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Sonnenschein oder wie mir das Leben den Tag versaute

Sonnenschein oder wie mir das Leben den Tag versaute

Titel: Sonnenschein oder wie mir das Leben den Tag versaute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jochen Till
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das war es wahrscheinlich schon.
    »Prost!«, sagte ich und kippte meinen Tequila herunter.
    »Prost, mein Junge!«, tat es mir Erwin gleich.
    »Schmeckt wie Affenpisse«, sagte er und ich zweifelte keinen Moment daran, dass er genau wusste, wovon er sprach. »Trotzdem, danke. Werd mich bei Gelegenheit dafür tranchieren.«
    Mickey Rourke! Das war es! Er sah aus wie Mickey Rourke in Barfly , nur 2 0 Jahre älter. Ich wusste, ich würde noch darauf kommen. So etwas ließ mir einfach keine Ruhe.
    Er hatte denselben versoffenen Blick und hing genauso an der Theke wie Mickey Rourke in Barfly .
    »Wo kommst’n her?«, fragte er.
    »Ich komme direkt aus der Hölle«, sagte ich, weiß der Teufel, warum.
    »Ach was?!«
    Er nahm einen Schluck von meinem Bier.
    »Bist ’n Zombie oder so?«
    »So was Ähnliches.«
    »Siehst aber noch verdammt gut aus für ’nen Zombie. Hab die Kerle neulich in der Glotze gesehen. Die sehen aus!«
    Wieder trank er einen Schluck von meinem Bier.
    »Wie ist es denn so in der Hölle?«, wollte er wissen.
    »Es ist die Hölle, sag ich dir.«
    »Ach was?! Wieso?«
    »Der Teufel hat eine Tochter.«
    »Hat er auch ’ne Alte?«
    »Keine Ahnung. Hab keine gesehen.«
    Ich bestellte noch zwei Tequila und schob einen zu Erwin Barfly. Wir tranken und ich bestellte zwei Pils, damit er mir nicht dauernd in mein Glas sabberte.
    »Danke«, sagte er. »Bist echt ’n prima Bursche.«
    Ich bot ihm eine Zigarette an und fackelte ihm beim Anzünden fast die Nase ab.
    »Was war denn jetzt mit der Tochter vom Teufel?«, fragte er.
    »Sie war wunderschön.«
    »Hast’s ihr ordentlich besorgt, hä?!«
    »Nein. Ich habe sie geliebt.«
    »Ist doch kein Verbrechen.«
    »In der Hölle schon.«
    »Scheißweiber. Gibt immer nur Ärger mit den Weibern.«
    »Sie hatte keine Schuld.«
    »Dann eben Scheißteufel, dieser Hurensohn. Aber den Schnaps, den hat er gut gemacht, stimmt’s?! Was gibt’s da unten zu saufen?«
    »Nichts gibt’s da unten zu saufen. Der Scheißteufel hat mit Alkohol überhaupt nichts zu tun. So sieht’s nämlich aus.«
    »Ach?! Du meinst, Alkohol gibt’s nur im Himmel?«
    »Den Himmel gibt’s überhaupt gar nicht.«
    »Red keinen Quatsch! Steht doch in der Bibel, das mit dem Himmel. Hab’s selbst gelesen.«
    »Es gibt keinen Himmel, verdammt! Ich muss es ja wohl wissen, oder? Es gibt nur die Hölle und das hier.«
    »Na, dann kannst ja froh sein, dass du hier gelandet bist.«
    »Wieso?«
    »Hier gibt’s wenigstens was zum Saufen. Prost!«
    »Ja, Prost! Scheiße!«
    Ohne Tequila wäre dieses Gespräch wohl kaum zu ertragen gewesen und selbst mit wurde es langsam zu viel. Dabei war es nicht einmal dieser Erwin, der mich so nervte, sondern mein eigenes Scheißgelaber. Die Hölle, der Teufel und seine Tochter! Manchmal hatte ich sie echt nicht mehr alle. Wieder einmal war es höchste Zeit zu verschwinden, aber ich hatte keine große Lust, mich großartig von Erwin Rourke Barfly zu verabschieden und mir ein verlogenes »Das nächste Mal geb ich einen aus« anzuhören. Netterweise tat er mir den Gefallen, nach zwei weiteren Tequilas mit dem Kopf auf die Theke zu knallen und einzuschlafen. Ich winkte dem Wirt und presste dabei einen Zeigefinger auf die Lippen. Er verstand sofort und zog mich leise ab. Ich verließ das »Fasanen-Eck« mit dem Gedanken, wahrscheinlich zum ersten und letzten Mal dort getrunken zu haben. Wiederfinden würde ich es sowieso nicht mehr. Dazu hätte ich wissen müssen, wo ich überhaupt war.

sechzehn
    Genauso wenig wusste ich, wie ich dorthin gekommen war, wo ich mich einige Zeit später wiederfand. Auf einmal war ich mitten im Bahnhofsviertel, im Rotlichtbezirk. Nüchtern wäre ich sofort in das nächste Taxi gesprungen und hätte dem Fahrer gesagt, er solle mich möglichst schnell hier herausbringen. Nüchtern würde ich im Bahnhofsviertel vor Paranoia tot umfallen. Hier liefen Jungs herum, die so böse aussahen, dass sie in Hollywood einen Oscar dafür bekommen hätten. Ich rechnete jeden Moment damit, ein Messer im Bauch zu haben oder in den Lauf einer 45er zu blicken, aber an diesem Abend hätte mich selbst das nicht mehr beunruhigt.
    Ich war vorher schon zweimal im Bahnhofsviertel gewesen. Einmal mit Bender und das andere Mal an dem Herrenabend meines Cousins. Dieser Idiot hatte doch tatsächlich geheiratet, mit zwanzig! Jetzt war er einundzwanzig und sparte auf eine neue Einbauküche, und wenn er die erst mal hätte, würde er auf eine neue Couchgarnitur sparen und

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