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Sonnensturm

Sonnensturm

Titel: Sonnensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke , Stephen Baxter
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Telefone und andere elektronische
Geräte zerstört worden waren.
    Außerhalb der Wohnung gab es aber viele Geräusche.
Sie hörte ein lautes Krachen und Knallen wie von
Artilleriefeuer und zuweilen auch Geräusche wie von Regen,
der auf ein Holzdach prasselte. Das war Sonnensturm-Wetter,
dessen Eintreten nach der gewaltigen Zufuhr von Wärmeenergie
in die Atmosphäre prognostiziert worden war.
    Wenn die Lage unterm Zinndeckel schon so schlimm war, wie
mochte es dann erst im übrigen Land aussehen, fragte sie
sich. Es würde Springfluten geben, sagte sie sich,
Brände und Wirbelstürme wie Tornados im mittleren
Westen der USA. Armes England.
    Aber die Hitze war doch das Schlimmste. Sie kannte die
düsteren Zahlen von ihrer militärischen Ausbildung. Es
war nicht nur die Temperatur, die einem den Rest gab, sondern die
Feuchtigkeit. Wärmeabfuhr durch Perspiration war der einzige
Mechanismus, über den der Körper verfügte, um die
Homöostase, das Gleichgewicht der Stoffwechselvorgänge
aufrechtzuerhalten, und wenn die relative Luftfeuchtigkeit zu
hoch wurde, konnte sie nicht mehr schwitzen.
    Oberhalb von siebenunddreißig Grad, über der
›Schwelle des Abbaus‹, wurden die kognitiven
Funktionen verlangsamt, das Urteilsvermögen
beeinträchtigt und die motorischen Fertigkeiten und
Sinneswahrnehmungen gestört. Bei vierzig Grad und
fünfzig Prozent Luftfeuchtigkeit hätte die Armee sie
als ›hitzeuntauglich‹ bezeichnet – aber sie
vermochte vielleicht noch für vierundzwanzig Stunden zu
überleben. Wenn die Temperatur oder die Luftfeuchtigkeit
jedoch weiter anstiegen, würde diese Frist verkürzt. Ab
diesem Punkt setzte Hyperthermie ein, und die Vitalsysteme
versagten: Bei fünfundvierzig Grad würde –
ungeachtet der Luftfeuchtigkeit – der Hitzestress zu stark
werden und in der Folge zum Tod führen.
    Aber da war Myra. Bisesa war eine Soldatin und hatte sich viel
von ihrer Fitness bewahrt; selbst in der fünfjährigen
Suspendierung seit der Rückkehr von Mir. Myra war dreizehn
Jahre alt, jung und gesund, aber ohne Bisesas Reserven. Es gab
verdammt noch mal nichts, was Bisesa für ihre Tochter
hätte tun können. Sie konnte nur aushalten und
hoffen.
    Wie sie so dalag, vermisste sie ihr altes Handy. Das kleine
Gerät war nämlich ihr ständiger Begleiter und
Führer gewesen, seit sie in Myras Alter von den UN ihre
Kommunikationshilfe erhalten hatte wie jeder
Zwölfjährige auf dem ganzen Planeten. Während
andere sich schnell von diesen total uncoolen Gerätschaften
getrennt hatten, hatte Bisesa ihr Handy immer in Ehren gehalten
– als Verbindung zu einer größeren Gemeinschaft
als ihrer unglücklichen Familie auf der Farm in Cheshire.
Doch das Handy war ihr auf Mir abhanden gekommen – auf
einer anderen Welt, auf einer ganz anderen Ebene der
Wirklichkeit. Es war für immer verloren. Und selbst wenn sie
es noch gehabt hätte, wäre es durch den EMP längst
verschmort worden.
    Ihre Gedanken verschwammen. War das schon ein Symptom der
Hyperthermie?
    Mit größter Vorsicht drehte sie den Kopf und warf
einen Blick auf die Standuhr ihrer Großmutter. Zwölf
Uhr mittags. Über London musste der Sonnensturm den
Höhepunkt erreicht haben.
    Ein gewaltiger Blitz spaltete den geschundenen Himmel, und es
hatte den Anschein, als ob die ganze Kuppel erbebte.

 
{ 43 }
SCHILD
     
     
    15:12 (Londoner Zeit)
     
    Bud Tooke sah den Defekt im Schild, lange bevor er die Stelle
erreichte. Sie war auch kaum zu übersehen. Eine Welle
ungestreuten Sonnenlichts strömte durch die Haut –
sichtbar gemacht durch den Staub und Dunst des Gewebes, das es
verdampfte. In einem schweren strahlungsgehärteten und
gekühlten Raumanzug flog er unter der der Erde zugewandten
Fläche des Schilds dahin. Er hing unter einer riesigen
Linse; der ganze Schild glühte im Licht, das er wie eine
durchscheinende Decke streute. Bud achtete darauf, im Schatten
des Geflechts milchiger Stränge zu bleiben, die sich
über den Schild schlängelten und ihn vorm Licht und der
Strahlung des Sturms schützen sollten.
    Während er sich am Führungsseil entlangzog –
hier waren keine Rückentornister-Schubdüsen erlaubt
–, blickte er über die Schulter zur Wartungsplattform
zurück, die ihn hierher gebracht hatte. Sie war bereits zu
einem Fleck in der Ferne unterm weiten Dach des Schilds
geschrumpft. Er vermochte keine Bewegung, keine Kapseln, keine
Robot-Arbeiter zu sehen; es gab niemanden

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