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Sonnensturm

Sonnensturm

Titel: Sonnensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke , Stephen Baxter
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sich.
    Nur dass das ein schrecklicher Job war. Miriam schlug mit
ihrer kleinen Faust auf die Tischplatte. »Verdammt,
verdammt!«
    Siobhan wandte sich an sie. »Miriam?«
    »Wissen Sie, in meinem Job sieht es grundsätzlich
schlecht aus – tagtäglich. Und nun stecken wir auch
noch in diesem Flaschenhals der Geschichte. Wir machen Fehler,
wir zanken uns, wir sind uns nie einig, wir machen einen Schritt
vorwärts und zwei zurück. Und doch finden wir immer
einen Ausweg.« Das stimmte. Amerika zum Beispiel, das vom
9. Juni härter getroffen worden war als jede andere Region,
hatte sich schon weitgehend erholt und entsandte nun sogar schon
Hilfskonvois um die Welt. »Ich glaube, dass wir als
Ergebnis dieser Krisenbewältigung zu einer Spezies
zusammenwachsen. Wir werden erwachsen, wenn Sie so wollen. Wir
arbeiten zusammen, wir helfen einander. Und wir achten auf den
Platz, an dem wir leben.«
    Siobhan nickte. »Meine Tochter hat sich bei der
Tierethik-Bewegung verpflichtet.« Diese Gruppierung war
entschlossen, das Konzept der Menschenrechte auf andere
intelligente Säugetiere, Vögel und Reptilien zu
erweitern. Ihr Anliegen wurde noch dadurch befördert, dass
die Taxonomisten die beiden Schimpansenarten als Teil der Gattung Homo – mit den Menschen – neu klassifiziert
hatten. Dadurch wurden sie sofort zu juristischen Personen (nicht
menschlich) mit den gleichen Rechten wie Menschen und erlangten
den gleichen Status wie Aristoteles, der andere
uneingeschränkt empfindungsfähige Einwohner des
Planeten. »Vielleicht kommt das etwas zu spät,
aber…«
    »Ich hatte die Hoffnung, wenn wir dieses vermaledeite
Jahrhundert überstehen, würden wir eine höhere
Stufe der Menschheitsreife erklimmen. Und ausgerechnet jetzt, wo
die Zukunft so viel versprechend erscheint, das.«
    Siobhan wirkte abwesend. »Ich hatte ähnliche
Gespräche auf dem Mond. Bud Tooke sagte, es sei
›ironisch‹, dass das gerade jetzt geschieht. Wissen
Sie, Wissenschaftler sind skeptisch gegenüber Zufällen.
Ein Verschwörungstheoretiker würde sich vielleicht
fragen, ob das gleichzeitige Wachstum unserer
Fähigkeiten und das Herannahen dieser Katastrophe wirklich
nur Pech ist.«
    Nicolaus runzelte die Stirn. »Was meinen Sie
damit?«
    »Ich bin nicht sicher«, sagte Siobhan. »Nur
so ein Gedanke…«
    »Konzentrieren wir uns aufs Wesentliche«, sagte
Miriam mit fester Stimme. »Siobhan, sagen Sie uns, was wir
tun müssen.«
    »Tun?«
    »Welche Optionen haben wir?«
    Siobhan schüttelte den Kopf. »Diese Frage wurde mir
schon einmal gestellt. Schließlich handelt es sich hier
nicht um einen Asteroiden, den wir einfach aus der Bahn bringen
könnten. Das ist die Sonne, Miriam.«
    »Was ist mit dem Mars?«, fragte Nicolaus.
»Der Mars ist doch weiter von der Sonne
entfernt.«
    »Ja – aber nicht weit genug, dass es für
Lebewesen auf seiner Oberfläche einen Unterschied machen
würde.«
    »Sie erwähnten tiefes Leben auf der Erde, das
überleben würde«, sagte Miriam.
    »Die tiefe heiße Biosphäre. Sie gilt als der
Ursprung allen Lebens auf der Erde. Ich glaube, das könnte
erneut geschehen. Wie ein ›Neustart‹. Aber es
würde Millionen Jahre dauern, bis auch nur einzellige
Lebensformen das Land wieder kolonisieren.« Sie
lächelte wehmütig. »Ich bezweifle, dass
irgendwelche zukünftige Intelligenzen dann überhaupt
wissen würden, dass wir jemals existiert haben.«
    »Könnten wir da unten überleben?«,
fragte Nicolaus. »Könnten wir dieses Kroppzeug
essen?«
    Siobhan schaute skeptisch. »Vielleicht ein ausreichend
tiefer Bunker… Wie sollte der aber autonom sein? Und die
Oberfläche wäre zerstört, sodass die
Möglichkeit einer Rückkehr ausscheiden würde.
Für immer.«
    Miriam stand auf. Der Zorn verlieh ihr neue Energien.
»Und das sollen wir den Leuten erzählen? Dass sie ein
Loch in den Boden graben und auf den Tod warten sollen? Ich
brauche etwas Besseres als das, Siobhan.«
    Die Königliche Astronomin erhob sich auch.
»Jawohl.«
    »Bis demnächst.« Miriam schritt rastlos
umher. »Wir werden meine restlichen Termine für diesen
Tag absagen müssen.«
    »Schon erledigt.«
    »Und ein paar Anrufe tätigen.«
    »Amerika zuerst?«
    »Natürlich…«
    Sie verließ den Raum – energisch, voller Elan und
schon Pläne schmiedend. Es war noch nicht zu Ende. Es fing
eben erst an.
    Für Miriam Grec war das Ende der Welt zu einer
persönlichen Herausforderung geworden.

 
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