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Sonntag bis Mittwoch

Sonntag bis Mittwoch

Titel: Sonntag bis Mittwoch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Hayes
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uns –« Sie brach ab.
    Eine Zeit im Leben, da man als reifer und zivilisierter Mensch … von sich selbst … Bilanz fordern und sich dann mit dem bescheiden muß, was man hat.
    Nein, Lydia. Mein Herz verkrampfte sich. Du nicht. Ich will nicht, daß du dich bescheidest, ich werde es nicht zulassen. Ich liebe dich, und du sollst nicht zurückstecken müssen!
    »Hörst du noch zu, Adam?«
    »Ja, natürlich.« Jetzt. Aber wie oft sprachst du vor tauben Ohren? In Zukunft will ich immer zuhören; wenn es eine Zukunft gibt, will ich alles von dir wissen – »Ich höre zu, Lydia –«
    »Ich sagte, wie betrüblich es ist, daß wir Teile unseres Lebens und unseres Selbst vergeuden, wo –« Ihre Stimme verebbte wieder: Wie konnte sie nach Ihren Erfahrungen mit mir erwarten, daß ich zuhörte, verstand, Anteil nahm oder zu antworten wußte?
    »Wo Zeit das einzige ist, das wir haben«, sagte ich.
    »Was? Wie bitte –«
    »Wo doch Zeit«, wiederholte ich fest und überzeugt, »das einzige ist, das wir haben; und sie ist nicht weniger kostbar, weil sie kurz ist, und auch nicht sinnlos, weil sie nicht nach unserem Ende fortdauert, wie uns verheißen wurde. Nein, sie ist deshalb nur um so wertvoller.«
    »Adam –« Aus ihrer anfänglichen Verblüffung wurde spürbare Erregung. »Adam, du klingst heute ganz anders. Du redest nicht wie –«
    »Und es ist auch nicht traurig, daß wir alle auf einen warten und hoffen, der nicht kommen kann, weil es ihn nicht gibt. Nicht traurig oder betrüblich, sondern tragisch.«
    »Adam!« Ein Ausruf, der in einem Schluchzen endete – einem Schluchzen über Hunderte von Meilen, über den Ozean hinweg, das mit den elektrischen Stromstößen am Boden des Meeres durch Wellen und Wind bis an mein Herz dringt.
    Schließlich sagte sie: »Adam … ich komme heim.«
    Zuerst glaubte ich, sie falsch verstanden zu haben, denn diese Worte fürchtete ich am meisten.
    Doch sie wiederholte: »Ich habe mich eben entschlossen, Liebling. In diesem Moment. Ich komme heim.«
    Ich wappnete mich gegen den Schock. Warum protestiere ich nicht lauthals gegen diesen Plan? Sie konnte unmöglich kommen, sie mußte warten, mir Zeit lassen! Statt dessen erkundigte ich mich: »Wie schnell?« Mein Drängen, mein verzweifeltes Bedürfnis, sie bald, nein, sofort, zu sehen, war unverkennbar.
    Ihre Worte verhaspelten sich fast: »Sobald ich kann. Ich rufe gleich bei Pan American an. Wenn heute abend kein Flugzeug mehr geht – es ist hier schon nach sieben, weißt du, ich wollte gerade essen –, dann bekomme ich sicher für morgen einen Platz. Eigentlich wollte ich ja ein Schiff nehmen, aber ich werde meine Angst vor der Höhenkrankheit überwinden –« Sie machte eine Pause, holte wohl Luft, und mir fiel wieder ein, daß sie wegen ihrer Abneigung gegen große Höhen selten flog. Wie konnte ich sie lieben und gleichzeitig so etwas vergessen? Kannte ich sie überhaupt? Ich hörte, wie sie lachte, kehlig und sehr erregend. »Liebling, ich nehme die nächste Maschine, in der Platz für mich ist, und wenn sie nur einen Propeller hat. Es wird nur noch ein paar Stunden dauern. Stell dir das vor!«
    »Lydia –«
    »Ja?«
    »Ich liebe dich.«
    Ich mußte es sagen. Es mußte ausgesprochen werden. Einige Stunden konnten sich zu einer Ewigkeit dehnen. Morgen war es vielleicht schon zu spät. Es mußte ausgesprochen werden. Und während mir die Worte noch im Ohr hallten, fragte ich mich, wie lange ich sie schon nicht mehr gesagt hatte. Warum? Warum hatte ich ihr nicht jeden Tag und jede Nacht erklärt, daß ich sie liebe?
    Schließlich flüsterte sie rauh: »Aber, aber, das kannst du doch nicht mit mir machen, mit dem ganzen Ozean zwischen uns.«
    Dann Schweigen – bis auf die schwachen Störgeräusche, die mir wie das Rauschen der Brecher und das ferne Heulen des Windes klangen. Ich schloß die Augen, um die Tränen zurückzuhalten. Ein Kloß steckte mir in der Kehle. Die Hölle, das sind die anderen. Aber ich hatte recht gehabt, damals am Montag, vor Äonen, als Wilby trotz seiner Skepsis nachgedacht hatte. Ich hatte recht: Der Himmel, das sind auch die anderen. Oder Gott, oder wie man es auch nennen mochte –
    »Nun«, fuhr Lydia fort, jetzt in ihrem forschen, entschlossenen Ton, »wir können nicht stundenlang Ferngespräche führen. Schließlich besitzen wir keine Aktien der Telephongesellschaft.« Sie lachte. »Ich telegraphiere dir Flugnummer und Ankunftszeit. Und, Adam –«
    »Ja, Liebling?«
    »Wenn ich

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