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Sonnensturm

Sonnensturm

Titel: Sonnensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke , Stephen Baxter
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in Afghanistan und anderswo, die Prioritäten anders
setzen müssen. Nun begannen die Mühlen der
militärischen Bürokratie jedoch zu mahlen.
    Ihre Bankkonten waren zwar noch nicht gesperrt, aber die
Gehaltszahlungen waren zwischenzeitlich eingestellt worden. Linda
hatte zwar noch Zugriff auf die Mittel für Einkäufe und
Rechnungen, aber Bisesas Ersparnisse – die nie besonders
hoch gewesen waren – nahmen rapide ab.
    Als es der Armee dann immer noch nicht gelungen war, sie
ausfindig zu machen, wurde der Grund ihres Verschwindens von
›vielleicht unerlaubt von der Truppe entfernt‹ in
›vermisst‹ geändert. Entsprechende
Benachrichtigungen wurden den nächsten Angehörigen
zugestellt: ihren Eltern in Cheshire und Myras Großeltern
väterlicherseits – den Eltern des verstorbenen
Kindsvaters.
    Bisesa war froh, dass die Großeltern zuerst reagierten
und sie in großer Sorge in ihrer Wohnung anriefen. Ihr
Anruf gab Bisesa die Gelegenheit, sich mit ihren Eltern in
Verbindung zu setzen, bevor sie den an sie gerichteten Brief
öffneten. Sie stand ihren Eltern nicht sehr nah; die Familie
war zerbrochen, als ihr Vater die Farm verkauft hatte, auf der
Bisesa aufgewachsen war. Sie hatte seit dem 9. Juni nicht einmal
mehr Kontakt mit ihnen gehabt, obwohl sie sich deshalb etwas
schuldig fühlte. Aber den Schock, einen solchen Brief zu
öffnen, hatten sie nun nicht verdient: Wo man ihnen in der
militärisch nüchternen Diktion des
Verteidigungsministeriums eröffnete, dass man alle
Anstrengungen unternommen hätte, um sie ausfindig zu machen,
dass man ihre persönlichen Sachen an sie zurückgeben
würde und das tiefste Beileid ausdrückte… et
cetera pp.
    Sie hatte ihren Eltern das zu ersparen vermocht. Aber sie
hatte dafür ihren Aufenthaltsort preisgeben müssen, und
wenn die Behörden ernsthaft nach ihr suchten, wäre sie
auch nicht schwer zu finden.
    Also schickte sie sich ins Unvermeidliche und bat Aristoteles,
sie mit ihrem kommandierenden Offizier in der Basis der Vereinten
Nationen in Afghanistan zu verbinden.
     
    Während sie auf eine Antwort wartete, haderte sie mit
ihren eigenartigen Erinnerungen.
    Natürlich gab es eine plausible Erklärung für
all das. Sie hatte schließlich physische Beweisstücke
für ihre Abenteuer auf Mir – ihre offensichtliche
Alterung, die Deaktivierung des Ident-Chips. Doch alles, worauf
sie sich wirklich stützen musste, waren ihre Erinnerungen an
das Ereignis. Und es bedurfte auch nicht der Erschaffung einer
völlig neuen Erde, um das zu erklären. Vielleicht hatte
sie nur eine Art Episode durchlaufen, die ihr Bewusstsein
manipuliert, sie gezwungen hatte, sich unerlaubt von der Truppe
zu entfernen, und die sie dann zurück nach London gebracht
hatte. Vielleicht war sie auch verrückt geworden. Sie
glaubte das zwar nicht, aber es war sicher die einfachere
Erklärung. Zumal diese Möglichkeit in der beschaulich
mondänen Ruhe Londons nicht von vornherein
auszuschließen war.
    Also wollte sie sich vergewissern.
    Sie hatte Abdikadir Omar und Casey Othic, ihre Begleiter auf
Mir, natürlich schon vor der Diskontinuität kennen
gelernt. Nun bediente sie sich Aristoteles und eines noch nicht
annullierten Kennworts, um in Armeedatenbanken zu hacken und ihre
Dienstakte zu überprüfen.
    Sie fand heraus, dass Abdi und Casey sich noch immer in
Afghanistan aufhielten. Nach dem 9. Juni waren sie von ihrer
Friedensmission abgezogen worden, um zivile Rettungsdienste in
der nahe gelegenen Stadt Peshawar in Pakistan zu
unterstützen. Dort verrichteten sie auch jetzt noch still
und unauffällig ihren Dienst. Es gab keinerlei Anzeichen
dafür, dass sie etwas durchgemacht hätten, das mit
Bisesas Erlebnis auch nur annähernd vergleichbar gewesen
wäre.
    Sie versuchte, sich einen Reim auf all das zu machen. Abdi und
Casey waren ihr zweifellos zu Mir gefolgt – aber es schien,
dass diese ›Versionen‹ von Abdi und Casey auf Mir
von einer Zeitscheibe extrapoliert worden waren – vom
Moment der Diskontinuität, wie sie es auf Mir genannt
hatten, während die ›Originale‹ nichts ahnend
ihr Leben hier auf der Erde lebten.
    Sie sprach mit keinem von ihnen direkt. Sie war ihnen im Lauf
ihrer gemeinsamen Erlebnisse auf Mir sehr nahe gekommen und
würde es kaum ertragen, wenn sie ihr nun distanziert
gegenüberstünden.
    Sie vertiefte sich in die Charaktere, an die sie sich aus dem
Jahr 1885 erinnerte.
    Das Leben von Kipling war

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