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Sonnentaucher

Sonnentaucher

Titel: Sonnentaucher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin
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»Ihr solltet alle überschüssige Hitze aus dem Teil der Sonde, in dem die Instrumente sind, ableiten und in einen anderen Teil pumpen, in dem die Instrumente nicht sind.«
    »Ja, und dann wird dieser Teil verbrennen«, sagte ein Kollege.
    »Sicher, aber wir können eine Kette von solchen ›Hitzedeponien‹ konstruieren«, erkannte ein zweiter, etwas hellerer Ingenieur. »Und die werfen wir ab, eine nach der anderen...«
    »Nein, nein, ihr habt es noch nicht verstanden.« Die dreifache Nobelpreisträgerin ging zur Tafel und malte dort einen Kreis, und da hinein malte sie noch einen zweiten Kreis.
    »Hier!« Sie zeigte auf den inneren Kreis. »Ihr pumpt eure Hitze hier hinein, bis das Ding für kurze Zeit heißer ist als das Plasma der Umgebung rings um das Schiff. Und dann, bevor sie hier irgendwelchen Schaden anrichten kann, jagt ihr sie hinaus in die Chromosphäre.«
    »Und wie«, erkundigte sich ein renommierter Physiker, »sollen wir das bitte anstellen?«
    Tina Merchant grinste, als hätte sie die Verleihung des Astronautikpreises schon vor Augen. »Ich muß mich wirklich über euch wundern«, erklärte sie. »Ihr habt an Bord einen Kommunikationslaser mit einer Helligkeitstemperatur von mehreren Millionen Grad! Benutzt das Ding!«
    Und damit nahm das Zeitalter der Solartauchkugel seinen Anfang. Tage-, ja wochenlang hingen die Sonden in der Glut der Sonne, schwebten teils durch ihren eigenen Auftrieb, teils, indem sie auf der Schubkraft ihrer Kühllaser balancierten, und beobachteten die subtilen Veränderungen in der Sonne, die das Wetter auf der Erde veränderten.
    Mit dem Kontakt ging diese Ära zu Ende. Aber nach kurzer Zeit war ein neuer Typ von Sonnenschiffen geboren.
    Jacob dachte an Tina Merchant. Er fragte sich, ob die große Dame stolz oder nur verwirrt wäre, wenn sie jetzt auf dem Deck eines Sonnenschiffes stehen und in aller Ruhe durch die furchtbarsten Stürme dieses wütenden Sterns kreuzen würde. Vielleicht würde sie sagen: »Natürlich!« Aber wie hätte sie wissen können, daß eine fremde Wissenschaft der ihren würde beigemengt werden müssen, damit der Mensch auf diesen Stürmen reiten konnte?
    Jacob allerdings fand diese Mischung nicht vertrauenerweckend.
    Er wußte natürlich, daß dieses Schiff schon ein paar Dutzend erfolgreiche Tauchfahrten unternommen hatte. Es gab keinen Grund zu glauben, daß nun ausgerechnet diese gefährlich werden würde.
    Nur war ein anderes Schiff, die verkleinerte Nachbildung dessen, in dem er sich befand, vor knapp drei Tagen auf mysteriöse Weise gescheitert.
    Jeffs Schiff war inzwischen wahrscheinlich eine verwehende Wolke aus verdampfenden Keramik-Splittern und ionisierten Gasen, verteilt über Millionen von Kubikmeilen im solaren Mahlstrom. Jacob versuchte sich die Stürme der Chromosphäre so vorzustellen, wie der Schimp-Wissenschaftler sie im letzten Augenblick seines Lebens, ungeschützt durch Raum-Zeit-Felder, gesehen hatte.
    Er schloß die Augen und rieb sie behutsam. Er hatte zu lange starr in die Sonne geblickt. Von seinem Platz auf einer der Beobachtungsliegen, die ins Deck eingelassen waren, sah er fast eine ganze Hälfte der Sonne. Der halbe Himmel war erfüllt von einer fiedrigen, langsam wandernden Kugel aus weichen Rot-, Schwarz- und Weißtönen. Im Wasserstofflicht erglühte alles in dunkelroten Schattierungen: der zarte, zierliche Bogen einer Protuberanz, der sich am Rande des Sterns vor dem All abzeichnete, die dunklen, gewundenen Stränge der Filamente und die versunkenen, schwärzlichen Sonnenflecken mit ihren schattigen Tiefen und halbschattigen Strömungen.
    Die Topographie der Sonne war in ihrer Struktur und Beschaffenheit von einer scheinbar grenzenlosen Vielfalt. Von Blitzen, die so schnell aufflackerten, daß das Auge sie nicht verfolgen konnte, bis zu langsamen majestätischen Drehungen, war alles, was er sah, Bewegung.
    Wenngleich die größeren Erscheinungen sich von einer Stunde auf die nächste nicht wesentlich veränderten, konnte Jacob im kleineren doch zahllose schnellere Wandlungen wahrnehmen. Die schnellsten Bewegungen zeigten sich im Pulsieren der Wälder von hohen, schlanken ›Ähren‹ an den Rändern von großen fleckigen Zellen. Diese Pulsschläge dauerten nur wenige Sekunden. Jede Ähre, das wußte er, bedeckte Tausende von Quadratmeilen.
    Jacob hatte einige Zeit am Teleskop auf der B-Seite des Sonnenschiffs zugebracht und zugeschaut, wie flackernde Stacheln aus superheißem Plasma wie rasche, schwankende

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