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Sonnenlaeufer

Sonnenlaeufer

Titel: Sonnenlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
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dunklen Stoppeln seines Bartes kratzten an ihrer Wange, als er sie fest an sich drückte.
    »Du hast mir eine Todesangst eingejagt, du dummes Ding«, brummte er.
    Sie kuschelte sich in seine Arme, denn sie interpretierte seine Worte zu Recht als Beweis seiner Liebe. Dann küsste sie ihn auf den Nacken und löste sich von ihm. »Jetzt geht es mir wieder gut. Bist du die ganze Nacht über wach geblieben?«
    Er drückte sie zurück in die Kissen, als wäre sie aus Fironeser Kristall. »Du hast da draußen aufgehört zu atmen, weißt du. Deshalb habe ich ständig mitgezählt, während du geschlafen hast.«
    Sie biss sich auf die Lippen und brachte dann ein »Es tut mir leid, mein Herz« hervor.
    »Das sollte es auch. Dreh dich um und schlaf weiter.«
    »Ich kann nicht. Ich muss mit Sioned sprechen, ehe Rohan es tut – und vor allem, ehe Andrade Gelegenheit bekommt, sie anzuschreien. Es war wirklich nicht ihre Schuld, weißt du.«
    »Ich verstehe überhaupt nichts Derartiges.« Er runzelte die Stirn.
    »Chay.« Tobin seufzte ungeduldig. »Kommt sie dir wirklich vor wie ein Mensch, der einfach unvorsichtig ist? Oder, um es anders auszudrücken, hätte Andrade sie für Rohan ausgewählt, wenn sie das wäre? Ich weiß genau, welche Erfahrung ich letzte Nacht gemacht habe. Ich möchte nur, dass sie mir genau erklärt, was passiert ist, das ist alles. Wir müssen es beide wissen.«
    »Das kann ich nicht abstreiten.«
    Sie zögerte und zupfte an seinem Ärmel. »Ist das für dich wichtig? Dass es sich herausgestellt hat, dass ich …«
    »Für mich ist nur wichtig, ob du noch sicher bist. Und es war noch kein wirklicher Beweis dafür, dass du eine Faradhi bist. Ich werde einen Diener bitten, das Mädchen zu suchen.« Er erhob sich und ging zur Tür. Dort drehte er sich um. »Aber wenn so etwas noch einmal passiert …«
    »Das wird es nicht«, versprach sie, hielt es aber nicht für ratsam, ihm schon jetzt zu erklären, dass es sich nicht wiederholen würde, weil Sioned ihr beibringen sollte, wie man die Gabe einsetzt.
    Die Lichtläuferin erschien schon wenige Augenblicke später – als hätte sie darauf gewartet, gerufen zu werden, oder es befürchtet. Sie trug noch immer dasselbe graue Gewand, allerdings ohne Schleier; der Sand, der noch immer unterhalb der Knie an ihrem Gewand klebte, und die dunklen Ringe unter ihren Augen verrieten Tobin, dass Sioned nicht geschlafen und sich wahrscheinlich nicht einmal auf ihr Bett gelegt hatte. Sioned verneigte sich tief und setzte sich in einen Sessel neben dem Bett, als sie dazu aufgefordert wurde, sah aber keinen von ihnen an.
    »Es gibt nichts zu verzeihen«, fing Tobin an. »Es war ein Unfall, wenn ich verstanden habe, was geschehen ist.«
    »Ich wünschte, irgendjemand würde es auch mir erklären«, murmelte Chay.
    Sioned starrte auf ihre fest verschränkten Finger. »Vor einigen Tagen hat Lady Andrade über das Sonnenlicht mit mir in der Schule der Göttin Kontakt aufgenommen, Herr. Prinzessin Tobin war Teil dieses Lichtlaufes, und so lernte ich die Farben Ihrer Hoheit kennen.«
    »Meine Gemahlin ist keine Faradhi «, sagte Chay.
    Tobin zuckte mit den Schultern. »Kannst du dich noch an das einzige Mal erinnern, wo du mich zum Segeln mitgenommen hast? Mir wurde im selben Augenblick übel, als ich ins Boot trat.«
    »Ja, weil du schwanger warst und wir es noch nicht wussten.«
    »Nein, Lieber«, sagte Chay. »Das war nicht der Grund.«
    Er funkelte sie böse an. Dann wandte er sich Sioned zu, die mit gebeugtem Kopf dasaß. »Also schön«, meinte er schließlich. »Erzählt mir, was passiert ist.«
    »Ich bin unwürdig, meine Ringe zu tragen«, murmelte Sioned. »Der Prinz hatte recht.«
    »Es war nicht dein Fehler, und mein Bruder ist ein Narr«, widersprach Tobin. »Andrade hätte schließlich auch wissen müssen, dass es mich fesseln würde.«
    »Nicht einmal sie weiß alles«, warf Chay ein.
    »Aber sie hat immer gewusst, dass ich die Gabe besitze.« Tobin hielt für einen Moment seinen Blick fest, ehe sie sich wieder Sioned zuwandte. »Es war unbeschreiblich, Sioned. Nie im Leben habe ich solche Schönheit gesehen.«
    »Ihr habt gefühlt, was wir taten, und wolltet daran teilhaben, Hoheit. Aber Ihr seid niemals ausgebildet worden. Weil wir uns schon einmal berührt hatten, habt Ihr meine Farben erkannt und ich die Euren. Es ist äußerst schwer zu erklären, Herr«, fuhr sie fort und sah endlich Chay an. »Ihr müsst es Euch wie ein Fironeser Kristallfenster vorstellen,

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