Sonnenstürme
bestimmte Gebäude und Räume zugewiesen werden?«
»Wir üben genug Kontrolle für unsere Zwecke aus, aber wir kennen auch die Nachteile unnötiger Restriktionen. Ein kleines Maß an Freiheit führt zu mehr Kooperation. Einer der Männer, ein kräftig gebauter Bursche namens Benn Stoner, ist zurzeit der Repräsentant des Lagers. Du wirst ihn kennen lernen.«
Daro’h schien nicht zu verstehen. »Wie führt er das Kommando über die Menschen?«
»Normalerweise greifen sie seine Vorschläge auf. Vor hundertfünfundachtzig Jahren terranischer Zeit brachten Ildiraner das beschädigt im All treibende Generationenschiff der Menschen nach Dobro. Für eine Weile lebten Menschen und Ildiraner Seite an Seite, aber… gewisse unangenehme Ereignisse veränderten die Situation.
Einer meiner Vorgänger sah sich gezwungen, die überlebenden menschlichen Kolonisten gefangen zu nehmen, und der Weise Imperator Yura’h hielt es für angebracht, sie in unser langfristiges Zuchtprogramm einzugliedern. Zunächst reagierten die Menschen mit Trotz und hofften auf eine Veränderung ihrer Situation. Aber mein Vorgänger wusste, dass solche Überzeugungen und die so genannten menschlichen Freiheiten, die sie für selbstverständlich hielten, nach ein oder zwei Generationen weggezüchtet werden konnten.«
»Wenn die Menschen Widerstand leisteten… Hätten wir es nicht mit künstlicher Befruchtung und Embryo-Implantation versuchen können?«
»Vielleicht, ja, aber das wäre schwieriger und weniger effizient gewesen. Wir haben auch festgestellt, dass künstlich gezeugte Halbblutkinder häufig ohne oder mit einer nur geringen Thism-Verbindung geboren werden. Das widerspricht unseren Plänen. Letztendlich ergaben sich kaum Probleme. Es gelang uns, den Widerstand der Menschen zu brechen, und deshalb brauchten wir nicht auf andere Mittel zurückzugreifen – was aber noch immer möglich ist, wenn uns nichts anderes übrig bleibt.«
Daro’h trat näher an den Zaun heran. Auf dem zentralen offenen Platz mit Duschen und Sitzbänken reinigten Angehörige des Mediziner-Geschlechts menschliche Frauen, die von der Arbeit heimkehrten. Sie identifizierten jedes Individuum mit Namen und genetischem Kode. Ihre Unterlagen enthielten graphische Darstellungen, die über den Fruchtbarkeitszyklus jeder Frau Auskunft gaben.
»Die Verbindung mit menschlichen Blutlinien verstärkt gewisse ildiranische Eigenschaften. Ein Kind mit nur einem Achtel menschlichem Gen-Material wird zu einem kräftigeren Arbeiter, einem talentierteren Sänger oder einem einfallsreicheren Wissenschaftler. In vielen Fällen haben die betreffenden Personen große Ähnlichkeit mit Ildiranern, und wir ziehen sie als solche auf. Andere sind so anders, dass wir sie hier auf Dobro behalten, bis sie erwachsen sind, und dann setzen wir sie erneut im Zuchtprogramm ein, in der Hoffnung auf eine Nachkommenschaft mit normaler physischer Struktur.«
Daro’h und Udru’h beobachteten, wie Ärzte vier nackte menschliche Frauen riefen und sie anwiesen, die langen Zuchtbaracken zu betreten. Dort würden sie sich mit sorgfältig ausgewählten Angehörigen verschiedener ildiranischer Geschlechter paaren. Es wurde auch Sperma von männlichen Menschen verwendet, aber ildiranische Frauen wurden nicht so leicht schwanger. »Menschliche Frauen sind fruchtbarer als Ildiranerinnen. Die Terraner vermehren sich wie Nagetiere – zum Glück für uns.«
Daro’h zeigte großes Interesse. »Sind sie deshalb so versessen darauf, viele Welten zu besiedeln? Weil ihr Volk wächst und sie Lebensraum benötigen?«
Udru’h schüttelte den Kopf. »Nein, sie brauchen keinen Lebensraum. Sie wollen nur mehr und immer mehr. So sind sie eben.«
Udru’h erinnerte sich an seine eigenen Fragen und Reaktionen, als er der Designierte-in-Bereitschaft für Dobro gewesen war und all diese Informationen bekommen hatte. Damals war er so unschuldig gewesen wie Daro’h, ohne zu wissen, was wirklich auf Dobro geschah. Doch nach und nach war die Wahrheit durchgesickert, und Udru’h hatte sein Leben dieser Arbeit gewidmet.
Seinem Nachfolger Daro’h würde es ebenso ergehen.
»Mein Vater verbrachte viel Zeit mit einer menschlichen Frau, einer grünen Priester in«, sagte der junge Designierte-in-Bereitschaft. »Er spricht noch immer von ihr.«
Udru’h wahrte einen neutralen Gesichtsausdruck. »Sie schwächte sowohl sein Herz als auch seinen Verstand. Aber jetzt hat er die Macht und das Thism übernommen, und ich glaube – ich
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