Sonnenscheinpferd
lächelst, das ist konkreter, als wenn du nur mit den Augen lächelst. Egal wie, es ist ein strahlendes und neutrales Lächeln, es verlangt nie eine Stellungnahme, weder pro noch contra, es ruht nur in sich selbst und verlangt kein Gegenlächeln.
Du brauchtest die ganze Strecke aus dem Melar-Viertel ins Þingholt-Viertel für eine Wegbeschreibung zu einem Sommerhaus in Fljótshlíð mit hellblauem Dach, mit Abschweifungen.
So wie du es handhabst, ist eine ausführliche Wegbeschreibung mit Abschweifungen nicht ermüdend. Du hast es immer verstanden, nicht ermüdend zu sein, auch wenn du detailliert und ausführlich wirst, was dein Stil ist, und auf unbefestigte Straßenränder und Kanalrohre hinweist, dort, wo die Straße sich verengt. Unglaublicherweise kannst du auch ebenso gut zuhören, lange lange lange, ohne selber etwas zu sagen, obwohl man es kaum Schweigen nennen kann, wenn dir das Lächeln in die Augen steigt, und das trifft sich gut, wenn ungesagte Geschichten hereinbrechen, darunter eine mit einem neuen Schluss, den ich noch vor Fljótshlíð herausfinden muss, in diesem Haus in Hafnarfjörður, dem ich schon lange einen Besuch abstatten wollte.
Du gabst mir am Spitalstieg zwei himmlische Abschiedsküsse, ich dir auch, und ich ließ den Mazda dort auf dem Bürgersteig stehen und ging heim zu meinem Elternhaus und du zu deinem.
Ein altes Glücksgefühl wollte sich bei mir einschleichen, und im gleichen Moment begannen die Kräfte zu schwinden. Ich fühlte mich so daneben wie bei einer Grippe, ich hatte auch Gliederschmerzen, deswegen griff ich auf deine Wegbeschreibung zum Sommerhaus mit dem blauen Dach zurück und schrieb sie in meiner Fassung auf zwei Seiten nieder. Wer weiß, vielleicht bringe ich sie dir mit, damit du dich darüber amüsieren kannst.
Mir wurde ganz schwummrig beim Gedanken an nicht verwirklichte Liebkosungen und an eine lange Geschichte über alles, was niemand weiß, und vielleicht sollte ich dich unter anderem verschonen mit dem Tag, an dem ich damals doch wieder aufwachte, denn du warst meinetwegen immer so betroffen, wie sich an dem blaugrauen Anorak aus dem Scout-Geschäft zeigte, und ich wurde noch kraftloser angesichts des bevorstehenden Glücks, das gerade begonnen hatte; eine über sich selbst gerührte Person; und drei überlebende Mandolinen aus einem Orchester, das aufgelöst wurde, weil ich zur Welt kam, sind immer noch im karminroten Grünen Salon zugange (die alten Herzen schlagen im Sherry-Takt, da mitgeträllert wird) und das alles übertönende Silber in Ragnhilds Stimme, der weder Kettenrauchen, lebenslanges Liebesleid noch die toten Kinder auf der Station etwas anzuhaben vermochten.
Schön ist das Lei
dei dei dei dei dei dei …
Ich erwachte überglücklich und wie erschlagen nach langem, dichtem Schlaf, genauso hatte ich den Schlaf zu Zeiten der Spaziergänge mit dem Liebsten in Erinnerung. Fljótshlíð kam in diesem Traum vor und die Suche nach einem Sommerhaus mit blauem Dach, das ich nicht fand, obwohl ich mitmeinem Sportwagen schon fast am Ziel war. Aber ich wusste, dass ich es im Wachen auf Anhieb finden würde, denn der Weg dorthin war nicht kompliziert und deine
Wegbeschreibung
präzise, noch dazu von mir selber niedergeschrieben, mit Einschüben.
Ich hätte ganz gut gleich mit dir fahren können. Ich hätte die Nachtschicht mit Erla oder Tóta tauschen können. Aber ich musste noch etwas erledigen, was keinen weiteren Aufschub duldete. Noch vor der Reise in die Fljótshlíð musste ich mit dem Kind mit den Zöpfen sprechen, mit Dór. Es hatte etwas mit deiner Rückkehr zu tun und mit unserem Wiedertreffen nach komplizierten und verwinkelten Umwegen. Das Leben ordnete sich mit furchterregender Geschwindigkeit, ohne Vorwarnung; es sollte ohne doppelte Arbeit geschehen, mit einem neuen Ende aus einem Haus in Hafnarfjörður, bevor mein wunderschöner Liebster (wie der Prinz im Märchen von Dór) und ich das Leben an sich in einer neuen Zeit mit Liebkosungen in Angriff nehmen konnten, und hoffentlich Renovierungsarbeiten an beiden Orten.
Das Märchen von der Königstochter Dór
Die Königstochter Dór war gerade zur Welt gekommen, als sie im Hafen an Land gespült wurde. Sie lag wie Moses in einem Weidenkörbchen. Hafenarbeiter retteten ihr das Leben und wärmten sie, indem sie heißes Wasser in Flaschen füllten. Einer dieser guten Männer war mit der Näherin Nellí Rósa in der Grettisgata verlobt, und dorthin begab er sich mit dem armen Kind,
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