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Sonnenschein oder wie mir das Leben den Tag versaute

Sonnenschein oder wie mir das Leben den Tag versaute

Titel: Sonnenschein oder wie mir das Leben den Tag versaute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jochen Till
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Penthouse-Hefte. Damit konnte man bei den Jungs natürlich keinen Eindruck schinden. Es musste etwas geschehen. Ich wollte keine Null mehr sein. Von Bender wusste ich, dass er es schon oft getan hatte, auch im Bahnhofsviertel, also bat ich ihn mich mitzunehmen. Er musste mir vorher alles genau erklären. Was es kostete, wie man die Mädchen ansprach und ob man selbst Pariser mitbringen musste oder nicht.
    Ich war fest entschlossen, als wir an diesem Abend in Richtung Viertel loszogen. Zum Teufel mit der Unschuld! Bender führte mich schnurstracks in ein Haus in der Taunusstraße. Er wusste genau, wo er hinwollte, und es beruhigte mich, dass er sich so gut auskannte. Wir gehen Treppensteigen, hatte er mir erklärt, und ich konnte mir natürlich nicht viel darunter vorstellen. Treppensteigen? Sollte ich meine Unschuld auf einer blöden, kalten Treppe verlieren? Viel kosten konnte das jedenfalls nicht.
    Wir gingen also in dieses Haus und stiegen die Treppen hinauf. Schon im ersten Stock gingen wir durch eine Tür und befanden uns auf einem langen, roten Flur mit vielen Zimmern. Manche waren verschlossen und andere standen offen und man konnte hineinsehen. In jedem Zimmer stand ein großes Bett, auf dem jeweils ein bis zwei Mädchen saßen. Manche sahen fern und andere unterhielten sich miteinander und ein Mädchen las gerade in einem Buch. Jetzt war ich schon nicht mehr so fest entschlossen den großen Schritt zu tun. Ich konnte doch nicht zu einem dieser Mädchen gehen und fragen, was es kostet, und dann mit ihm schlafen, und wenn ich fertig wäre, einfach wieder gehen, als wäre nichts gewesen. Ich hatte das Gefühl, dass das so nicht richtig wäre. Sollte man ein Mädchen nicht wenigstens kennen oder irgendwie mögen, wenn man es mit ihm machte? Schließlich war es doch etwas sehr Persönliches, jemandem körperlich nahe zu kommen. So hatte ich es jedenfalls immer empfunden. Diese verdammten Jungs mit ihren blöden Geschichten! Nie wieder würde ich auf sie hören.
    Bender war mittlerweile in einem der Zimmer verschwunden und rief mich. Zögernd trat ich ein. Es war so, als hätte ich etwas ausgefressen und müsste zum Direktor, um meine Strafe entgegenzunehmen. Ich hatte Angst und mir war schlecht. Bender stand dort neben diesem Mädchen und feilschte um den Preis. Es ist sein erstes Mal, sagte er zu ihr. Mach ihm einen Sonderpreis! Sie war sehr hübsch und sehr sexy angezogen. Wenn ich sie so im Quelle-Katalog gesehen hätte, wäre es mir schwergefallen, mich zurückzuhalten. Aber jetzt stand sie wirklich vor mir und war so echt und ein richtiges Mädchen, und es sah mich an und sagte etwas von 4 0 Mark, ausnahmsweise. Sie zwickte mich in die Backe und mit der anderen Hand griff sie mir sanft in den Schritt. »Brauchst keine Angst zu haben«, sagte sie. Das kriegen wir schon hin. Von wegen. Ich rannte panisch aus dem Zimmer, die Treppe hinunter und raus auf die Straße. Man soll nichts erzwingen, redete ich mir ein. Warte lieber noch! Das richtige Mädchen wird kommen und das erste Mal wird wunderschön werden. Wenn ich das mit der Ente damals auch nur im Entferntesten geahnt hätte, wäre ich wahrscheinlich die Treppen wieder hochgeflogen und meine Unschuld hätte für 4 0 Mark den Besitzer gewechselt. Aber wer kann so was schon ahnen?
    Ich stand jetzt direkt vor dem Treppenhaus in der Taunusstraße. Sollte ich heute das Versäumte nachholen? Würde ich es dieses Mal fertigbringen? Ich zählte mein Geld. 7 0 Mark, das würde reichen. Wäre es möglich, die Traurigkeit und Kelly in einem verschrumpelten, klebrigen Pariser zurückzulassen und sie so wenigstens für heute loszuwerden? Alles andere hatte versagt. Die Chance, dass es funktionieren würde, war sehr klein, das wusste ich, aber es war meine letzte. Schlimmer konnte es ohnehin nicht werden, es sei denn, ich würde an einen Transvestiten geraten und es erst merken, wenn es schon viel zu spät war.
    Ich ging die Treppen hoch. In den ersten Stock wollte ich nicht. Vielleicht war dieses Mädchen noch da und würde mich wiedererkennen und auslachen. Ich ging ganz nach oben in den fünften Stock und musste erst einmal verschnaufen, bevor ich die Tür öffnete. Kaum dass ich drinnen war, stürzten sich schon drei Mädchen auf mich und griffen mir überall hin. In den fünften Stock schien sich selten jemand zu verirren. Kein Wunder, denn die Mädchen dort oben waren, milde ausgedrückt, nicht gerade sehr hübsch.
    Ich flüchtete wieder auf die Treppe. Den vierten

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