Sonnenflügel: Roman. Band 2 der Fledermaus-Trilogie (German Edition)
versuchen schon den Gang wieder frei zu bekommen.“
Schatten schluckte. Ihr Rückweg war abgeschnitten. Sie waren in der Pyramide gefangen.
Ishmaels Flanken hoben und senkten sich, als er heftig nach Luft schnappte; die Vorstellung, hier sterben zu müssen, war zu viel für ihn.
„Wir müssen hier raus“, sagte er, wobei seine Stimme gefährlich schrill wurde. „Wir müssen!“
„Ist schon in Ordnung“, sagte Marina besänftigend und versuchte ihn zu beruhigen. „Sie bauen einen neuen Tunnel nach draußen, mach dir keine Sorgen.“
„Ich hole Mami und Caliban“, sagte Schatten zu Marina. „Geh zurück zum Tunneleingang.“
Sie sah ihn forschend an. „Du kommst doch zurück, nicht wahr?“
„Ja doch.“
„Schatten?“
„Ich komme zurück.“
„Wenn du nämlich irgendwohin gehst, dann nicht ohne mich.“
„Ist okay“, sagte er, erhob sich in die Luft und flog niedrig zum entfernten Ende des Raumes, wo die Dunkelheit ein wenig von einem bleichen Lichtschein durchdrungen wurde.
Er wagte nicht zu rufen, sondern benutzte nur sein Echosehen, um die Wände und die Decke nach seiner Mutter abzusuchen.
Da war sie und flog mit Caliban an der Seite in halsbrecherischer Geschwindigkeit auf sie zu.
„Sie kommen!“, rief dieser. „Wir müssen sofort verschwinden.“
Schattens Herz schlug panisch. Er machte eine enge Wende und jagte mit ihnen zurück durch den Saal.
„Haben sie ihn gefunden?“, keuchte seine Mutter und er wusste, sie meinte Cassiel.
„Nein“, sagte er schonungslos. „Wir sind zu spät gekommen. Sie sind schon weg.“
Sie sagte nichts, sondern flog einfach weiter. Inzwischen hatten sich alle am anderen Ende des Saals versammelt, wo sie hineingekommen waren. Die befreiten Ratten kauerten ängstlich am Boden, während die verbliebenen Tunnelbauer des Generals einen Weg nach draußen zu graben versuchten.
„Die Dschungelfledermäuse kommen!“, sagte Caliban.
„Wie viele?“, fragte Cortez.
„Viele“, sagte Ariel. „Sie kommen von der Wendeltreppe. Ich habe Klang hinaufgeschickt und alles, was ich sehen konnte, waren Flügel und Zähne.“
„Sie kommen, um weitere Opfer zu holen“, sagte Ishmael.
Cortez blickte in den Schacht im Knochenfeld hinab: „Wie lange noch?“
„Zehn Minuten.“
„In einer werden sie hier sein“, sagte Caliban. Schatten schaute den General an. „Wir müssen die Eulen freilassen.“
„Die bleiben, wo sie sind!“, sagte Cortez und bleckte die Zähne zu ihm. „Ich werde mich nicht von Eulen abschlachten lassen!“
„Wenn sie mitkämpfen, haben wir wenigstens eine Chance! Ich kenne einen von ihnen, lass mich mit ihm reden!“
Schatten blickte zum anderen Ende des Saales. Er sandte Klang in die Entfernung, so weit er konnte, und wartete auf das erste silberne Flackern der riesigen Kannibalenflügel. „Wir haben nicht mehr viel Zeit“, sagte er.
„Er hat Recht, General.“ Das war Caliban. „Wir brauchen jetzt Bundesgenossen. Die Ratten sind zu schwach zum Kämpfen, die meisten jedenfalls.“
Cortez zuckte ärgerlich mit den Schnurrhaaren. „Dann macht schnell, aber nur wenn sie einem Waffenstillstand mit uns zustimmen.“ Er nickte zwei Soldaten zu. „Kommt mit.“
Schatten wies den Weg zu dem steinernen Verlies, in dem sich die Eulen befanden. Marina fand den Stock, der auf einer Reihe Schädel lag, und half Schatten ihn in das Loch zu stecken.
Die Ratten schoben auf den Hinterbeinen und Schatten, Marina und Ariel benützten ihre Flügel und drückten ebenfalls dagegen, so begann sich die Steintür schnell zu bewegen.
„Halt!“, rief Cortez, als sie nur einen Spalt breit offen war. „Sprich mit deinem Freund, Silberflügel.“
„Orest!“, rief er in das Verlies.
Er wartete, bis die überraschten Rufe verklangen. Verzweifelt hoffte er, dass Orest noch lebte. Er hatte keine Idee, was er zu den anderen Eulen sagen sollte, um sie zu einem Waffenstillstand zu überreden.
„Wer ist da?“, kam die Stimme von Orest und dann sah Schatten die Hälfte seines Gesichts gegen die Öffnung gepresst. „Schatten Silberflügel?“
„Wir lassen euch raus, aber du musst die anderen dazu bringen zu versprechen uns nicht anzugreifen, die Ratten und die nördlichen Fledermäuse. Wir haben nicht viel Zeit, Orest.“
Aus dem Inneren des Verlieses konnte er hören, wie Orest eilig in einer unverständlichen Eulensprache redete. Augenblicklich war Orest wieder bei der Öffnung.
„Du hast ihr Wort“, rief er.
Schatten blickte
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