Sonnenkoenig
andere brünett, befanden sich ganz vorne im
Bereich der Halle C. Das müsste reichen. Ninus rannte zwar nicht, setzte sich
dennoch mit einer flotten Gangart in Bewegung.
Vor der unentwegt klappernden,
großen Anzeigentafel blieb er stehen, legte den Kopf in den Nacken und suchte
den Flug LH 511. Zunächst orientierte er sich in der Spalte ›erwartet‹ auf die
Uhrzeit, 14:40, 14:45, 14:55, 15:00 Uhr. Augen nach links, bingo! LH 511 Buenos
Aires. Schnell die Augen nach rechts, zu spät, die gesamte Tafel fing wieder an
zu klappern und sortierte sich neu. Neues Spiel, neues Glück: In der Spalte
›gelandet‹ stand 15:03 Uhr und ein grüner Punkt leuchtete auf. Demnach würde es
noch mindestens 20 Minuten dauern, bis Carla herauskommen würde.
Ninus eilte zurück zum Auto. Keine
Uniform in der Nähe. Er begab sich zurück in den Wagen und wollte noch zehn
Minuten warten, bevor er aussteigen, sich ein bezahltes Parkticket holen und
aufs Armaturenbrett legen würde. Natürlich durfte er die blonde und die
brünette Mitarbeiterin der Stadtverwaltung nicht aus den Augen lassen. Sein
Mobiltelefon signalisierte einen Anruf. Als ob er an diesem Tage nicht schon
genug an Vergangenes erinnert worden war, meldete sich am anderen Ende der
Leitung Lena.
III. Ein Freund,
ein guter Freund …
Oberstaatsanwalt Dr.
Thomas Ströcker fasste es nicht. Da saß er nun seit über einer Stunde im Zimmer
von Richter Alfons Kohl und hatte sich den Mund fusselig geredet. Neben ihm auf
dem Beistelltisch lag die Arbeit der letzten Monate. 20 ausgewählte Ordner von
mittlerweile über 200, die die Abteilung 1 am Landgericht Wiesbaden
zusammengetragen hatte. Die Beweise lagen klar auf der Hand, an seiner
Argumentation gab es nichts zu bemängeln.
Dennoch sah Richter Kohl keinen
hinreichenden Tatverdacht. Er lehnte zögernd die eingereichte Anklageschrift
ab. Die unsichere Stimme rührt sicherlich nicht von seinen Zweifeln, dachte
Ströcker. Eher vom Alkoholgehalt seines Blutes. Kohl war Alkoholiker, das war
am Landgericht ein offenes Geheimnis.
Der Staatsanwalt wollte
jedenfalls nicht aufgeben. Nur weil es um einige hochkarätige Politiker ging,
durfte man das Recht doch nicht dermaßen beugen. Er und seine Staatsanwälte
waren sich einig. Hier wurden Gelder gewaschen, Vorteile verschafft und Posten
verhökert. Länger als vier Jahre war Ströcker an der Sache dran.
Angefangen hatte es mit
Unregelmäßigkeiten bei einigen Werbeagenturen, bei denen Gelder hin und her
geschoben worden waren. Es gab dafür keine in irgendeiner Form einsichtigen
Geschäftsvorfälle. Die Spuren führten unter anderem nach Südtirol, in die
diversen Steueroasen sowie nach Südafrika, und reichten bis ins Jahr 1997
zurück. Besonders ein Fall hatte sein Interesse geweckt. Der Konkurs der Firma
Cos-Prom. Dort waren von den gleichen Leuten, um die es heute noch ging, Gelder
abgezogen worden, die anschließend in dunklen Kanälen verschwanden. Alles, was
man damals erreicht hatte, war den Geschäftsführer zu verurteilen. Das arme
Schwein war der Einzige in der Sache, der nichts damit zu tun hatte. Freilich,
er war verantwortlich gewesen. Ihm hatten seine Gesellschafter übel
mitgespielt. Kurz flackerte in Ströckers Kopf eine andere Erinnerung im
Zusammenhang mit dieser Geschichte auf. Das hing mit einer Frau zusammen. Er
verbat sich, daran zu denken, es war zu schmerzhaft, zu peinlich.
Es war frappierend offensichtlich.
Seit Jahren wurde hier Schwarzgeld im großen Stil gewaschen, jedoch fehlten
noch immer stichhaltige Beweise. Ströcker und sein Team waren lange auf der
Stelle getreten. Bis zum Frühjahr dieses Jahres.
Es war Anfang April
gewesen. Draußen schüttete es in Strömen. Ströcker saß in seinem Büro und las
in diversen Akten, als seine Sekretärin hereinkam und ihm einen Vorgang auf den
Tisch legte. Eher gelangweilt griff er danach, schlug den grauen Pappdeckel
auf. Anzeige. Anonym. Als Ströcker den Namen der Person las, gegen die Anzeige
erstattet worden war, hätte er am liebsten losgejubelt. Es ging um die
Unterschlagung von über 50 Millionen Euro. Jetzt haben wir dich. Ströcker
beschloss, sofort seine Mitarbeiter zu einer Sitzung zusammenzutrommeln.
Vier Stunden später
war Ströcker zufrieden. Er fasste die Ergebnisse der Sitzung zusammen: »Nun
denn, wir konzentrieren uns auf zwei Bereiche. Das ist erstens die FMA, also
die First-Media-Agency, gegen dessen CIO die Anzeige vorliegt, und zweitens auf
die Werbeagentur Hoffmann,
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