Sonnenfinsternis
"Du bist mitten auf der Straße aufgetaucht und hättest uns um Haaresbreite umgebracht. Und dann hast du mich mit der Sorge um deinen Bruder erpresst mit dir zu kommen. Und jetzt soll ich dir diesen Schwachsinn glauben?"
"Wie bist du den in meine Wohnung gekommen, Liebes?" Ein leicht amüsiertes Lächeln zeigte sich auf seinen Lippen. "Ist dir entfallen, dass ich uns hergezaubert habe?"
"Vielleicht war ich ohnmächtig und du nutzt meine momentane Verwirrung, um mir diesen Blödsinn aufzutischen."
Unerwartet lachte er lauthals los. Verwirrt blinzelte ich ein zwei Mal schneller.
"Warum sollte ich das, wenn es nicht wahr wäre? Und hast du in deiner kleinen Theorie auch eine Erklärung, wie ich die Straße spalten konnte? Oder meinen Bruder reglos machen, um dich dann, wie du sagst, zu erpressen mit mir zu kommen?"
Ich stand da und wusste, er hatte recht. Mein Ausbruch hatte mir nichts außer der Tatsache gebracht, dass ich wohl doch eine Magierin war. Da meine ganze Familie offensichtlich Magier waren und mich mein Leben lang belogen hatten.
Mit gesenktem Blick setzte ich mich langsam wieder hin.
"Ich weiß, so eine Information, ist nicht leicht zu verdauen, Olivia. Ich verstehe, dass du versuchst eine logische Antwort zu finden. Doch die gibt es nicht. Es ist so, wie ich es dir sagte."
"Kann ich etwas zu trinken haben?", fragte ich leise.
"Natürlich."
Er stand auf und ging rüber in die offene Küche, wo er Wasser aus dem Kühlschrank holte und es mir in einem Glas brachte.
"Danke." Ich trank es in einem Zug aus. "Was nun?", fragte ich nach einigen Sekunden der Stille. "Was genau willst du von mir? Mein Blut?"
"Ich will dich beschützen. Das heute hätte auch jemand anders sein können. Mein Bruder war viel zu leichtsinnig, mit dir das Schulgelände zu verlassen. Deine Eltern haben dich hingeschickt, weil die Anderen dir auf der Spur sind."
"Die Blutmagier?"
Er nickte. "Vor Hunderten von Jahren hatte ein damals mächtiger Magier, der in der Gesellschaft verehrt wurde wie ein Gott, eine Vision von einem Mädchen. Sie lautet:
Sie wird kommen, eines Engels gleich, wenn Sonne und Mond am Himmel vereint. In den Träumen der Wächter wird sie sein. Ihr Herz rein, voll Unschuld und ohne Böswilligkeit. Ihr Blut ist das Elixier der Macht. Beschützt muss wie werden, bis der Mond schwarz ist wie die Nacht.
“
Meine Augen weiteten sich. Mein Herz schlug noch schneller.
"Ich kenne diese Legende", sagte ich, nachdem er fertig gesprochen hatte. "Ich habe sie in einem Buch, in der Bibliothek der Schule gelesen. Arkadus war der Titel. Und über dem Satz "Der Aufstieg des Erben"."
Etwas überrascht blickte er mir in die Augen. "Das ist unmöglich."
"Warum?"
"Weil das Buch im Haus der Schatten aufbewahrt wird. Und das ist in Wien. Dort haben bloß drei Menschen Zutritt. Die Ältesten. Sie sind unser Gesetz. Erst wenn einer stirbt, wird ein Nachfolger vom Haus der Schatten gewählt. Das ist ein Job auf Lebenszeit. Keiner von ihnen würde es dort wegbringen und keiner wäre so dumm dort einzusteigen."
"Egal was du sagst, ich hatte es in der Hand. Es war schwarz mit einem goldenen Titel und in einer fremden Sprache, trotzdem konnte ich es lesen."
Leicht nachdenklich blickte er kurz zur Seite. "Wie viel konntest du lesen?"
"Nur die Legende. Die Bibliothekarin nahm es mir weg, bevor ich weiter blättern konnte. Als ich wieder danach sehen wollte, war es nicht mehr da."
Nachdenklich strich er sich durch die schwarzen Haare.
"Weißt du den nicht, was in diesem Buch steht?", fragte ich nach einigen Sekunden des Schweigens.
"Die mächtigsten und gefährlichsten Zaubersprüche, die je geschrieben wurden. Mit den richtigen Hinweisen und der Legende gelangt man zum Grab desjenigen, der dieses Buch geschrieben hat. Dort befindet sich der Zauber, welcher einen zum stärksten Magier auf Erden macht. Aber wer diese Energie freisetzt, kann den Planeten zerstören. Ein besessener Blutmagier wird davor nicht zurückschrecken, weil, wie ich erklärt habe, nicht er oder sie Herr über sich selbst ist, sondern Magie und diese strebt nach mehr Energie. Deshalb wirst du versteckt und das Buch unter Verschluss gehalten."
"Warum wurde das Buch und die Grabstätte nicht zerstört, wenn sie so gefährlich sind?", fragte ich.
"Denkst du, wir wären nicht auf die Idee gekommen?", fragte er mit hochgezogenen Augenbrauen. "Arkadus ist unzerstörbar und das Grab nicht auffindbar", erklärte er weiter. "Und doch würden die Blutmagier alles tun, um dich in die
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