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Sonnenlaeufer

Sonnenlaeufer

Titel: Sonnenlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
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zuwenden werden, wo sie nicht von schrecklichen Erinnerungen heimgesucht werden. Drachen meiden Bergspitzen, auf denen einer von ihnen zu Tode stürzte, so erzählt man sich im Hochland. Wenn sie so intelligent sind, wie ich glaube, und auch so sensibel, dann werden sie sicher auch den Ort meiden, an dem so viele von ihnen an der Seuche gestorben sind. Noch einmal: Es handelt sich nur um ein Gefühl, aber ich denke, dass wir schon sehr bald erfahren werden, ob es so ist.
    Falls sie sich in diesem Jahr tatsächlich nicht in Rivenrock paaren, werden sie einen anderen Ort aufsuchen – vielleicht fern von der beschützenden Obhut durch Eure Gnaden. Darf ich Eurer Hoheit untertänigst vorschlagen, ein Edikt zu erlassen, das das Töten von Drachen in diesem und in allen kommenden Jahren untersagt. Andernfalls werden wir nie mehr Drachen in der Wüste sehen.
    Mit allem Respekt übersenden Lord Farid und ich diese Erkenntnisse. Wir setzen volles Vertrauen darauf, dass Ihr in Eurer Weisheit eine Lösung finden werdet und dass Drachen wieder den Himmel über der Wüste bevölkern werden.
    Ehrerbietig und mit den besten Wünschen für die Gesundheit und das Glück Eurer Königlichen Hoheit verbleibe ich
    Feylin aus Skybowl
    Rohan lehnte sich in seinem Sessel zurück und seufzte laut. Sein Blick wanderte von dem Pergament auf seinem Schreibtisch zu den hohen, weit offenen Fenstern seines privaten Arbeitszimmers. Im Dämmerlicht des Frühlings wirkte Stronghold sicher und heiter, und die Steinmauern wurden von der untergehenden Sonne in ein rosa-goldenes Licht getaucht. Der Duft von Blumen und frischem Gras stieg aus dem Garten empor, und Rohan konnte sogar den Wasserfall in der Grotte riechen, der vom Schmelzwasser aus den fernen Hügeln angeschwollen war. Das alljährliche Wiedererwachen all dieser Schönheit hier war die Rechtfertigung für den Frieden, für den er so lange und hart gearbeitet hatte, und ihr Zauber war überwältigend. In den letzten sechs Jahren hatte es nur wenige Augenblicke gegeben, in denen er sein Heim wirklich genießen konnte.
    Feylins Besorgnis erregende Nachricht hatte ihn zusammen mit einem Stapel anderer Schreiben erreicht. Rohan beäugte den Haufen jetzt und verzog das Gesicht. In diesem Jahr war wieder Rialla , das erste seit seinem Auftritt als vermeintlich dummer Prinz – was ihm inzwischen niemand mehr abnahm –, und seine Vasallen brachten ihre Forderungen bereits jetzt mit beinahe unanständiger Eile vor. Er konnte sie nicht guten Gewissens bis zum Spätsommer »vergessen«, und die Nachrichten aus Skybowl konnte er sicher auch nicht ignorieren. Aber wie sehr wünschte er sich, er könnte es, wenigstens noch für eine kleine Weile.
    Ein Lächeln zuckte über sein Gesicht, als er über den Spruch nachdachte, ein Prinz mit zu viel Freizeit sei ein Prinz, der seine Aufgabe nicht richtig erfülle. Selbst in guten Jahren waren unendlich viele Dinge zu erledigen, zu beschließen und zu überwachen. Und in schlechten Jahren, wie dem der Seuche – so viele Tote. So viele Verluste. Als er in jenem ersten Frühjahr seiner Herrschaft die Merida auf der Ebene von Tiglath vernichtet hatte, hatte er Stärke bewiesen. Aber nichts konnte diese stumme Seuche besiegen. Die Macht eines Prinzen mit einer Armee hinter sich war nichts gegen einen Feind, der den Körper befiel und ihm den Atem, den Verstand und schließlich das Leben raubte.
    Sie war vor drei Jahren mit dem Flug der Drachen über das Land gekommen. Anfangs war sie den großen Tieren selbst zugeschrieben worden. Als sich Pest und Panik im Prinzenreich ausbreiteten, war Rohan aufgefordert worden, er solle die Drachen ein für alle Mal ausrotten. Aber dann hatte auch sie der Tod ereilt. Als der erste riesige, stinkende Leichnam im Sand entdeckt worden war, ohne dass an ihm Kampfspuren sichtbar waren, war Rohan zu verzweifelt gewesen, um sich über den Tod der Drachen Sorgen zu machen. Seine Mutter war eine der Ersten in Stronghold gewesen, die sich mit der Pest angesteckt hatte, und sie war als Erste gestorben. Die Krankheit ließ die Lungen anschwellen, brannte das Fleisch herab von den schmerzenden Knochen, und Fieber tobte im Körper. Kein Mittel half dagegen. Heftiger Durchfall, Koma und Tod folgten. Prinzessin Milars Kampf hatte zwölf schreckliche Tage lang gedauert. Andere hatten ein wenig länger überlebt, aber vier von zehn Menschen in Stronghold wurden krank – und keiner überlebte.
    Dieselbe Kunde kam von anderen Höfen und Burgen,

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