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Sonntag bis Mittwoch

Sonntag bis Mittwoch

Titel: Sonntag bis Mittwoch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Hayes
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Bitte –«
    Donald stellte das Glas ab und betrachtete mich neugierig und mit einem leichten Anflug von Jennys Verachtung. »Schließlich können Sie Jenny nicht die Schuld für das in die Schuhe schieben, was Ihnen widerfahren ist.«
    »Donald«, entgegnete ich, »zugegebenermaßen habe ich auch egoistische Motive. Aber an Sie denke ich dabei ebenfalls.«
    »Ich bin der letzte, der nicht das Vorhandensein komplexer Motivierungen glaubt, alter Junge. Sie behaupten, sie würde mich kaputtmachen. Aber ich habe nichts, was zerstört werden kann. Mein Leben ist angenehm, aber nicht lohnenswert – besteht hauptsächlich aus Langeweile und, wie ich jetzt weiß, Einsamkeit. Wenn Jenny das kaputtmacht, um so besser. Ich komme mir zum ersten Mal wieder wie ein lebendiger Mensch vor.«
    Lebendig? Sensation. Sex. Nervenkitzel. Heißt das leben? Ich schüttelte den Kopf. Aber wußte ich es denn? Oder klammerte ich mich lediglich an ein veraltetes Konzept aus der Vergangenheit, aus der Zeit, als ich noch nicht wußte, daß es keine Wertmaßstäbe gibt und daher auch keine Urteilsmöglichkeit?
    »Schütteln Sie nicht den Kopf«, sagte Donald. »Was wissen Sie schon –«
    »Sam –«
    »Jenny kann nichts für das, was Ihnen passiert ist«, erklärte er kühl. »Schließlich ist es nicht ihre Schuld, daß Sie sie an Land gezogen haben, und, als Sie ihren Bruder kennenlernten, Ihre Vorliebe für ihn entdeckten.« Donald wandte sich von mir ab und erklomm die Treppe. »Mir ist klar, daß solche Selbsterkenntnisse in Ihrem Alter schwer zu verdauen sind, aber ich sehe nicht ein, wieso die arme Jenny dafür den Prügelknaben hergeben soll.«
    Wie angewurzelt starrte ich ihm nach, als er im Schlafzimmer verschwand und die Tür schloß. Ich vernahm Jennys Stimme gedämpft und unverständlich. Dann ein Kichern.
    Ich ging zur Tür. Schau meine Hand an. Sie wollte mich nicht loslassen, hat bis auf den Knochen gebissen!
    Ich lauschte. Flüstern oben, hinter der geschlossenen Tür. Donalds unterdrücktes Gelächter.
    Ich kehrte um, näherte mich vorsichtig der Couch, ließ mich auf die Knie nieder, als oben wieder ein Gekicher ertönte, und schob die Decke beiseite.
    Cheetah lag ausgestreckt auf dem Boden, anscheinend eingeschlafen. Ich streckte einen Arm aus – und der Kater erwachte mit einer geschmeidigen Bewegung zum Leben, setzte sich hin und hieb mit einer Pfote nach meiner Hand. Die Krallen rissen schmerzhaft tief ins Fleisch, ehe ich die Hand zurückziehen konnte. Ich fluchte still vor mich hin.
    Dann packte ich eines der Kissen, warf es hinter die geduckt lauernde Katze und griff mir das Tier, als es eine Sekunde seine Aufmerksamkeit nach hinten wandte. Ich hielt es mit beiden Händen fest umklammert; es fauchte, kratzte und spie und wand sich in meinem Griff.
    Ich richtete mich auf. Das Tier war schwer. Die Kratzer auf meiner Hand bluteten. Von oben kein Flüstern mehr – nur das Quietschen des Bettes. Ich schlich mich vorsichtig in die Diele – obgleich sie jetzt sicherlich nicht auf mich achteten – und verließ die Wohnung.
    Vor meiner Wohnungstür blieb ich stehen. Wenn Jenny nicht zurückkehrte, gab es nur eine Lösung: ihn mit allen Mitteln so weit wie möglich zu treiben. Wenn er im Zimmer ist, schleudere ich ihm einfach die verdammte Katze ins Gesicht und sehe, wie er vor Angst vergeht.
    Aber er befand sich nicht im Zimmer. Nirgends in Sicht. Was nun? Ich schloß die Tür hinter mir.
    »Hier draußen, Paps.«
    Seine Stimme von der Terrasse her, die Terrassentür offen. Er hatte mich also das Gebäude betreten sehen.
    »Mach meine Morgengymnastik, Mann!« Sein Tonfall heiter, fast spielerisch. »Komm, mach mit.«
    Da hörte ich wieder die verzweifelte Stimme am Telephon: Jenny is nich in ihrem Zimmer. Seine Wut und Angst vor einer knappen Stunde erst.
    Ich öffnete die Schranktür in der Diele und ließ den Kater, der mich anfunkelte, zu Boden gleiten. Ich verschloß die Tür. Ein Trumpf in der Hinterhand.
    Wilby machte Kopfstand auf der Balustrade – den Körper steif ausbalanciert, das Gesicht zur Tür, die Arme stützend gespreizt. Seine langen Haare fielen ihm über die Augen, er trug keine Brille. Noch mehr als seine gefährliche Stellung überraschte mich allerdings sein Gesicht: Er hatte den Bart abgenommen.
    »Mach's nach, Paps. Genug Platz da.«
    Im strahlenden Sonnenschein sah ich seine Züge zum ersten Mal genau. Wo der Bart gewesen war, zeigte die Haut einen bläulichen Schimmer. Ich hatte mir

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