Sonnenlaeufer
anderen daheim?«
»Es ist noch niemals jemandem gelungen, die Burg einzunehmen, Tilal. Außerdem ist River Run weit von dem Ort entfernt, an dem der Kampf stattfinden wird.«
Er dachte darüber nach und nickte. »Lord Chaynal wird die Truppen anführen, und mein Vater wird ihm helfen. Aber was ist mit Prinz Rohan? Sie hat ihn!«
»Nicht mehr lange«, erklärte Sioned grimmig. »Diese Karte ist genau das, was ich brauche, Tilal. Du hast das sehr gut gemacht.«
»Wann brechen wir nach Feruche auf?«
»Nicht wir.« Sie bedauerte ihre scharfe Antwort sofort, als er sich angesichts eines Angriffs auf seine Männlichkeit, wie er ihn hinter ihrer Bemerkung vermutete, empört aufrichtete. »Tilal, du musst mir vertrauen und mir in dieser Angelegenheit gehorchen. Bitte, versprich es mir.«
Rebellion flackerte in seinen Augen auf, aber nach einem Moment nickte er und beugte den Kopf. »Ja, Herrin«, flüsterte er. »Bitte, beeilt Euch. Sie wird ihn töten.«
»Nein. Wenn sie seinen Tod wünschte, dann hätten die Merida ihn bereits getötet, als du gefangen genommen wurdest.«
Der Knabe sah sie mit neuer Hoffnung an; diese Logik war ihm bisher entgangen. »Das ist wahr! Und sie haben unterwegs sogar sorgfältig darauf geachtet, ihn am Leben zu erhalten, selbst als er gefesselt und bewusstlos war.«
Sie vermied es zusammenzuzucken, als das Bild vor ihrem geistigen Auge auftauchte, und erklärte: »Ich möchte, dass du dich morgen Maeta vorstellst. Ich wünsche, dass du ihr Knappe wirst und alles tust, was sie dir aufträgt.« »Das werde ich. Aber was wird dann geschehen?«
»Sie wird es dir erklären. Sie hat einen sehr interessanten Plan, wie sie den Merida die blauen Flecken, die du hast, heimzahlen kann und auch ihre Mitwirkung an Prinzessin Ianthes Plan. Vergiss nur nicht, Maeta zu sagen, dass ich dich bei allem, was Remagev betrifft, zu Walvis’ Vertreter bestimme.«
Tilal runzelte die Stirn, versuchte, diese Anordnung zu verstehen, und richtete sich dann lächelnd auf. »Ihr wollt ihm die Burg übertragen, nicht wahr? Deshalb wollt Ihr, dass auf sie besonders achtgegeben wird.«
»Ja, und du bist mit dafür verantwortlich, dass der Besitz dies alles unbeschadet übersteht. Also, wenn du da bist, schau dir alles an, was du kannst, und bleib dort und überwache alles, denn deine scharfen Augen sind es, die am besten vor den Merida warnen können.« So, dachte sie, sie hatte den Stolz des Knaben gerettet, hatte ihm eine sinnvolle Aufgabe übertragen und dafür gesorgt, dass er sicher in Remagev blieb, ohne dass sie ihm verbieten musste, am Kampf teilzunehmen. »Tilal, ich würde mich gern weiter mit dir unterhalten, aber es war ein langer Ritt von der Faolain-Tiefebene bis hierher.«
»Ihr solltet schlafen«, meinte er, stand auf, jeder Zoll der junge Edle, der sich um die Bequemlichkeit seiner Herrin sorgt. Doch kaum einen Atemzug später legte er die Arme um sie und wollte sich anschmiegen. Jetzt war er wieder der kleine Junge. »Es tut mir so leid«, flüsterte er traurig. »Ich hätte ihm mehr helfen müssen, und ich habe es nicht getan …«
»Du hast alles getan, was du konntest. Und du hast mir die Information gebracht, die ich brauche, um ihn zurückzuholen.« Sioned streichelte sein Haar. »Glaubst du, ich hätte Walvis’ künftigen Besitz einem Feigling anvertraut – oder einem Dummkopf?«
Tilal fasste sich und trat zurück. »Ich werde Euch nicht enttäuschen, Herrin. Gute Nacht.«
Wieder allein trat Sioned zu den beiden Stühlen vor den Gartenfenstern und ließ sich müde auf einen davon fallen. Rohans Stuhl an ihrer Seite blieb leer, und diese Leere entsprach der in ihrem Innern. Sie hatten hier so viel Zeit verbracht und hatten Pläne geschmiedet, wie sie ihre Träume wahr werden lassen konnten. Ianthe würde ihn nicht töten, aber es gab andere Arten des Sterbens, nicht nur die körperliche.
Sioned wartete, bis die Monde am Himmel aufstiegen und ihr kühles Licht über ihr Gesicht und ihre Hände ergossen. Sie sammelte ihre Strahlen zusammen, denn sie wusste, dass sie überall hingehen, alles sehen und mit jedem Faradhi sprechen konnte, den sie auswählte. Aber es gab einen Strahl, den sie in dem Mondlicht nicht berühren würde, denn wenn Andrade eine Ahnung von ihren Plänen hätte, würde sie sie verbieten und sie für alle Zeiten ausschließen. Und obwohl Sioned für ihren Gemahl alles riskieren würde, brauchte sie doch noch die anderen Faradhi’im .
Geschickt verwob sie das
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