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Sonnenlaeufer

Sonnenlaeufer

Titel: Sonnenlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
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Hungrige Flammen züngelten dort. Gewöhnliches Feuer hätte nicht so schnell um sich gegriffen, aber das Lichtläuferfeuer flackerte und wuchs. Warnschreie wurden laut, und Panik brach aus. Sioned lächelte nur.
    »Verdammt!«, brüllte Ostvel. »Die Balkone werden Feuer fangen! Sioned, du Närrin!«
    »Es muss ein Feuer geben«, sagte sie leise und wandte sich von der Feuersbrunst ab, von dem Geschrei trunkener Panik im Hof, und schritt unbeirrt auf Ianthes Gemächer zu.
    Geschwächt von der Geburt lag Roelstras Tochter in ihrem Bett mit den Drachenvorhängen und schluchzte um Hilfe. In einer Ecke schaukelte sanft eine Wiege, aber die Frau, die für das Kind sorgen sollte, war geflohen – und sie hatte allen Grund dazu, denn die Flammen waren durch die Fenster jetzt deutlich zu sehen, selbst hier ganz oben im Turm. Die Stufen, die innerhalb der Mauern nach oben führten, hatten Feuer gefangen, und drei Stockwerke tiefer brannte ein Holzbalkon. Als Rauch in das Zimmer drang, fing das Baby an zu weinen.
    Ianthes Hilferufe wurden zu Wutgebrüll. Sioned ignorierte sie. Sie ging zu der Wiege hinüber, wo das Baby lag. Es war blond wie der Sonnenschein. »Gütige Göttin«, hauchte sie und hatte fast Angst, ihn zu berühren. Ein Finger glitt zögernd und schüchtern über seine Wange. »Psst«, wisperte sie. »Ich bin ja jetzt hier, mein Kleiner.«
    Ianthe richtete sich mühsam auf und kreischte: »Lass meinen Sohn in Ruhe!«
    »Meinen Sohn«, antwortete Sioned leise. Sie hob den Knaben aus der Wiege und hielt ihn an ihr Herz. Ihre Lippen liebkosten den goldenen Flaum auf seinem Kopf. Er hörte auf zu wimmern und schmiegte sich an sie. »Mein Sohn, jetzt und für alle Zeiten.«
    »Das wagt Ihr nicht!« Ianthe mühte sich hoch, stöhnte, fiel in ihre Kissen zurück. »Nehmt Eure Hände fort von ihm! Ihr werdet es nicht wagen, ihn mir zu stehlen!«
    »Ihr seid es gewesen, die dieses Kind aus dem Körper meines Gemahls gestohlen habt.« Sioned sah die Prinzessin jetzt direkt an, hielt das Baby fester und wickelte es in seine Decke. »Ich bringe Rohan zurück, was ihm gehört – und mir.«
    »Ich werde Euch in Eurem eigenen Feuer verbrennen lassen! Wache!«, schrie Ianthe mit einer Stimme, die von früherem Schreien schon heiser war. »Wache!«
    »Seid ruhig«, murmelte Sioned geistesabwesend und strich mit einem Finger über die runde Wange des Kindes.
    Tobin trat neben sie und starrte auf den Knaben, als wäre sie unfähig, die Wirklichkeit zu begreifen. »Ach, Sioned«, flüsterte sie. »Er ist so schön …«
    »Und er gehört mir.« Sioned hielt ihn so, dass Ostvel ihn sehen konnte.
    »Gebt ihn mir«, erklärte dieser.
    »Du Hexe!«, heulte Ianthe. »Ich bringe dich mit meinen eigenen Händen um …«
    Sioned wich zurück, als Ostvel die Hände nach dem Kind ausstreckte. »Nein! Er gehört mir!«
    »Glaubt Ihr, ich wollte ihn der da zurückgeben?«, fauchte er und nahm das Kind. Mit fester Hand entfernte er schnell die Samtdecke. In einem Schauer aus golddurchwirktem Violett fiel sie zu Boden. »Kein Sohn von Rohan trägt Roelstras Farben.«
    Der Rauch wurde immer dichter. Ihre Panik verlieh Ianthe Kraft, und sie erhob sich nackt aus ihrem Bett. Ihre Finger krallten sich in die Vorhänge, ihr Gesicht war zu einer Maske der Wut verzerrt, als sie sich an einem Bettpfosten abstützte. »Dafür werdet ihr sterben, ihr alle!«
    Sioned ging langsam zu ihr und löste Ianthes Finger von den Vorhängen. »Du hast noch etwas, was mir gehört, Ianthe.« Die Prinzessin versuchte sie zu schlagen, aber Sioned war schneller und stärker. Sie packte ein Handgelenk und verdrehte es. Ianthe stöhnte und brach auf dem Bett zusammen. Sie fluchte, als Sioned ihr den Smaragd vom Finger zog und ihn an seinen rechtmäßigen Platz an ihrer eigenen Hand zurückschob.
    Wieder kam Ianthe hoch. Ihre Augen waren jetzt schmal vor Wut. »Du wagst es, mir meinen Sohn zu nehmen? Du Hure! Ich werde ihn abschlachten, und Rohan und du, ihr werdet dabei zusehen!«
    »Mutterliebe«, meinte Ostvel.
    Ianthe kam schwankend auf die Füße. »Hat Rohan dir erzählt, wie es gewesen ist?«, brüllte sie Sioned zu. »Hat er dir erzählt, wie er mich hier in diesem Bett geliebt hat? Er gehört jetzt mir, und sein Sohn mit ihm! So, wie es sein sollte!«
    Sioned ohrfeigte sie ganz plötzlich mit dem Handrücken, und der Smaragd hinterließ einen Riss auf Ianthes perfekter Wange. Sie stürzte in die Kissen zurück. Jetzt stand Angst in ihren Augen. Sioned genoss das

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