Sonnenglut der Leidenschaft
Köstlichkeiten stieg ihr schon auf dem Flur in die Nase und ließ ihr das Wasser im Mund zusammenlaufen. In der Küche erwartete Tariq sie bereits, der ohne Kopfbedeckung erst recht sexy aussah. Das noch feuchte dunkelbraune Haar lud förmlich dazu ein, mit den Händen zerzaust zu werden. Gwynneth musste sich sehr zusammennehmen. Seine erotische Ausstrahlung überwältigte sie einfach.
„Ich hoffe, du magst die libanesische Küche“, sagte er. „Sie ist sehr abwechslungsreich. Lass uns auf dem Balkon essen, dort ist es jetzt angenehm kühl.“
Da sie sehr hungrig war, sparte sie sich jeden Kommentar. Stattdessen holte sie Teller, Besteck und Wassergläser aus dem Küchenschrank, stellte sie auf ein Tablett und trug es auf den Balkon hinaus.
Der Balkon war groß genug, um dort eine Party mit vielen Personen zu feiern, und entsprechend ausgestattet.
Sie deckte einen niedrigen Bambustisch mit Glasplatte und drückte auf einen Lichtschalter, der gleichzeitig ein Mückenschutzgerät aktivierte.
U-förmig um den Tisch standen drei lange Bambussofas, auf denen schwarz, grau und elfenbeinfarben gemusterte Polster zum gemütlichen Verweilen einluden. Jeder Platz bot einen herrlichen Blick aufs Meer.
Tariq folgte ihr mit den Platten, entfernte die Deckel und erklärte ihr die arabische Art zu essen. „Es ist eine arabische Tradition, zwanglos um einen Tisch herum zu sitzen, auf dem ein Büfett steht, von dem sich jeder bedient.“
Er musterte sie und überlegte kurz, was sie damit bezweckte, einen Kaftan zu tragen. „Komm, lass uns anfangen, bevor alles kalt wird“, sagte er dann.
Im Schneidersitz nahm er auf einem Sofa Platz, die Füße nach innen gewandt. Gwynneth erinnerte sich, gelesen zu haben, dass es als Beleidigung galt, jemand anderem die Fuß- bzw. Schuhsohle zuzuwenden.
Da sie fürchtete, nicht so gelenkig zu sein wie Tariq, setzte sie sich wie gewohnt aufs Sofa, mit den Füßen auf dem Boden.
Tariq, der gerade Essen aus den verschiedenen Behältern auffüllte, bemerkte es amüsiert. „Sehr vornehm und vermutlich sehr unbequem. Aber du musst wissen, was du tust.“
Gwynneth sah zu, wie er sich mit den Fingern bediente, die er zwischendurch immer wieder in einer von zwei Wasserschalen reinigte.
Zögernd betrachtete sie das Essen. Die meisten Gerichte kannte sie, und sie dufteten köstlich.
„Rippchen, Hähnchen in Kräutern, Couscous, Humus“, zählte er auf, als sie sich die Köstlichkeiten auf einen Teller legte. Dann beobachtete sie, wie er sich das Essen mit Fladenbrot in den Mund schob, und machte es ihm nach.
„Ich hätte dich fragen sollen, ob du Wein zum Essen trinken möchtest. Ich trinke keinen Alkohol, da ich ja nachher noch fahren muss.“
Als er ihren fragenden Blick bemerkte, fügte er hinzu: „Ich mache mir nichts aus dem strikten Alkoholverbot. Meine Mutter war Muslimin, mein Vater Brite und konfessionslos.“
„Sie müssen einander sehr geliebt haben, um die kulturellen Unterschiede zu überwinden“, sagte Gwynneth ernst.
Tariq sah nachdenklich vor sich hin. Wie oft hatte er als Kind anhören müssen, wie seine Mutter ihren Mann verdammte. Sie war so unglücklich gewesen. So sehr, dass er über Jahre völlig vergaß, dass sie einander einmal sehr geliebt haben mussten. Doch es hatte nicht gereicht.
Seit heute wusste er, dass das Zerwürfnis von seiner Mutter ausgegangen war, nicht von seinem Vater, wie er von klein auf dachte.
„Am Anfang vielleicht“, antwortete er schließlich.
„Nur am Anfang?“
„Meine Eltern haben sich getrennt, als ich noch sehr klein war. Anscheinend hatten sie vereinbart, dass mein Vater für einige Jahre hier mit uns lebt und wir dann alle gemeinsam nach England gehen. Als meine Mutter sich nicht an die Vereinbarung halten wollte, ist er gegangen.“
„Wie traurig, besonders für dich.“ Gwynneth sah ihn mitleidig an.
„Halb so wild. Meine Mutter kehrte in den Schoß der Familie zurück, und ich bin mit vielen Cousins und Cousinen aufgewachsen. Es war immer sehr lustig und hat mir an nichts gefehlt.“
„Aber dein Vater muss dir doch gefehlt haben.“
„Wieso? Weil dir deiner gefehlt hat?“
„Mir haben vor allem Eltern gefehlt. Oder besser gesagt, ein glückliches Familienleben. Mütter, die nicht imstande sind, ihre Kinder zu lieben – darüber spricht man bis heute nicht. Ich selbst habe mich auch lange Zeit nicht damit auseinandergesetzt.“
„Und was hat deine Haltung geändert?“
„Die Erkenntnis, dass meine
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