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Sonnenschein oder wie mir das Leben den Tag versaute

Sonnenschein oder wie mir das Leben den Tag versaute

Titel: Sonnenschein oder wie mir das Leben den Tag versaute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jochen Till
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dann käme ein elektrischer Rasenmäher dran. Ob ich auch einmal so ein aufregendes Leben führen würde?
    Sein Herrenabend war allerdings erstaunlich lustig gewesen. Wir waren zu fünft und schon alle ziemlich dicht, als wir beschlossen den Abend im Viertel ausklingen zu lassen.
    Mein Cousin wollte unbedingt in eine Stripteaseshow und wir gingen in diesen Schuppen namens Lido . Ich musste dem verdammten Türsteher meinen Ausweis zeigen, weil er nicht glaubte, dass ich schon achtzehn war. Gott, war das peinlich! Die Jungs zogen mich natürlich damit auf. Wie es im Lido aussah, weiß ich nicht mehr genau, nur noch, dass alles rot war. Die Theke war rot, die Stühle hatten rote Bezüge und die Drehscheibe in der Mitte des Raumes war ebenfalls rot. Wir waren die einzigen Gäste und setzten uns direkt an die Drehscheibe, wo die Mädchen sich vor uns ausziehen würden.
    Das erste Mädchen war eine cirka 35-jährige Asiatin mit Cellulitis und tellergroßen Brustwarzen. Sie tanzte zu George Michaels I want your sex und zog sich dabei aus und war kein schöner Anblick. Die Nächste war mindestens zehn Jahre jünger und blond und tanzte zu irgendeiner 70er-Jahre-Discoscheiße. Wenn sie nicht untenrum rasiert gewesen wäre, hätte ich sie mir bestimmt länger angesehen, aber so fand ich sie irgendwie abstoßend. Dann kam das dritte Mädchen und ich habe mich unsterblich verliebt. Gott, wie schön sie war! Ich konnte es nicht fassen. Damit rechnete man in so einem Schuppen nun wirklich nicht. Nicht nur, dass sie ein gottverdammtes Brett war, sie hatte auch noch ein unverschämt hübsches Gesicht, sodass mir gar keine andere Wahl blieb, als mich zu verlieben. Außerdem war sie noch ein richtiges Mädchen, höchstens zwanzig, schätzte ich. Sie tanzte zu Nothing compares to you von Sinead O’Connor und sie bewegte ihre Lippen zum Text und lächelte mich die ganze Zeit dabei an. Ich lief rot an wie ein Feuerlöscher und lächelte verlegen zurück. Die Jungs stießen mir mit den Ellenbogen in die Rippen, womit klar war, dass ich mir ihre Blicke nicht nur einbildete. Sie lächelte und bewegte ihre Lippen und sah mich dabei an, als würde sie dieses Lied nur für mich singen und jedes einzelne Wort ernst meinen. Warum tut sie das?, fragte ich mich. Warum gerade ich? Als ihre letzte Hülle fiel, wusste ich, warum. Ich trug an diesem Abend ein Tim-und-Struppi-T-Shirt, und als sie ganz ausgezogen war, drehte sie mir den Rücken zu und bückte sich, sodass ich ihren Hintern genau vor meiner Nase hatte. Auf ihrer linken Pobacke strahlte mir ein Tattoo entgegen. Tim und Struppi, nur die Köpfe. Genau wie auf meinem T-Shirt. Sensationell. Ich nahm all meinen Mut zusammen und wollte sie ansprechen, aber sie hatte sich schon einen Morgenmantel übergezogen und war gegangen.
    Mein Cousin sprang auf und ging ihr nach. Ich konnte sehen, wie er mit ihr redete, seine Brieftasche herausholte und ihr einen Schein in die Hand drückte. Dann kam er zurück und grinste mich an und sagte, ich solle mit ihr gehen; er hätte alles geregelt. Sofort standen mir der Schweiß auf der Stirn und die Panik im Gesicht. Sonst stand allerdings nichts. Ich wollte und konnte nicht so einfach auf Befehl. Außerdem war sie viel zu schön, um einfach nur mit ihr zu schlafen. Sie stand in einer Tür mit einem Vorhang und gab mir mit dem Zeigefinger das Zeichen, zu ihr zu kommen. Die Jungs hoben mich aus meinem Stuhl und schubsten mich in ihre Richtung. Sie zog den Vorhang beiseite und schob mich hinein. Ich erwartete ein riesengroßes, mit rotem Samt bezogenes Bett mit herzförmigen Plüschkissen, die verboten rochen, aber dem war nicht so. Mehr als erleichtert stellte ich fest, dass ich mich nur in einem Separee mit einem roten Sofa und einem kleinen Tisch davor befand.
    Mein Cousin hatte sie nur dafür bezahlt, einen Piccolo mit mir zu trinken und ein bisschen nett zu sein, und das war sie dann wirklich. Ihr Name war Jacqueline, aber eigentlich hieß sie Britta und sie war keine Nutte, wie sie mir versicherte. Sie würde nur im Lido tanzen, um ihr Studium zu finanzieren. Schließlich sei das auch nur ein Job wie jeder andere und ins Bett ginge sie mit keinem. Sie redete und redete und redete und sah so süß dabei aus. Manchmal streichelte sie mein Bein oder fuhr mir mit der Hand durch die Haare und mit jeder Berührung war ich ein bisschen mehr in sie verliebt. Sie redete über Tattoos, über Tim und Struppi, über stinkende Männer und über die sorgfältige Auswahl

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