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Sonnenlaeufer

Sonnenlaeufer

Titel: Sonnenlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
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Jetzt kommt noch ein weiteres Leben ins Spiel. Wenn eine Frau drei Söhne geboren hat, dann weiß sie, wenn ein weiterer in ihrem Körper heranwächst.«
    Sioned starrte auf die Fackel, die Ianthe hielt. Sie könnte es tun – das Feuer höher und heißer werden lassen, es am Körper der Prinzessin hinabzüngeln lassen und mit ihr tun, was Roelstra seiner Mätresse angetan hatte – Ianthe fluchte und warf die Fackel auf die Steine. Aber Sioned hatte das leichte Flackern bereits erstickt, das ihre Gedanken der Flamme hinzugefügt hatten. Sie würde Ianthe nicht töten. Noch nicht. Ihr eigenes Fleisch brannte nicht, und sie hielt kein Kind in den Armen.
    Das Licht flackerte in sonderbaren Schattenmustern auf, die Ianthes Gesicht schwärzten und polierten. »Ich wusste sieben Tage, nachdem ich meinen jüngsten Sohn empfangen hatte, bereits Bescheid«, sagte sie. »Aber diesmal wollte ich besonders sicher sein. Vielleicht glaubst du, dass man mir nicht glauben wird. Sei beruhigt, Sioned. Es wird keinen Zweifel daran geben, dass dieses Kind von Rohan ist. Wenn mein Vater auf seinem Schlachtfeld siegreich ist und ich auf meinem, wer wird da zu zweifeln wagen? Rohan wird lange genug leben, um seinen Sohn anerkennen zu können – und ich wünsche, dass du lebst, damit du ihn dabei hören kannst. Danach …« Sie zuckte mit den Schultern. »Du bist frei zu gehen, und dein Prinzchen mit dir. Genießt euer Leben, solange ihr könnt, denn es wird nur noch bis zur Mitte des Winters dauern, wenn mein Sohn geboren wird.«
    Sioned wartete, bis sich die Prinzessin in einer Woge aus Rot der Tür zugewandt hatte. Dann sagte sie: »Genieße deinen Hass, solange du kannst, Ianthe, wenn Hass für dich Leben bedeutet. Es hört auf, wenn Rohans Sohn geboren wird.«
    Die Prinzessin erstarrte für einen Moment. Sioned lächelte vor sich hin. Dann war Ianthe fort. Sie ließ die Tür hinter sich weit offen.
    Sioned ließ sich Zeit und sammelte Kraft. Langsam zog sie die Reitkleider an, die man ihr gegeben hatte, um ihre Blöße zu bedecken. Dann verließ sie die vom Fackelschein erhellte Dunkelheit und ging einen leeren Korridor entlang. Es gab viele Treppen, und mehrmals musste sie stehen bleiben und sich an eine Wand lehnen, da der Schwindel sie schüttelte. Endlich trat sie in einen Raum, der vom schwachen Licht der Morgendämmerung erhellt war und wo Rohan auf sie wartete.
    Das bleiche Licht verbarg weder die Vertiefungen an seinen Rippen noch die Magerkeit seines Gesichts. Sie hatten ihm Lumpen zu tragen gegeben, dem stolzen Drachenprinzen – eine Hose, Stiefel, einen Umhang, den er ungeschickt über einem Arm hielt. Sein blondes Haar war dunkel und strähnig von Schweiß, seine Augen lagen in tiefen Höhlen, und in ihnen stand eine Verzweiflung, die an ihrer Seele zerrte.
    Sie wusste, was er sehen musste, als er sie anschaute. Die Kleider hingen von ihren Schultern, das Licht fiel sicher genauso unbarmherzig auf ihre eigene graue Haut, auf ihre Züge, die noch immer starr waren, gewappnet gegen die Schreie, die sie nicht hatte ausstoßen wollen. Sie sah, wie er sie anstarrte, und sein Schmerz tat mehr weh als ihr eigener.
    »Ich war mit ihr zusammen«, erklärte er abrupt.
    »Ich weiß. Und nun trägt sie deinen Sohn, was ich nicht vermag.«
    »Ich hätte sie töten sollen.«
    »Nein.« Aber sie konnte es ihm nicht erklären, noch nicht.
    Er trat vor und legte den Umhang um ihre Schultern, wobei er sorgfältig bemüht war, sie nicht zu berühren. »Wir können gehen.«
    »Rohan – du gehörst mir«, erklärte Sioned ihm.
    Er schüttelte den Kopf und trat von ihr fort zur Tür.
    »Sie könnte dich mir niemals fortnehmen. Der Einzige, der das könnte, bist du – und ich werde dich niemals aufgeben oder gehen lassen.«
    »Ich will nicht, dass du jemanden bekommst, der so beschmutzt ist«, stieß er mit rauer Stimme hervor.
    »Ist das der Grund dafür, dass du mich nicht anfasst?«
    Er wirbelte herum, frischer Schmerz wie ein Aufschrei in seinem Blick. »Sioned – nein …«
    Sie wartete, bis die Bedeutung ihrer Worte ihm ganz klar geworden war, und wog seine Liebe für sie gegen seinen Hass gegen sich selbst auf. »Ich weiß nicht mehr, wie viele Männer mich benutzt haben«, sagte sie schließlich. Worte, die sie um ihrer Grausamkeit willen ausgesucht hatte, Worte, die ein schreckliches Risiko bedeuteten. Aber sie kannte diesen Mann – schwer geprüft, bar jeglichen Stolzes war er, den sie soeben erneut verletzt hatte. Der Schock

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