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Sonnenflügel: Roman. Band 2 der Fledermaus-Trilogie (German Edition)

Sonnenflügel: Roman. Band 2 der Fledermaus-Trilogie (German Edition)

Titel: Sonnenflügel: Roman. Band 2 der Fledermaus-Trilogie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kenneth Oppel
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scharf genug sind. Mehr als das, man konnte in die Vergangenheit und in die Zukunft horchen, auf Klänge aus vergangener Zeit und auf solche, die erst noch erzeugt werden mussten.
    Er zweifelte daran, dass er selber das Flüstern von Vergangenheit oder Zukunft wahrnehmen könnte, aber konnte er nicht seine Stimme über die Millionen von Flügelschlägen nach Norden senden und eine Antwort hören?
    Es war natürlich lächerlich. Er hatte nie von so etwas gehört. Aber Zephirs Ohren waren so empfindlich, vielleicht konnte er einen Hilferuf vernehmen. Die weiße Fledermaus hatte ihm schon einmal geholfen, vielleicht könnte sie ihm jetzt noch einmal beistehen. Er zielte mit seiner Stimme auf den nördlichen Horizont und rief. Er versuchte nicht seine Stimme so laut wie möglich zu machen. Aber er stellte sich vor, wie er die Stimme auf die Luft projizierte, als hätten die Töne Flügel und könnten sich selber tragen. Er stellte sich die Stadt vor, die Kathedrale und den Turmhelm, wo Zephirs Zuhause war. Und er stellte sich sein weißes Fell vor, seine noch weißeren Augen und wie er die Ohren aufrichtete, um seine Stimme aufzufangen.
    Er machte seine Botschaft so kurz wie möglich. Er erzählte Zephir, wie er in den Süden gekommen und wie er vom Rest seiner Kolonie getrennt worden war. Hatte er irgendetwas von Ariel, Frieda oder Marina gehört? Waren sie in Sicherheit? Sollte er zu ihnen zurückfliegen oder sollte er bleiben und versuchen seinen Vater zu retten?
    Als die letzten Worte seinen Mund verlassen hatten, kam er sich dumm vor, wie ein Neugeborenes, das nach Trost ruft. Er war allein, hoch am Himmel, in einem fremden Land, und er würde sich selber helfen müssen. Das war die harte Wahrheit.
    Dennoch, ein Teil von ihm hoffte. Er sperrte die Ohren weit auf, hörte nur das Wispern des Windes. Er fragte sich, ob Caliban Recht hatte mit Nocturna. Hielt sie ihre schützende Hand über sie, war das der Grund, weshalb sie so lange am Leben geblieben waren? Aber was war mit denen, die nicht überlebt hatten? Gab es einen Grund dafür? Keinen, den er verstehen konnte. Vielleicht war es einfach eine Frage des Glücks. All seine kindischen Träume davon, seiner Kolonie die Sonne zu bringen, das Große Versprechen zu erfüllen. Er war damals so voller Hoffnung gewesen, so sicher, dass es ein gutes Ende geben würde und dass es in all dem einen Platz für ihn gab.
    Wie lange brauchte Klang, um sich auszubreiten? Und wie lange, um zu verstummen, um sich im Wind aufzulösen, sodass seine Stimme sich zerstreute wie kleinste Tautröpfchen auf den Blättern eines Baumes?
    „Schhhhhhhhh“, sang der Wind in seinen Ohren. „Schhhhhhhhh.“ Wie seine Mutter damals im Baumhort, wenn sie ihn wieder zum Einschlafen bringen wollte.
    Er war so müde. Er sollte zurückkehren. Es hatte keinen Zweck, hier oben zu bleiben und darauf zu hoffen, dass jemand seine Probleme löste. Und je länger er hier oben blieb, desto größer die Gefahr gefressen zu werden. Seine Stimme war nicht kräftig genug oder vielleicht waren auch seine Ohren nicht empfindlich genug, um eine Antwort zu hören. Es gab nichts außer der großen Leere des Himmels.
    „Schhhhhhhh“, war alles, was der Wind ihm sagen konnte, und dann: „Schhhhhaaaatten.“
    Sein Name? Oder nur eine Täuschung des Windes? Er sperrte die Ohren auf, so weit es ging.
    „Schhhhhaaaatten. Höööör geeenauuu zuuuu.“
    War das Zephirs Stimme? Er war so überrascht und überglücklich, dass er laut auflachte. Dann schloss er sofort den Mund, um nichts zu verpassen.
    „Aaaaariel ... Mariiiiiinaaaa ... koooommmmen zuuuu diiiir.“
    Er runzelte die Stirn, konzentrierte sich so stark, dass ihm der Kopf wehtat. Kommen zu dir? Und warum keine Erwähnung von Frieda?
    „Ich verstehe nicht“, rief er, dann fiel ihm ein, dass dies keine Unterhaltung war, nur eine Botschaft, die über Millionen von Flügelschlägen an seine Ohren kam. Er würde sie nur einmal hören. Aber was bedeutete sie? Waren sie schon in einer Flugmaschine mit Metall am Bauch? Oder suchten sie nach ihm? Aber wie sollten sie wissen, wo sie nachschauen sollten?
    „Zzzzzotzzzzz wiiird herrrrschen ... auuußer ... bleiiiibst ... unnnd reeettttest diiiie Soooonnnne ...“
    Er fürchtete, dass er jetzt einzelne Wörter verpasste, dass nur noch Bruchstücke bei ihm ankamen. Die Sonne retten?
    „... unnnnd deiiiinen Vaaaater ... nooooch ammmm Lllleeeeben.“
    Mit geschlossenen Augen horchte er auf mehr, aber die Botschaft war zu

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