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Sonntag bis Mittwoch

Sonntag bis Mittwoch

Titel: Sonntag bis Mittwoch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Hayes
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stand er bereits unter Arrest, verlangte einen Anwalt, gab der Presse Interviews?
    Keine Antwort.
    Erledigt und ausgehöhlt sackte ich in der muffigen Zelle zusammen und versuchte mir vorzustellen, wie ich auch nur ein einziges Spiel Squash schaffen sollte.
    »Wo war Ihre Abwehr, alter Junge? Ihre Angaben waren auch miserabel!« Donald versuchte von der Nebenkabine aus das Rauschen der Dusche zu übertönen. »Ich beklage mich nicht – mit einem solchen Vorsprung habe ich noch nie gewonnen. Sie haben wie ein Narr gespielt.«
    Ich schwieg. Wie ein Narr, vielleicht. Aber jetzt erschöpft. Warum hatte ich es durchgestanden? Um mich zu bestrafen? Um mich nochweiter zu quälen – als könnten mich körperliche Strapazen von meinen Sünden erlösen und meine Seele läutern, wie man im Mittelalter glaubte? Nicht, daß etwa ich, ein freier Mensch des zwanzigsten Jahrhunderts, daran glauben konnte.
    Ich auch. Wie hältst du das aus, Sam? Sofort drehte ich das Wasser ab und begann mich abzutrocknen, wobei ich in der Kabine blieb. Möchtest du? Jetzt? Töte mich, Sam. Im Stehen – Nichts mehr davon. Nie mehr. Ich hatte mich bis zur Erschöpfung verausgabt, in der Hoffnung, impotent zu werden. Grund genug, wie ein Narr zu spielen.
    »Ich bestelle schon, alter Junge. Sie können wohl einen Doppelten brauchen«, schlug Donald vor, als er schwerfällig den Umkleideraum verließ.
    Später, in der dämmerigen, holzgetäfelten Bar, hing er lässig in einem Sessel – trotz seines Gewichts wirkte er immer elegant – und schwatzte weiter. Der Whisky hatte keine aufputschende Wirkung; kalt schmeckte er, scharf und bitter.
    »… weiß noch, daß ich während der Depression dachte, die Leute würden sich höheren Dingen zuwenden, wenn sie erst einmal einen Wagen in der Garage und ein Steak auf dem Grill hätten. Die bildenden Künste und die Literatur sollten blühen. Aber was hat uns dieser allgemeine Wohlstand wirklich beschert? Garagen für zwei und drei Wagen, mindestens ein Motorboot. Haufenweise Verkehrstote, leere Bierdosen im Straßengraben, eine unvorstellbar anwachsende Lawine von Verbrechen, so daß ich sogar eine Waffe, wenn auch nicht unter dem Kopfkissen, so doch in Reichweite habe, und eine geistige und seelische Armut, die sogar den bedauernswerten Sinclair Babbit schockiert hätte. Und eine Korruption, die tatsächlich meinem nicht ganz reinen Gewissen zuviel ist. Woher kommt das alles, Adam?«
    »Mich erstaunt«, sagte ich – warum wollte er plötzlich über Korruption und Verbrechen diskutieren? –, »daß jemand, der wie Sie Squash spielt, wie eine Figur aus Henry James daherreden kann.«
    »Geben Sie nicht mit Ihrer Bildung an, alter Junge. Äußerst unhöflich. Von Anwälten erwartet man sowieso keine. Henry James, was denn noch! Zufälligerweise stolperte meine Mutter während der Schwangerschaft über eine in Leder gebundene Prachtausgabe des alten Meisters der verschlungenen, nichtssagenden Sätze. Was haben Sie heute abend vor?«
    Hummer-Krabben-Ragout. 's wird nicht gerade edel, Mann, viel haste ja nich vorrätig, aber Wilby hat sein möglichstes getan. Mein Magen und mein Kopf rebellierten. Ich nahm einen tiefen Schluck. Warum sollte ich mich nicht von Donalds monotonem Geschwätz einlullen lassen.
    »Es ist eine brillante Idee, wie die meisten meiner Einfälle. Warum sollen Sie heute einsam in Ihrer Wohnung hocken, während ich mir einen Stock tiefer ebenso verlassen vorkomme? Selbst wenn elegante Soireen überall in dieser dreckigen Stadt mangels meiner strahlenden Gegenwart vor Langeweile eingehen, werde ich großmütig sein, etwas von meinen Mündelgeldern unterschlagen und Sie zum Abendessen einladen.«
    Ein angenehmes, wenn auch trügerisches Gefühl der Distanz, des Losgelöstseins überkam mich. Warum sollte ich nach Hause gehen und mich von Wilbys giftigem Sadismus quälen oder von Jennys Herausforderungen reizen, vielleicht gar in Versuchung führen lassen?
    »Gern, aber weder Hummer noch Krabben«, antwortete ich.
    Donald schaute mich verblüfft an. »Mein lieber Freund, ich würde mir nicht anmaßen, für Sie zu bestellen. Ich glaube, Sie brauchen noch einen Whisky.« In seinen Augen, die tief in Fett eingebettet lagen, glomm ein Funken Unternehmungslust auf. »Ich habe da von einem Lokal gehört … aber Sie müßten ein gewisses Risiko in Kauf nehmen.«
    »Wenn man nichts riskiert, weiß man ja nicht, ob man überhaupt lebt.«
    »Ein Bonmot. Es ist zwar völlig unverständlich, aber

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