Sonnenwanderer
Sie?«
»Ursprünglich von der Erde.«
»Wie gefällt Ihnen die Reise bis jetzt?«
»Oh, es ist jetzt viel besser, wo nicht mehr so viele Leute hier sind. Wir konnten in eine größere Wohnung ziehen.«
»Und was meint Ihr Gatte? Sir, Sie amüsieren sich gut?«
»Ich bin den ganzen Tag in der Kristall-Kaverne und golfe«, verriet er ihr heftig kauend. »Als wären wir in einem fliegenden Ferienlager, finden Sie nicht?«
Mit wem sie auch sprach, Geneva hörte kaum Klagen. »Es ist die reinste Vergnügungsfahrt!«
»Was sagen Sie zu Ihrer Umgebung? Fühlen Sie sich wohl hier?«
»Die Frasqui waren in Ordnung. Vorher wollte das keiner wahrhaben, aber es stimmt trotzdem. Wenn Sie mich fragen, haben die Frasqui besser abgeschnitten als Capella. Die Dickschädel konnten keine Konkurrenz ertragen, das war es.«
»Ach, Walter, nun lass doch mal die ollen Frasqui.«
»Konnten Sie Frasquisch, Walter?«, scherzte Geneva.
Das Paar hatte einen Teenager bei sich; der Junge hing wie ein nasser Sack über dem Teller. Er lachte, hielt die Gabel wie den Dreizack des Neptun und fing an, schrill durch die Zähne zu pfeifen.
»Norval!« Seine Mutter schlug mit der Serviette nach ihm, während Elise die Großaufnahme zoomte. »Norval!«
»Glauben Sie nicht, Sie könnten es eines Tages bereuen, dass Sie an Bord geblieben sind?«, ließ Geneva nicht locker.
»Ich mache mir nichts vor. Ohne Capellaner werden sich die Menschen wieder bekriegen, alles wird wieder wie vorher.«
Die Servierer lächelten, entblößten natürliche Zähne. Ein
rauhaariger Altairer im Papiermantel moppte schwerfällig um die unbesetzten Tische herum. Robotmücken schwirrten umher und saugten Krümel und Spritzer - spießten jedes Stückchen Zwiebel auf.
Die Passagiere hatten keine Bedenken, ein, zwei Jahre ihres Lebens zu opfern; ja, sie sahen dem Rest der Reise mit den allergrößten Erwartungen entgegen. »Es wird großartig«, meinte ein Mann in einer Djellaba. »Eine große Bereicherung für die Kinder.«
»Er mag doch die Chaos-Kaverne, stimmt’s, Norval, wo es diese ganzen Spiele gibt? Herumfliegen und sich gegenseitig abknallen, was weiß ich.«
Norval begann Geneva anzugrinsen, und das auf eine Weise, die nicht in eine Familienshow passte; also gab sie Elise ein Zeichen und steuerte einen anderen Tisch an, an dem ein großer Kerl in einem purpurrot und gelb gewürfelten Hemd saß; er trug einen schwarzen Bart, hatte das Haar zu einem Pferdeschwanz gestrafft und machte sich über einen wahren Maulwurfshügel von Chili her.
»Verzeihung, Sir, Geneva McCann, Kanal 9, und wie gefällt Ihnen der Ausflug bis jetzt?«
»Gut.« Der mampfende Mann aß unbeirrt weiter.
Das war nicht vielversprechend. Und sein Gegenüber, das völlig von dem Hünen verdeckt worden war, als sie sich genähert hatte, entpuppte sich als ausgesprochen schmieriger Typ. Der Mann sah aus wie in Altöl gebadet.
»Glauben Sie an die Prognose von Tekunak, dass wir kein Lebensmittelproblem bekommen?«, sagte sie etwas pointiert zu dem Mann im farbenfrohen Hemd und rückte von seinem Freund ab, so dass Elise einen guten Blick auf die überbordenden Teller bekam.
Der Große sah zu ihr auf, zupfte sich ein paarmal an der Nase, während seine mächtigen Kiefer malmten. »Das ist Plenty«, sagte er mit einer hohen und sanften Stimme. »Ich kann mich nur wundern; der Name sagt doch alles. Hier bleibt kein Wunsch offen.«
Die Tür schwirrte auf, und eine bunte Schar von schnatternden Leuten mit Klosettbrillen um den Hals platzte herein. »Party!«, schrien sie. »Party im Erdsaal!«
Das Personal stockte, wusste nicht, ob es lachen sollte oder nicht. Manager erschienen und schauten zu, wie die Partygänger sich gegenseitig mit stibitzten Duftkissen von Zero-Süßstoff bewarfen, um gleich wieder hinauszuplatzen, wobei sie beinahe Pater Le Coq umgerannt hätten.
»Zu der Party sollten wir auch gehen«, meinte der Hüne.
Sein widerlicher Begleiter griente. »Man würde uns nicht reinlassen.«
» Dich würde man nicht reinlassen«, versetzte der Große. Er zuckte die Schultern. »Aber das Chalet hat dich ja auch reingelassen.«
Der kleine Mann lächelte, als habe ihm der andere ein Kompliment gemacht. Der spreizte die Ellbogen und lud glitzerndes Fleisch auf die Gabel. »Wir sind alte Freunde, Käpt’n Jute und ich.«
Elise fing Atmosphäre ein. Chili-Chalet favorisierte warme Orange- und Rottöne, leicht zu reinigende Fliesen, Naturholz und Velours. Ein blonder Mensch in
Weitere Kostenlose Bücher