockenes, humorloses Lachen hervor. «Sie sprechen von den zwei alten Säcken, die in Sarah s Haus wohnen?»
    «Das tut nichts zur Sache, oder? Ihre Schwester soll den Toten auf jeden Fall gut gekannt und oft getroffen haben.»
    Das liess die Farbe erneut aus seinem Gesicht weichen, mit Ausnah me eines grellroten Flecks auf beiden Backen. In diesem Moment erinnerte er mich an eine glatzköpfige Matrjoschkapuppe. «Verdammter Kanake!», knurrte er.
    «Wie bitte?!»
    Die Wut war zurück, aber diesmal war sie unterschwellig, versteckt, wie ein schlafender Vulkan, der jederzeit ausbrechen konnte. Leise erwiderte er: «Lassen Sie das. Sie meinen diesen Balkanwixer, der mit meiner Schwester herumgespielt hat.» P lötzlich schlug er mit der Faust auf den Kaffeetisch und zischte : «De n verfickt en Kanake n, der mit meiner Schwester rumgemacht hat!»
    Dann wurde ihm o ffensichtlich klar, dass er zu weit gegangen war, und er sammelte sich sichtbar , bevor er in neutralem Ton fragte: «Er ist also tot?»
    «Ja, das ist er.»
    «Okay. Sie erwarten sicher nicht von mir, dass ich darüber traurig bin. Aber nur, falls Sie darauf hinaus wollen : Ich hatte nichts damit zu tun.»
    «Das habe ich auch gar nicht behauptet.»
    Von i rgendwo im Haus drang ein gedämpftes Hämmern an mein Ohr . Rappol der schien es nicht zu bemerken und erwiderte ungerührt: «Natürlich haben Sie das. Einfach indirekt. Das war doch der Hauptgrund ihres Besuches, nicht? Zu schauen, wie ich auf die Nachricht reagiere?» Er blickte mich aus seinen kalten Fisch augen an und fragte fast beiläufig. «Sind Sie wirklich Journalist?»
    Ich nickte und antwortete etwas zu hastig: «Selbstverständlich. Ich habe Ihnen ja meinen Ausweis gezeigt.»
    «Ja», sagte er aufreizend bedächtig und nickte dazu , «das haben Sie.» In diesem Moment piepste sein Handy. Er nahm es aus der Tasche und schaute kurz auf das Display. Dann warf er einen Blick auf seine Armbanduhr, stand auf und sagte mit bestimmter Stimme: «Unsere Zeit ist um. Verlassen Sie jetzt augenblicklich meine Wohnung!»
    «Nur noch ein paar

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