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Sonnensturm

Sonnensturm

Titel: Sonnensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke , Stephen Baxter
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natürlich von vielen Biografen
behandelt worden. Als junger Journalist war er 1885 wirklich im
Gebiet von Jamrud gewesen und hatte später – ohne dass
der Durchgang durch die Diskontinuität ihn sichtbar
geprägt hätte – weltweiten Ruhm erlangt. Die
britischen Offiziere der Empire-Periode, denen sie begegnet war,
vermochte sie indes nicht mehr aufzuspüren. Das war aber
auch nicht weiter verwunderlich: Der Zahn der Zeit und
nachfolgende Kriege hatten solche Aufzeichnungen stark dezimiert.
Und über die prominenten historischen Figuren, deren Wege
sich mit ihrem gekreuzt hatten, brachte sie kaum etwas Neues in
Erfahrung; sie waren schon so fern in der Zeit, dass sie nur die
Übereinstimmung zwischen den offiziellen Biografien und
ihrer Erfahrung zu bestätigen vermochte.
    Da war aber noch ein anderer, weniger berühmter Name, den
sie überprüfen musste. Hierzu musste sie etwas
recherchieren: Die meisten genealogischen Datenbanken der Welt
waren zwar wieder online, aber nach dem 9. Juni waren viele
elektronische Speicher noch immer mehr oder weniger
durcheinander.
    Es hatte tatsächlich einen Joshua White gegeben, wie sie
schließlich herausfand. Er war 1862 in Boston geboren, und
sein Vater war Journalist gewesen, der über den
amerikanischen Bürgerkrieg berichtete – genauso, wie
Josh es ihr erzählt hatte. Und Josh war in die
Fußstapfen seines Vaters getreten und auch ein
Kriegsberichterstatter geworden. Es versetzte ihr einen
regelrechten Schock, als sie eine grobkörnige Fotografie von
Josh fand. Er war nur ein paar Jahre älter, als sie ihn
kennen gelernt hatte, und präsentierte auf dem Bild stolz
ein Buch: eine Zusammenstellung seiner Reportagen über die
militärischen Eskapaden des britischen Empires an der
Nordwestlichen Grenze in Afghanistan und später in
Südafrika.
    Es war unheimlich, sich mit dem spärlichen Bericht eines
Lebens zu befassen, das erst zu einem viel späteren
Zeitpunkt geendet hatte, als sie ihn gekannt hatte. Er hatte sich
verliebt, sah sie, und es versetzte ihr einen Stich ins Herz: Im
Alter von fünfunddreißig heiratete er eine Bostoner
Katholikin, die ihm zwei Söhne gebar. Doch als er gerade
über fünfzig war, wurde er zur Großen Armee
abberufen – er starb im blutgetränkten Schlamm von
Passchendaele, als er schon wieder über einen neuen Krieg
berichtete.
    Das war ein Mann, der sich auf einer anderen Welt in sie
verliebt hatte – eine vorbehaltlose Liebe, an der sie
festgehalten hatte und an die wieder anzuknüpfen sie
unglücklicherweise nicht vermocht hatte. Und doch war dieser Joshua das Original, und der verlorene Junge, der
sie geliebt hatte, war eine bloße Kopie gewesen. Seine
Liebe hatte sie eigentlich nie haben wollen – und streng
genommen hatte es diese Liebe auch niemals gegeben. Aber die
historische Existenz von Josh war ein sicherer Beweis, dass all das real war, es gab keine plausible Begründung,
wie sie sonst von diesem unbekannten Journalisten des 19.
Jahrhunderts erfahren haben und wegen ihm einem Wahn erlegen sein
sollte.
    Natürlich gab es noch eine Aufzeichnung zu
überprüfen. Mit großem Unbehagen widmete sie sich
wieder den Daten der Armee und erweiterte die Suche.
    Sie entdeckte, dass im Gegensatz zu Abdi und Casey kein
›Original‹ von ihr in Afghanistan zu finden war,
das wieder in der Armee diente und das
›übernatürliche besondere Vorkommnis‹
vergessen hatte. Andererseits hatte sie auch gar nicht erwartet,
sich dort wieder zu finden, weil die Armee sonst nicht nach ihr
gesucht hätte. Dennoch war es eine unheimliche
Bestätigung.
    Sie versuchte, das zu verdauen. Wenn sie die Einzige war, die
vollständig von dieser Version der Erde verschwunden war,
dann war sie irgendwie und aus irgendeinem Grund anders von den Erstgeborenen behandelt worden, die für all
das verantwortlich waren. Das war beunruhigend genug.
    Indes wäre es noch viel seltsamer gewesen, wenn sie doch eine Version von sich entdeckt hätte, die in
Afghanistan weiterlebte…

 
{ 15 }
FLASCHENHALS
     
     
    Miriam Grec versuchte sich darauf zu konzentrieren, was
Siobhan McGorran ihr erzählte.
    Das war nicht einfach. Dieses Besprechungszimmer befand sich
im neununddreißigsten Stock des Livingstone Tower –
oder der ›Euronadel‹, wie die Londoner ihn nannten
und war Miriams Domizil, wenn sie einmal nicht vor der Kamera
stand. Die Fenster waren Platten aus gehärtetem Glas, und
die blaue Tönung

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