Sonnenlaeufer
Mama in den Krieg zöge, dann sollte man es auch ihnen erlauben – und wenn sie jetzt nicht mitgenommen würden, dann würden sie sich heimlich davonstehlen. Chay kannte seine Söhne zu gut, um auch nur einen Augenblick daran zu zweifeln, dass sie genau das tun würden, und er überlegte, dass es besser wäre, sie unter Beobachtung zu haben, als nicht zu wissen, was sie vorhatten. Morgen jedoch würde er sie nach Stronghold schicken, aber Tobin wusste noch nicht, dass sie mit ihnen gehen sollte. Als er es schließlich erwähnte – beiläufig, während er von einem Apfel abbiss –, erinnerte ihn ihre Reaktion daran, warum er Messer in ihrem Schlafzimmer verboten hatte.
»Ich werde nicht gehen! Du brauchst mich hier!«
»Ich brauche die Gewissheit, dass du in Sicherheit bist.«
»Niemand sonst kann als Faradhi fungieren, und selbst das bisschen, was ich tun kann, kann sicherstellen, dass du auch weiterhin informiert wirst. Verdammt, Chay, ich werde nicht gehen!«
»Würdest du bitte vernünftig sein? Wir müssen Sorin und Andry in Sicherheit bringen – vor allem Andry! Ich werde sie auf ihre Pferde binden und sie von ihren Knappen bewusstlos schlagen lassen, wenn es sein muss. Zwing mich nicht, bei dir genauso zu verfahren.«
»Das würdest du nicht wagen!«
Es war erstaunlich, wie ähnlich sie Zehava sah, wenn sie wütend war. »Hör zu. Du bist hier nützlich für mich, ja. Aber ich will meine Zeit nicht mit Sorgen um deine Sicherheit verbringen. Glaubst du etwa, die Jungs würden ohne dich abziehen? In Stronghold kannst du Sioned helfen. Muss ich etwa alle die Gründe anführen, die du doch bereits kennst, Tobin?«
Sie funkelte ihn wütend an. »Du bist schrecklich, wenn du vernünftig bist.«
Er dankte der Göttin dafür, eine Frau zu haben, die nicht nur Verstand, sondern auch Temperament besaß. Er streckte die Hand nach ihr aus, denn er wollte ihre Hand nehmen und seine Dankbarkeit für alle ihre Tugenden ausdrücken, die ihn manchmal ablenkten. Als sie jetzt ihre Finger zurücknahm, lächelte er. Der Stolz verbot es ihr, jetzt nett zu sein. Also lehnte Chay sich zurück und musterte sie wohlwollend, wie sie ihm gegenübersaß, ein Bein untergeschlagen, nur von dem schwarzen Umhang ihrer Haare verhüllt.
Seine stumme Bewunderung fand ein Ende, als heftig an die Tür gehämmert wurde. Während er aufstand, um zu öffnen, warf er seiner Frau sein Hemd zu und wartete ab, bis sie es angezogen hatte. Es reichte bis an ihre Knie und bedeckte auch sonst alles Notwendige, aber als Chay die Tür öffnete, sprangen Baisals Augen fast aus ihren Höhlen, und seine Wangen liefen rot an. Direkt hinter ihm stand Maarken, der bleich und krank aussah. Chay starrte erstaunt seinen Sohn an, den er zwei Jahre lang nicht gesehen hatte; der abrupte Wechsel vom Kind zum großen, selbstbewussten jungen Knappen war mehr, als er mit einem Blick aufnehmen konnte. Vater und Sohn starrten sich eine Weile an, bis Chay Maarken in die Arme nahm und heftig an sich drückte.
»Gütige Göttin, wie schön, dich zu sehen! Was machst du hier?«
Tobin stieß einen glücklichen Schrei aus und stürzte auf sie zu. »Maarken – oh, Maarken, wie bist du groß geworden!« Ihre Augen füllten sich mit Tränen, als sie ihren Sohn umarmte.
Der Knabe lächelte müde. »Ich habe allen in Graypearl gesagt, wie schön du bist, Mutter. Jetzt können sie dich selbst sehen und werden feststellen, dass ich nicht übertrieben habe.«
Chay wandte sich in dem Wunsch nach einer Erklärung zu Baisal um. Der ältere Athri räusperte sich, peinlich berührt sowohl davon, Zeuge dieser Familienszene zu werden, als auch durch die unübliche Kleidung der Prinzessin, deswegen wohl noch mehr. Es war Maarken, der die unausgesprochene Frage seines Vaters beantwortete.
»Ich bin mit den Bogenschützen gekommen, Vater – mit fünfzig Mann, von Prinz Lleyn gesandt. Wir haben gestern Morgen ganz früh Segel gesetzt und sind den Faolain heraufgekommen, so weit wir konnten.« Er zuckte kurz mit den Achseln. »Und dann mussten wir laufen.«
»Kein Wunder, dass du so grün bist«, bemerkte Chay. An Baisal gewandt fuhr er fort: »Bittet meinen Hauptmann, Plätze für die Neuankömmlinge zu finden. Ihr und ich und Lord Davvi, wir werden mit demjenigen sprechen müssen, der die Bogenschützen anführt.«
»Wie Ihr wünscht, Herr.« Nach einem letzten, verstohlenen Blick auf Tobin zog sich Baisal zurück.
Die Prinzessin versuchte ihren Sohn zu überreden, etwas zu
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