Sonnenlaeufer
um Rohans Spiel handelt.«
»Nicht heute Nacht.« Mit diesen Worten zog die Prinzessin ein schmales Silbermesser aus dem Gürtel, dessen Schaft mit blitzenden purpurnen und karmesinroten Juwelen besetzt war.
Sioned war entzückt. Fast nachlässig hob sie eine Hand, und die Klinge fing an zu glühen. Lichtläufer-Feuer leckte am Messer entlang und bewegte sich auf Ianthes Finger zu, ohne dass Sioned die Kontrolle verlor. Sie musste zugeben, dass die Prinzessin nicht feige war; die winzigen Flammen berührten schon fast ihre Hand, ehe sie das Messer schließlich fallen ließ.
»Du Faradhi -Hexe!«, zischte Ianthe. »Ich werde ihn bekommen, so oder so – und wenn ich seine Prinzessin bin, werde ich dafür sorgen, dass kein anderer Hof dich haben will! Du wirst den Rest deines Lebens eingesperrt hinter den Mauern der Schule der Göttin verbringen!«
»Das ist es, was Ihr am meisten fürchtet, nicht wahr? Auf dieselbe Art in der Felsenburg eingesperrt zu sein!« Sie verneigte sich spöttisch vor der Prinzessin. »Lernt erst einmal die Regeln des Spiels, ehe Ihr versucht, es zu spielen, Hoheit. Gute Nacht.«
Als Sioned ging, zitterte Ianthe vor ohnmächtiger Wut. Sioned hingegen tanzte förmlich zum Fluss hinab, so erregt war sie nach diesem Treffen. Sie sah bereits ähnliche Szenen voraus, wenn sie nicht nur die Kraft einer Lichtläuferin besaß, sondern darüber hinaus noch die Macht, die ihr ihre Stellung als Prinzessin verleihen würde. Die erste und möglicherweise die beste derartige Situation würde sich morgen Abend bieten, wenn sie an Rohans Seite als seine Erwählte erscheinen würde. Die Aussicht auf Ianthes Zorn und Elend entzückten sie, und sie lachte laut.
»Ich hatte gehofft, Euch allein zu treffen, Mylady«, ertönte eine vertraute Stimme hinter ihr.
Palila saß auf dem Rand ihres Sofas und starrte auf Crigos hingestreckten Körper auf ihrem Teppich. »Verdammt, wach auf!«, zischte sie. »Du hast genug Wein in dich hineingeschüttet, um einen Händler damit über Wasser zu halten.«
Eine ihrer Damen stand händeringend dabei. »Herrin, er sieht aber gar nicht gut aus …«
»Natürlich nicht, du Närrin! Gib ihm mehr Wein.«
Das Einflößen eines weiteren Kelches drogenversetzten Wein – von dem sich das meiste von den schlaffen Lippen des Lichtläufers auf den Teppich ergoss – entrang ihm ein Stöhnen. Palila machte eine ungeduldige Handbewegung, und das Mädchen half Crigo, sich aufzusetzen. Seine trüben Augen fingen an, klarer zu werden.
»Schlag ihn«, befahl Palila.
Ein Schlag, zwei – Crigos Hand schoss empor und packte die Frau am Handgelenk. »Nicht mehr«, bat er mit belegter Stimme. »Lasst mich.«
»Verschwinde«, befahl nun auch Palila. Das Mädchen floh aus dem Zimmer, und die Tür fiel hinter ihm ins Schloss. »Kannst du jetzt klar denken, oder brauchst du noch mehr?«
Er fuhr sich mit der Hand durch sein feuchtes Haar. »Ich habe geschlafen.«
»Egal! Ich werde dir erzählen, was du versäumt hast. Roelstra hat ein Auge auf eine neue Mätresse geworfen und auf einen neuen Lichtläufer – und dabei handelt es sich um dieselbe Frau!«
»Sioned?«, keuchte er.
»Weder du noch ich können es uns leisten, dass er sie genauso mit Dranath in die Falle lockt, wie er es bei dir gemacht hat.«
»Warum warnt Ihr sie nicht? Oh – natürlich. Sie würde Euch wohl kaum glauben. Und dann ist da Euer kleines Abkommen mit Pandsala.«
Palila rang nach Luft. »Woher wisst Ihr …«
»Ist das wichtig? Sagen wir einfach, Ihr wollt nicht, dass das Mädchen zu bald schon gerettet wird. Wenn Roelstra sie erst besessen hat, wird Rohan sie nicht mehr wollen, und Pandsala hat freie Bahn. Ist es nicht so gedacht, Palila?«
»Du denkst sehr scharfsinnig, bedenkt man die Verfassung, in der du warst, als sie dich hierher gebracht haben.«
»Sonderbares Zeug, dieses Dranath .« Zittrig kam er auf die Füße, stützte sich an einem Stuhl.
»Tatsache ist, dass wir beide kurz davor stehen, ersetzt zu werden, und du kannst es verhindern.«
Crigo ließ sich auf den Stuhl fallen und schloss die Augen. »Gütige Göttin! Wie viel habt Ihr mir gegeben?«
»Wärest du lieber tot aufgewacht?«, fauchte sie.
»Ihr seid zu liebenswürdig, wie immer. Ich soll sie also warnen?«
»Aber, wie du schon sagtest, nicht zu früh.«
Crigo fing an zu lachen. »Arme Palila! Warum sollte ich Euch helfen? Euren Untergang zu beobachten wäre schließlich meine Rache an Euch.«
»Bist du so abhängig von deiner
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