Sonnenstürme
einen Weg durch die Menge aus Ärzten, die vor dem Weisen Imperator eingetroffen waren. Rusa’hs Erwachen aus dem Subthism- Schlaf hatte sie alle überrascht.
Die Bediensteten trugen den Chrysalissessel in den Medo-Raum, und Jora’h dehnte sich im Thism, folgte den Myriaden silbriger Linien der Seelenfäden. Doch obwohl der Hyrillka-Designierte jetzt wach war, konnte Jora’h ihn nicht spüren. Sein Bruder schien für das alles umfassende Netz des Thism unsichtbar zu sein. Ein weiterer Teil des größer werdenden Rätsels… Aber an erster Stelle kam die Freude über Rusa’hs Erwachen.
Der Hyrillka-Designierte saß benommen auf seinem Bett und blickte sich um. Als Jora’h seinen früher so vergnügungssüchtigen Bruder musterte, sah er das Gesicht eines Fremden. Rusa’h war hohlwangig und blass, wirkte nicht mehr aufgeschwemmt, sondern wie ausgemergelt nach Monaten der Katatonie. Er hatte gern gelacht, sich mit Gespielinnen umgeben und Luxus genossen. Sein pausbäckiges Gesicht war immer fröhlich gewesen, doch jetzt zeigten sich Schatten darin.
Thor’h lief zu Rusa’h und umarmte ihn, ohne auch nur zu versuchen, sich an das Protokoll zu halten oder würdevoll zu sein. »Onkel!« Thor’hs kurzes Haar war struppig, das seines Onkels hingegen voll und lang – er war bewusstlos gewesen, als alle anderen ildiranischen Männer sich nach dem Tod des früheren Weisen Imperators das Haar abgeschnitten hatten.
»Thor’h…?«, fragte der Hyrillka-Designierte und versuchte, sich zu erinnern. »Ja, Thor’h. Sind die Hydroger fort?«
»Ja, Onkel. Die Hydroger haben schreckliche Verwüstungen angerichtet, aber jetzt sind sie fort. Ich habe bei den Wiederaufbauarbeiten geholfen. Wenn du heimkehrst, kannst du meine Leistungen bewundern.«
Pery’h trat neben den Erstdesignierten und neigte förmlich den Kopf. »Ich bin dein neuer Designierter-in-Bereitschaft, Onkel. Es erleichtert mich sehr, dass du mir während der Übergangsjahre mit deinem Rat helfen kannst. Wir hatten schon befürchtet, du würdest nie wieder erwachen.«
Rusa’h schien zu begreifen, was es bedeutete, dass sein Bruder Jora’h im Chrysalissessel saß, wo er den alten Cyroc’h erwartet hatte. Er stellte keine Fragen, schwieg eine Zeit lang und erweckte dann den Eindruck, an der neuen Situation überhaupt nicht interessiert zu sein.
Die Bediensteten brachten Jora’hs Sessel neben das Bett des Designierten, und dort streckte er die Hand aus. »Es freut uns, dich wieder unter den Lebenden zu wissen, Rusa’h. Das Reich braucht dich.«
Rusa’h ergriff sie mit erstaunlicher, fast trotziger Festigkeit. »Ja… wieder unter den Lebenden.« Er seufzte tief. »Ich bin aus der Sphäre reinen Lichts zurückgekehrt. Ich befand mich auf einer höheren Existenzebene, umgeben von der Lichtquelle, überflutet von ihrem heiligen Schein.« Er schloss die Augen und öffnete sie dann wieder, so als könnte er kaum glauben, wo er jetzt weilte. »Und jetzt bin ich an einem Ort mit vielen Schatten… so vielen.« Wie zutiefst erschöpft ließ er sich aufs Bett sinken. »Aber ich brauche die Schatten oder die Dunkelheit nicht mehr zu fürchten.«
Rusa’h schien wie durch ein Wunder genesen zu sein… doch es beunruhigte Jora’h, dass er seinen Bruder nicht im Netz des Thism spürte. Rusa’h wirkte wie aus dem Thism entfernt und nicht mehr damit verbunden. »Wir müssen dem Hyrillka-Designierten Gelegenheit geben auszuruhen. Lasst uns gehen. Seine Rückkehr macht dies zu einem großen Tag.«
»Ich bleibe bei ihm«, sagte Thor’h. Der Tonfall des Erstdesignierten wies darauf hin, dass er nicht um Erlaubnis bat.
»Und ich sollte ebenfalls bleiben.« Pery’hs Worte liefen auf eine einfache Schlussfolgerung hinaus.
Bevor Thor’h gegen die Aufdringlichkeit seines jüngeren Bruders protestieren konnte, sagte der Weise Imperator: »Ja, es ist am besten, dass ihr beide bleibt und eurem Onkel helft, wieder zu Kräften zu kommen.« Jora’h forderte die Bediensteten mit einem Wink auf, den Chrysalissessel fortzutragen. »Wir sprechen später miteinander, Rusa’h, wenn du dich besser fühlst.«
26 JESS TAMBLYN
Der abgelegene Wasserplanet fühlte sich nicht mehr wie eine Falle an, denn jetzt wusste Jess, dass er ihn verlassen konnte. Seine neuen Fähigkeiten und die wieder geborenen Wentals nützten nur etwas, wenn er die Wasserentitäten zu den Roamern bringen konnte… und zu Cesca.
Tag für Tag stand er auf dem Riff und beobachtete, wie das Gerüst seines
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