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Sonnensturm

Sonnensturm

Titel: Sonnensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke , Stephen Baxter
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auch nicht viel davon zu
sehen, weil sie zu nah am Horizont dieser riesigen Halbkugel war.
Es war irgendwie eine Schande, dass diese größte
architektonische Leistung Großbritanniens vom Boden aus
fast nicht zu sehen wäre: wie die Besatzung der Aurora
1 schon in Bezug auf viele Mars-Charakteristika
geäußert hatte, aus der Nähe war es einfach zu
groß, um einen Überblick zu haben.
    Aus der Luft konnte man jedoch sehen, was für ein
prachtvolles Bauwerk die Kuppel war. Auf einer fast perfekten
kreisrunden Fläche mit einem Durchmesser von ungefähr
neun Kilometern war die Kuppel um den Trafalgar Square zentriert:
Sie überwölbte den Tower of London am östlichen
Ende der alten römischen Stadtmauer, und im Westen
überwölbte sie das Westend, durchschnitt den Hyde Park
und nahm noch das Albert Memorial und die großen Museen in
South Kensington unter die Fittiche. Im Norden würde die
Kuppel Kings Cross und Regent’s Park schützen, wohin
Siobhan nun unterwegs war, und in südlicher Richtung
erstreckte sie sich über den Fluss bis zum Elephant and
Castle und darüber hinaus. Siobhan hielt es auch nur
für angemessen, dass die Kuppel einen Abschnitt der Themse
selbst schützte, den Fluss, der immer die Lebensader der
Stadt gewesen war.
    Die Londoner nannten diesen großen architektonischen
Triumph mit der ihnen eigenen gutmütigen Respektlosigkeit
den ›Zinndeckel‹.
    Endlich durfte Siobhan das Tor passieren. Schilder forderten
sie auf, die Scheinwerfer einzuschalten.
    Der Anblick im plötzlichen Zwielicht unterm Dach der
Kuppel war erstaunlich. Tragpfeiler wuchsen wie schlanke
Regenwaldbäume aus dem Boden und bildeten einen exotischen
Kontrast zu dem Wirrwarr aus Stadthäusern und Apartments,
Büros und Kirchen, Ministerien und Palästen, das London
ausmachte. Oben wurde der Himmel durch das Gerüst und die
Verstrebungen verdunkelt und wirkte diesig durch die große
Distanz. Hubschrauber und kleine Luftschiffe flogen unter dem
schwach gekrümmten Dach umher. All das wurde durch Bahnen
wässrigen Sonnenlichts erhellt, das durch die Lücken im
Dach fiel. Die Szene hatte irgendwie das Aussehen einer antiken
Ruinenstätte, eines Orts mit Säulen und anmutigen
Bögen, die Überreste eines untergegangenen Reichs. Doch
überall ragten Kräne wie Dinosaurierskelette auf und
bauten emsig. Das war kein Rückblick auf die Vergangenheit,
sondern ein Ausblick auf die Zukunft.
    Man hatte aber keine genaue Vorstellung – nicht einmal
in den optimistischsten Szenarien –, wie gut der Schild
funktionieren würde, und man wusste auch nicht, welche
Schutzwirkung selbst eine so große Verteidigungsstellung
wie diese Kuppel hätte. Aber Projekte wie dieses waren
ohnehin eher Ausdruck des Volkswillens als eines seriösen
Zivilschutzes. Siobhan hoffte, dass, falls die Welt den
Sonnensturm überlebte, der Zinndeckel oder wenigstens das
Gerüst intakt blieben – als Ausdruck dessen, wozu die
Menschen imstande waren, wenn sie zusammenhielten.
    Sie fuhr tiefer ins künstliche Zwielicht hinein,
ignorierte den überbauten Himmel und konzentrierte sich auf
den Verkehr.

 
{ 28 }
DIE ARCHE
     
     
    Die Londoner Arche war an diesem Tag fast leer. Gemsen
kletterten auf ihren Betonbergen herum, Pinguine watschelten in
blau angemalten Untiefen herum und bunte Vögel sangen
für kein anderes Publikum als ihre Wärter und Siobhan.
Es war dies keine Zeit für Zoobesuche.
    Aber Bisesa war hier. Siobhan fand sie im Affenhaus der Arche; sie war allein und hatte eine Kaffeetasse in der
Hand. In einer großen, abgedeckten Grube machte eine Hand
voll Schimpansen sich einen Lenz. Die altmodische Szene stand in
deutlichem Kontrast zur neuen animierten Infotafel, die diese
Wesen stolz als Homo troglodytes troglodytes auswies, die
nächsten Verwandten der Menschen.
    »Vielen Dank für Ihr Kommen«, sagte Bisesa.
»Und es tut mir Leid, dass ich Ihnen solche Umstände
gemacht habe.« Sie sah müde und blass aus.
    »Keineswegs. Ich bin nicht mehr in diesem Zoo…
äh… der Arche – gewesen, seit ich ein
Kind war.«
    »Es ist nur so, dass ich noch ein letztes Mal hierher
kommen wollte. Heute ist der letzte Tag, an dem diese Jungs eine
Vorstellung geben.«
    »Ich wusste gar nicht, dass sie schon so bald verlegt
werden.«
    »Wo sie nun als Juristische Personen anerkannt werden,
genießen die Schimpansen die vollen Menschenrechte –
insbesondere das Recht auf Privatsphäre, wenn sie in

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