Sonnenwanderer
Adresse der schmausenden Schrantin. Dann klappte sie zusammen.
Die Schrantin wischte sich die Schnauze am Teppichboden ab. Überall war Blut. Auch in ihrem Bauch, es war nahrhaft. Ihr
war, als hätte sie von Anfang an gewusst, wie es schmeckte, das Fleisch und Blut ihres Meisters.
Grunzend vor Freude sprang sie auf das Bett und schiss darauf, aus Leibeskräften. Sie versetzte einer von diesen lärmenden Maschinen einen Tritt. Sie fiel um und lärmte weiter. Sie sprang mit beiden Füßen auf das Glas. Es zerbrach nicht. Die bunten Bilder darunter flackerten weiter.
Jogo ging zu der ohnmächtigen Menschenfrau und beschnüffelte sie zähnebleckend. Sie schnaubte missbilligend.
Emsige Musik tuckerte aus der umgestürzten Maschine, Glocken bimmelten, Dampfpfeifen warnten. Ein Zug schoss aus dem Tunnel und machte Karl den Kojoten platt.
Die Schrantin warf sich die Menschin über die Schulter.
Von den bekannten Spezies waren die Altairer die besitzorientierteste und die am wenigsten diskriminierte. Oib war eine Altairerin. Ihr Apartment war gerammelt voll. Nicht zusammenpassendes Geschirr, ramponierte CD-Player, ein Haufen Schmuck, Reinigungsgerät, Billardstöcke, zusammengefaltete Solarpaddel, vieles mit farbiger Kordel zusammengeschnürt. Ein Stapel Kartons auf der AV-Konsole im Schlafzimmer, vollgepackt mit schmutzigen Styroporbechern oder Zigarettenstummeln. Unter dem Bett lagen drei Sauerstoffflaschen von drei verschiedenen Firmen, alle drei leer. In dem Bett lag Käpt’n Jute. Sie hielten sie unter Beruhigungsmitteln, zumal das ihr bevorzugter Zustand war. Der Gute Doktor war nirgends mehr aufzutreiben, aber Oib kannte einen Apotheker, der Tabea von den Blutegeln befreit hatte und sie mit Kochsalzlösung und Vitaminen vollpumpte, beides inzwischen astronomisch teuer. Keine Sorge, er würde seine Belohnung schon bekommen, egal über welchen Planeten sie stolperten.
Seit sie Tabea hier versteckt hielten, war aus Freunden und Wohlmeinenden, die sich um ihr Krankenbett versammelten, eine Art Belagerung geworden. Der Katastrophenbeauftragte, dessen Arbeit jetzt die Rotmützen machten, saß neben ihrem Bett und hatte den Kopf in die Hände gestützt. Oib machte sauber, das hieß, sie nahm Sachen auf, streichelte sie, wischte sie zögernd an ihrem Vlies ab und setzte sie wieder hin.
Kenny der Schrante saß zwischen Bett und Tür am Boden und aß rohes Hackfleisch, das aus der letzten verdeckten Lieferung stammte. Dauernd bot er seiner Schwester an, auch davon zu essen; doch Soi machte sich Sorgen und beschnupperte misstrauisch irgendwelche Schatten. Die Chauffeurin fühlte sich nicht wohl hier, abseits der Straße. Sie hätte es lieber gesehen, wenn man den Pango in ein mobiles Lazarett umgebaut hätte, um Käpt’n Jute nach Bedarf von einem Versteck ins nächste verlegen zu können. Unterdessen, in der Absicht dieses bis zum Letzten zu verteidigen, saß Otis an der Tür und tunte seine Knie. Etliche ordentliche Kaliber an Handartillerie lagen geladen neben ihm.
Jeder versuchte das AV im Schlafzimmer zu überhören. Kanal 10 - es gab nur noch diesen Sender - zeigte alte Lehrstreifen: Zivilschutz, Selbstschutz sowie das Atmen im Vakuum.
Im Wohnzimmer saß Karen Narlikar, eine Freundin von Oib, und unterhielt sich mit einem netten Jungen von der Erde, dessen Freundin Krankenschwester war.
»Ich wünschte, Käpt’n Gillespie wäre hier«, sagte Karen. »Die beiden kennen sich schon ewig. Sind wirklich dicke Freunde.« Ihr Blick kehrte immer wieder zur Tür des Krankenzimmers zurück. »Keiner von uns kannte sie vorher«, sagte sie, als gelte es, ein offensichtliches Versagen ihrerseits zu erklären. Der Katastrophenbeauftragte kam herein und ließ sich auf die Mitte der
Couch fallen. »Sie hat alle anderen vertrieben«, meinte er und stützte wieder den Kopf in die Hände.
Dann plötzlich: ein Geräusch an der Wohnungstür.
Binnen einer Sekunde war das ganze Apartment in Alarmbereitschaft. Kenny ging zur Tür, mit Rückendeckung, während Otis sich vors Schlafzimmer stellte. Sie kannten die Stimme, die sich meldete, und waren erleichtert. Mister Spinner trat ein, auf zwei Mitglieder der Mannschaft gestützt. Auf seiner Flucht von der Brücke war er verwundet worden. Sein Gesicht war aschgrau und schmerzverzerrt, er wollte sich aber nicht hinlegen. Man setzte ihn an den Küchentisch, wo eine Schwester seinen Arm richtete und bandagierte. »Ich habe das wirklich noch nie gemacht«, gestand sie. »Aber es ist
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