Sonnenlaeufer
einen Krug sauberes Wasser über seinen Kopf. »Den Rest kannst du selbst waschen. Du weißt ja, was passiert, wenn ich auch das erledige, und jedes Mal wieder.«
Er lächelte ihr über die Schulter zu. »Und dabei wurde es gerade interessant!«
Rohans Bad war weit weniger interessant und wurde lange hinausgeschoben. Seine Mutter blieb geraume Zeit bei ihm und ließ ihn die ganze Geschichte des Drachentötens zweimal erzählen, wobei sie seine Wunde reinigte und verband. Anschließend erklärte sie ihm, dass er entschieden ein Narr gewesen sei, eine solch gefährliche Sache zu unternehmen – ehe sie plötzlich zu weinen anfing.
Endlich erschien Andrade, schickte die Prinzessin in ihre eigenen Gemächer und deutete wortlos auf die Badezimmertür. Rohan zuckte zusammen.
»Ich habe dich am Morgen deiner Geburt gewaschen«, erinnerte sie ihn. »Damals hast du mir die Faust ins Auge gebohrt. Das war dir nur ein einziges Mal erlaubt, Prinz oder nicht Prinz, also sieh mich nicht so mordlustig an. Ich will unter vier Augen mit dir reden.« Sie musterte den kleinen Knappen, Walvis, der sie ins Zimmer geleitet hatte. »Geh nur, Kind. Ich bin sehr wohl in der Lage, ihm Seife und Handtücher zu reichen.«
Walvis warf Rohan einen unsicheren Blick zu. Der nickte jedoch und meinte: »Komm später wieder. Ich habe noch Arbeit für dich.« Der Knabe verbeugte sich und eilte davon.
Rohan ging ins Bad, entledigte sich seiner Kleider – errötend, als der kritische Blick seiner Tante über ihn glitt – und stieg in das kühle Wasser. Sie fing sofort an zu reden, ganz, wie er es erwartet hatte.
»Ich weiß nicht, welches Spielchen du zu spielen gedenkst, aber ich mag keine Intrigen, die nicht meine eigenen sind. Schon gar nicht, wenn der Herr dieses Plans mein eigener Verwandter ist und mir nicht erzählen will, was er vorhat.«
»Warum glaubst du denn, dass ich etwas vorhabe?«
»Süße Unschuld! Du machst das sehr gut, Rohan, aber versuch es nicht bei mir! Warum hast du diesem Mädchen nicht den gebührenden Empfang bereitet? Oh, nicht gleich als künftige Prinzessin, ich gebe zu, dass ich das in gewisser Weise verstehen kann. Aber wenn sich Urival nicht um sie gekümmert hätte, dann stände sie noch immer im Hof.«
»Ich wusste doch, dass ich auf ihn zählen kann.« Entschlossen bearbeitete Rohan seinen schmutzigen Fuß.
»So, das wusstest du, ja? Und zählst du auch auf Sioned? Sie sagt nur sehr wenig – auf dein Geheiß hin, vermute ich –, nämlich nur, dass ihr übereingekommen seid, bis zum Rialla zu warten.« Sie schnaubte. »Als ob ihr so lange brauchen würdet, um einander kennenzulernen, wo ihr doch das Feuer schon gespürt habt.«
»Hast du es je gespürt?«, fragte er plötzlich.
»Das geht dich überhaupt nichts an«, bellte sie.
Nachdem sein Ablenkungsversuch missglückt war, beschloss er, sich einem Thema zuzuwenden, das ihn zutiefst beschäftigte. »Was hat sie sonst noch gesagt?« Seine Nerven waren angespannt. Wenn er Sioned nicht vertrauen konnte, war alles ruiniert.
»Dass du interessante Augen hast«, antwortete Andrade verächtlich.
Rohan unterdrückte ein Lächeln. »Du hast mir übrigens nicht gerade viel von ihrer Familie erzählt.«
»Ich sagte, Genealogie sei Milars Hobby, nicht deines. Väterlicherseits stammt Sioned von einem Prinzen von Syr ab, dessen jüngerer Sohn den Landbesitz am River Run erbte. Ihre Großmutter mütterlicherseits war Lichtläuferin, bis Prinz Sinar von Kierst ein Auge auf sie warf und sie auf seine Insel entführte. Sioneds Stammbaum ist also gut genug für dich.«
»Du hast sie für mich ausgesucht, deshalb habe ich nie daran gezweifelt«, erklärte Rohan bewusst süß. »Was glaubst du denn, dass ich plane?«
»Du musst noch subtiler werden«, schalt sie, und er spürte, wie ihm brennende Hitze in die Wangen schoss. »Die Sache mit dem Rialla verrät mir eine Menge, musst du wissen. Ich freue mich schon darauf, zu sehen, wie du Roelstra mit großen Augen anblinzelst und ihn glauben machst, du wärest ein Dummkopf.«
Er lachte. »Ziemlich dumm und sehr jung, aber bitte, kein kompletter Idiot!« Er stieg aus der Wanne und schlang sich ein Handtuch um die Hüften.
»Sioned hätte wohl auch noch etwas über andere Körperteile als deine Augen zu sagen«, bemerkte Andrade boshaft.
Wenn es ihre Absicht gewesen war, Rohan erröten zu machen, so konnte sie jetzt Erfolg verzeichnen. Er verfluchte seine helle Haut und funkelte sie wütend an. »Ich nehme an, du
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