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Sonnenlaeufer

Sonnenlaeufer

Titel: Sonnenlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
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blutig, und aus dem Bett glitt. Rohan sah, wie sich ihre Finger über ihrem Bauch spreizten. Sie lächelte auf ihn hinab, strich das zerzauste Haar aus ihrem Gesicht und leckte sich das Blut von den Lippen.
    »Mein Vater macht nur Mädchen«, bemerkte sie mit rauer, kehliger Stimme. »Deine Lichtläuferin schafft nicht einmal das. Oh, sie wird dich zurückbekommen, Rohan, gesund und munter – ich brauche dich lebendig, damit du bestätigen kannst, dass dieses Kind von dir ist.« Wieder lachte sie und genoss es, als er zusammenfuhr. »Du hast mich all die Jahre gewollt – all diese Jahre, seit jener Nacht beim Rialla , als ich zu dir gekommen bin, hast du mich gewollt. Gib dir keine Mühe, es zu leugnen. Wir wissen beide, dass es so ist. Aber du hast Sioned erwählt. Sag mir, Rohan – kannst du sie jetzt noch berühren, nachdem du mit mir geschlafen hast?«
    »Nein«, flüsterte er, wenn er es auch anders meinte, als sie es hörte. Er würde Sioned nie wieder berühren können, nicht, nachdem er sich mit Ianthe beschmutzt hatte. Er konnte sie noch immer auf seiner Haut und an seinem Fleisch fühlen.
    Die Tür fiel schwer hinter ihr ins Schloss. Sie hatte gewonnen – für den Augenblick. Wenn sie wiederkam, würde er sie töten. Er musste es tun.

Kapitel 24

    In diesem Winter war die Schule der Göttin die meiste Zeit von heftigen Regenschauern heimgesucht worden. Unberechenbare Wolkendecken ließen die Kommunikation unter den Faradhi’im bestenfalls sporadisch stattfinden. Andrade war gereizt, weil sie sich auf konventionellere Mittel verlassen musste, wenn es darum ging, Neuigkeiten zu erfahren, und unterzog Besucher daher einer so eindringlichen Befragung, dass sie erschreckt davonzogen. Als das Frühjahr kam, wallten dichte Nebel um die Schule, und die Lichtläufer wurden so rastlos wie Habichte, die am Fliegen gehindert werden. Sie waren es müde, immer zu lesen, Schach zu spielen, Unterricht zu haben oder zu putzen, waren auch die Gesellschaft der anderen leid und waren sich nur einig darin, Andrade mit einem an religiöse Hingabe grenzenden Eifer zu meiden.
    Aber endlich lichtete sich der Nebel, die Sonne schien wieder, und nahezu jedes Lebewesen verließ das Schloss – einschließlich der Feld- und Waldbewohner, die in der Schule überwintert hatten und jetzt heimkehrten. Faradhi’im und Lehrlinge und das gemeine Volk durchkämmten die Hügel, halb trunken vom Sonnenlicht. Andrade sah ihnen von den Zinnen aus zu und wartete, bis sie alle in den Wäldern oder auf den Klippen außer Sichtweite waren. Dann löste sie ihre silberblonden Zöpfe und fuhr sich mit den Fingern durchs Haar. Sie schwelgte in der Wärme der Frühlingssonne. Ihr letzter Spaziergang vor wenigen Tagen war eine deprimierende Angelegenheit gewesen; das Schloss war in Nebel gehüllt gewesen, was den letzten kleinen Scherz des Sturmgotts nach einem langen, wenig amüsanten Winter darstellte. Aber jetzt beanspruchte die Göttin den Himmel wieder für sich selbst.
    Sie flocht ihr Haar neu und verzog das Gesicht, als sie weiße Strähnen darin entdeckte. Sie war sich sicher, dass die Schuld daran einzig Roelstras unmögliche Töchter trugen. Täglich bereute sie den Impuls, aus dem heraus sie die beiden sechs Jahre zuvor hatte haben wollen.
    Die dreiundzwanzigjährige Pandsala hatte sich, bei aller königlichen Erziehung, erschreckend unwissend gezeigt. Sie verfügte über eine gewisse Schlauheit, die sie davor bewahrte, in totale geistige Unberührtheit abzusinken, aber sie besaß keinerlei Bildung. Es hatte ihr gar nicht gepasst, dass sie zusammen mit den jüngeren Schülern ins Schulzimmer geschickt wurde, aber diese Maßnahme hatte die doppelte Wirkung, ihr eine gewisse Menge an Wissen einzuhämmern und sie andererseits von einigen ihrer weniger schönen, arroganten Gedanken zu befreien.
    Pandsala war jetzt neunundzwanzig und hatte sich ungeheuer verändert. Sie war so lange in ihren Versuchen entmutigt worden, die Rolle der gefangenen Prinzessin zu spielen, bis sie die Mühe aufgegeben hatte. Jetzt war sie fast erträglich. Aber es war die verblüffende Entdeckung ihres Lichtläufer-Potenzials gewesen, die in ihr das nötige Gefühl für ihren wirklichen Wert geweckt hatte. Im vergangenen Sommer hatte sie ihren dritten Ring errungen.
    Chiana war ein ganz anderes Problem. Die Frauen in der Schule hatten sie adoptiert, hatten sie wegen ihres traurigen Schicksals bemitleidet und sie verwöhnt. Sie war schnell an Körper, Geist und Seele.

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