Sonnenfinsternis
Olivia, doch dafür musst du mir vertrauen."
Ich sah auf seine Hand, die er mir immer noch anbot. Und aus einem Grund, den ich mir nicht erklären konnte, ergriff ich sie und stieg aus dem Auto.
"Hab keine Angst", beruhigte er mich erneut.
Ich sah zu Jayden. Er konnte sich nicht umdrehen. Er schrie und kämpfte mit aller Kraft dagegen an.
"Wirst du ihn gehen lassen?", fragte ich.
"Ja. Der Zauber wird sich lösen, sobald wir weg sind", antwortete Markus.
Zauber, Zauber, Zauber. Hallte es immer wieder in meinem Kopf. Hatte dieser fremde Mann, der Jaydens Bruder war, gerade Zauber gesagt?
Ja hatte er und anders war dies hier gar nicht zu erklären.
"Olivia, tu es nicht", rief Jayden. "Du weißt nicht, auf was du dich einlässt."
"Es tut mir leid, Jayden", sagte ich und plötzlich verschwamm er vor meinen Augen.
Blutmagier
Ich blinzelte und schon wir waren nicht mehr auf der Straße bei Jayden, sondern in einer Wohnung.
Markus stand rechts neben mir.
"Du wirst dich fragen, wo wir sind", sagte er ohne mich anzusehen.
"Sind wir noch in Zürich?", wagte ich zu fragen.
"Ja, der Transportzauber geht nicht über weite Strecken", erklärte er ruhig.
Transportzauber?
"Was willst du von mir?", fragte ich. Meine Stimme zitterte.
Ein fast nicht sichtbares Zucken seines Mundes zeigte eine Art von Lächeln, wenn man es so nennen konnte. Er drehte sich von mir weg, ohne zu antworten. Ich folgte ihm mit meinen Augen. Er steuerte ein schwarzes Ledersofa an, auf das er sich setzte.
"Du bist die Erlösung", gab er schließlich von sich.
"Erlösung?", fragte ich vorsichtig. "Wen könnte ich den schon erlösen?"
Seine dunklen, braunen Augen sahen mich an, als würde er nach etwas suchen. Er strich sich sein pechschwarzes, kinnlanges Haar mit der linken Hand nach hinten.
Ich bewegte mich nicht von der Stelle und starrte ihn an. "Geht es Jayden gut?", fragte ich.
Mein Puls war auf 200. Meine Angst roch man wahrscheinlich auf 300 Meter und ich machte mir fürchterliche Sorgen um Jayden.
Was wenn es ihm nicht gut ging? Was wenn Markus sein Wort nicht gehalten hat und er immer noch dort auf dieser Straße stand?
"Meinem Bruder wird nichts geschehen. Ich habe den Zauber gelöst, als wir gingen", antwortete er mit seiner rauen Stimme. "Du weißt nicht, wer du bist, nicht wahr?", fragte er mich nun.
"Ich bin Olivia Moor."
"Ja, das bist du - setzt dich doch", bot er mir an und zeigte mit der Hand auf einen Sessel.
Zögerlich und ohne ihn aus den Augen zu lassen, setzte ich mich.
"Was hat es mit der Erlösung auf sich?", fragte ich erneut.
"Dein Blut ist die Quelle aller Macht. Ein Blutmagier würde alles tun, um an diese Macht zu kommen."
Meine Augen weiteten sich. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, ob ich etwas sagen sollte, ob ich überhaupt bei Bewusstsein war oder vielleicht doch im Koma lag und träumte.
"Möchtest du nicht wissen, was ein Blutmagier ist?", fragte er mich.
"Sollte ich es den wissen?", antwortete ich.
"Du gehörst dazu, also hast du ein Recht es zu wissen - deine Eltern sind Magier, genauso wie der Rest deiner Mitschüler. Um dich zu schützen, haben sie dir dein Geburtsrecht verschwiegen und dich auf dieses, recht spezielle, Internat geschickt."
"Bist du ein Blutmagier?" Meine Stimme klang etwas kratzig.
"Ja ... ich jedoch, habe es unter Kontrolle. Und trotzdem wurde ich aus der Gesellschaft ausgeschlossen."
"Was heißt das?"
"Ich bin ein Verstoßener … Magie ist ein Strom aus Energie. Magier die nicht genug Energie produzieren können, um den Ausgleich im Körper zu halten, sind gezwungen magische Energie herzustellen, um am Leben zu bleiben. Dadurch übernimmt die Magie langsam die Macht über den eigenen Körper. Und Magie alleine ist unberechenbar. Das eigene Ich verschwindet. Somit hat man die Wahl, zwischen sterben und leben, mit dem Wissen, wenn man das Leben wählt, auf eine Art trotzdem stirbt. Die Meisten, so wie ich, entscheiden sich gegen den Tod, weil, auch wenn es nicht viele zugeben, jeder hat Angst davor zu sterben. Die Gesellschaft der Magier toleriert diesen Zustand nicht."
Mein Puls stieg stetig, während ich ihm zuhörte. Ich ließ mir jedes Wort noch einmal durch den Kopf gehen. Doch es ergab für mich keinen Sinn. Nichts was er sagte, kam in meinem Unterbewusstsein an.
"Ich glaube dir nicht", sagte ich leicht aufgebracht. "Meine Eltern würden mich nie belügen."
"Eltern lügen, um zu beschützen", entgegnete er.
"Ja, vor dir", brach es aus mir aus, während ich wütend aus dem Sessel aufstand.
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